Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach materiellem deutschen Privatrecht besteht i.d.R. selbst für Gebührenforderungen aus einem wirksamen, auf eine Dienstleistung gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrag kein Gerichtsstand des Erfüllungsorts am Kanzleisitz.

 

Normenkette

EGBGB Art. 28 Abs. 1 S. 2, Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 05.08.2003; Aktenzeichen 8 U 203/02)

LG Karlsruhe (Entscheidung vom 18.09.2002; Aktenzeichen 13 O 75/02 KfH I)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5. August 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 42.909,73 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 544 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

Auf den vorliegenden Fall ist gemäß Art. 66 Abs. 1, Art. 76 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (ABl EG Nr. L 12 vom 16. Januar 2001, fortan: EuGVVO) noch das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (BGBl. II 1972, 774 in der Fassung des 4. Beitrittsübereinkommens vom 29. November 1996, BGBl. II 1998, 1412, fortan: EuGVÜ) anzuwenden. Dahin stehen kann dabei, ob die Rechtshängigkeit entsprechend Art. 30 EuGVVO oder nach § 696 ZPO zu beurteilen ist (vgl. BGH, Urt. v. 30. März 2006 – VII ZR 249/04, ZIP 2006, 1013, 1014, z.V.b. in BGHZ 167, 83); denn die Klage galt nach § 696 ZPO grundsätzlich mit dem Eingang der Akten beim Landgericht (vgl. BGH, Urt. v. 16. Oktober 2003 – IX ZR 167/02, WM 2004, 472, 474; BayObLG NJW-RR 1995, 635, 636; ZIP 2003, 1863, 1864; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 27. Aufl. § 696 Rn. 7; a.A. Musielak/Voit, ZPO 4. Aufl. § 696 Rn. 4) am 18. August 2000 als erhoben. Soweit dem hier der fehlende Abgabeantrag der Klägerin entgegenstand, war Rechtshängigkeit spätestens mit dem Eingang der genehmigenden Anspruchsbegründung beim LG Karlsruhe am 28. Februar 2002 bewirkt worden.

Unbeschadet der Frage, ob auch bei etwaiger Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB, Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung im Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ geltend gemacht werden können, ergibt sich hieraus jedenfalls keine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für den Zahlungsanspruch der Klägerin. Nach dem dann gemäß den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts (EuGH NJW 1977, 491; 2000, 719) anzuwendenden materiellen deutschen Privatrecht (Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 EGBGB) besteht in der Regel – und so auch hier – selbst für Gebührenforderungen aus einem wirksamen, auf eine Dienstleistung gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrag kein Gerichtsstand des Erfüllungsorts am Kanzleisitz (BGHZ 157, 20, 24 f, 27; BGH, Urt. v. 4. März 2004 – IX ZR 101/03, WM 2004, 2038, 2039).

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

 

Unterschriften

Dr. Gero Fischer, Dr. Ganter, Raebel, Vill, Dr. Detlev Fischer

 

Fundstellen

Haufe-Index 1778207

DStR 2007, 1099

DStRE 2007, 1000

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