Leitsatz (amtlich)

Der Beschluss der ersten Gläubigerversammlung zur Wahl eines anderen Insolvenzverwalters kann nicht im Verfahren nach § 78 Abs. 1 InsO angefochten werden.

 

Normenkette

InsO §§ 57, 78 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 25.09.2002; Aktenzeichen 4 T 2064/02)

AG Mühldorf a. Inn

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Traunstein v. 25.9.2002 wird auf Kosten des Beteiligten zu 2 als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: 714 Euro.

 

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 2 ist als Insolvenzverwalter in dem am 13.3.2002 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beteiligten zu 1 bestellt worden. In der ersten Gläubigerversammlung, in welcher von den Gläubigern nur der Beteiligte zu 3 erschienen war, wurde an Stelle des Beteiligten zu 2 RA S. zum Insolvenzverwalter gewählt. Das Insolvenzgericht - Rechtspfleger - hat den Beschluss der Gläubigerversammlung mit der Begründung aufgehoben, er widerspreche dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger (§ 78 Abs. 1 InsO). Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3 hat das LG diesen Beschluss aufgehoben. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2 mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

1. Das Beschwerdegericht hat den auf § 78 Abs. 1 InsO gestützten Antrag des Beteiligten zu 2 auf Aufhebung des Beschlusses der Gläubigerversammlung als unzulässig angesehen. Denn diese Bestimmung sei auf die Verwalterabwahl nach § 57 InsO nicht anwendbar, weil § 57 Sätze 3 und 4 InsO insoweit eine abschließende Sonderregelung enthielten. Dieser Standpunkt stimmt mit der zu §§ 57, 78 Abs. 1 InsO ergangenen veröffentlichten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte überein (vgl. KG v. 16.10.2001 - 7 W 130/01, KGReport Berlin 2002, 246 = ZIP 2001, 2240; OLG Naumburg v. 26.5.2000 - 5 W 30/99, ZIP 2000, 1394; OLG Zweibrücken v. 19.10.2000 - 3 W 198/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 22 = ZIP 2000, 2173 f; NZI 2001, 204; offen gelassen von OLG Celle ZInsO 2001, 755). Durch Art. 1 des Gesetzes v. 26.10.2001 (BGBl. I 2001, 2710) ist - auch in Kenntnis der Gegenstimmen im Schrifttum - § 57 Satz 2 InsO geändert worden. Durch das zusätzlich für die Abwahl in der ersten Gläubigerversammlung eingeführte Erfordernis der "Mehrheit der abstimmenden Gläubiger" wird gerade den geäußerten Bedenken Rechnung getragen, dem allein auf Vorschlag eines Großgläubigers gewählten neuen Insolvenzverwalter fehle die für sein Amt notwendige Unabhängigkeit (vgl. BT-Drucks. 14/5680, 26; siehe ferner KG v. 16.10.2001 - 7 W 130/01, KGReport Berlin 2002, 246 = ZIP 2001, 2240 f.). Hätte der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang einen größeren Korrekturbedarf gesehen, hätte es vor dem Hintergrund der übereinstimmenden veröffentlichten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (KG v. 16.10.2001 - 7 W 130/01, KGReport Berlin 2002, 246 = ZIP 2001, 2240; OLG Naumburg v. 26.5.2000 - 5 W 30/99, ZIP 2000, 1394; OLG Zweibrücken v. 19.10.2000 - 3 W 198/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 22 = ZIP 2000, 2173 f; NZI 2001, 204; offen gelassen von OLG Celle ZInsO 2001, 755) nahe gelegen, die klare gesetzliche Regelung i. S. d. Rechtsstandpunktes der Rechtsbeschwerde zu ändern. Dies ist nicht geschehen. Üben Gläubiger - wie hier - ihre eigenen Mitwirkungsrechte nicht aus, ist es nicht Aufgabe des Insolvenzgerichts, für sie die abstimmenden Gläubiger bei der Verwalterwahl zu bevormunden.

2. Da der nach § 57 S. 1 InsO gefasste Beschluss der Gläubigerversammlung nicht im Verfahren nach § 78 InsO aufgehoben werden kann, stellt sich die weitere von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage nicht, ob der abgewählte, aber noch nicht abberufene Insolvenzverwalter diesen Antrag stellen kann.

3. Die Unabhängigkeit des neu gewählten Insolvenzverwalters ist in den Vorinstanzen nicht angezweifelt worden. Dieser ist nun seinerseits verpflichtet zu prüfen, ob gegen den beteiligten Gläubiger Anfechtungsansprüche bestehen.

 

Fundstellen

BB 2003, 2312

DB 2003, 2776

BGHR 2003, 1169

NJW-RR 2003, 1416

KTS 2003, 670

WM 2003, 1740

WuB 2003, 987

ZIP 2003, 1613

DZWir 2003, 379

InVo 2004, 14

MDR 2003, 1134

NZI 2003, 607

Rpfleger 2003, 611

ZInsO 2003, 750

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