Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich. Ruhensberechnung. Versorgungsanrechte nach BeamtVG. Berechnung auf der Grundlage des Versorgungsänderungsgesetzes 2001. Uneingeschränkter Höchstruhegehaltssatz. Halbteilungsgrundsatz. Ausgleichswert. Quasisplitting. Ehezeitanteil der gesetzlichen Rentenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Ruhensberechnung einer Beamtenversorgung im Falle des Zusammentreffens von Beamtenversorgung und gesetzlicher Rente unter gleichzeitiger Anwendung des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 für die Zwecke des Versorgungsausgleichs.

 

Normenkette

VersorgungsänderungsG 2001 v. 20.12.2001; BGB § 1587a Abs. 6; BeamtVG §§ 14, 55

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Beschluss vom 28.07.2003; Aktenzeichen 18 UF 289/02)

AG Freiburg i. Br.

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des 18. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des OLG Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - v. 28.7.2003 wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der monatliche Ausgleichsbetrag, bezogen auf den 31.8.2001, nicht 337,35 EUR, sondern 381 EUR beträgt.

Beschwerdewert: 500 EUR

 

Gründe

I.

Die Parteien haben am 16.4.1982 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 20.2.1957) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 9.3.1945) am 29.9.2001 zugestellt worden. Das AG - FamG - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin gehend geregelt, dass es zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV; weiterer Beteiligter zu 1) im Wege des Quasisplittings nach § 1587b Abs. 2 BGB auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 440,51 EUR, bezogen auf den 31.8.2001, begründet hat. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des LBV hat das OLG die Entscheidung dahin gehend abgeändert, dass der monatliche Ausgleichsbetrag 337,35 EUR beträgt. Dabei ist das OLG nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 von ehezeitlichen (1.4.1982 bis 31.8.2001; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften des Antragsgegners beim LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001i.H.v. monatlich 878,81 EUR und bei der BfA i.H.v. monatlich 164,49 EUR, bezogen auf den 31.8.2001, sowie der Antragstellerin bei der BfA i.H.v. monatlich 248,41 EUR, bezogen auf den 31.8.2001, und beim LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001i.H.v. monatlich 120,18 EUR ausgegangen. Dabei ergibt sich nach der Auskunft des LBV für die Antragstellerin kein Kürzungsbetrag nach § 55 BeamtVG, während das LBV für den Antragsgegner die Ruhensberechnung gem. § 55 BeamtVG in der Weise durchgeführt hat, dass vom ungekürzten Ehezeitanteil der Beamtenversorgung der Ehezeitanteil der gesetzlichen Rentenversicherung abgezogen wurde.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des LBV, mit der es weiterhin geltend macht, das OLG habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Parteien und die BfA haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 2 S. 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist im wesentlichen nicht begründet.

1. Das OLG hat den Versorgungsausgleich auf der Grundlage des § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 durchgeführt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1.1.2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gem. § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1.1.2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 75/02, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 378; Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 30/03, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 379 = FamRZ 2004, 256 ff. [259 ff.]). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag gegebenenfalls später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 30/03, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 379 = FamRZ 2004, 256 ff. [261]).

Der Antragsgegner wird vorliegend die Regelaltersgrenze von 65 Jahren (§ 25 Abs. 1 BRRG) im Jahre 2010, die Antragstellerin 2022 erreichen.

Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragstellerin durch das Quasisplitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit v. 1.7.2001 bis zum 1.7.2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255e SGB VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, dass dem Antragsgegner unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte seiner ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann , müssen diese gegebenenfalls der Abänderung nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.

2. Bei beiden Parteien treffen vorliegend ehezeitliche Versorgungsanrechte nach dem BeamtVG mit Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammen. Das OLG beruft sich für die Ruhensberechnung gem. § 55 BeamtVG auf die vom Senat entwickelten Grundsätze und übernimmt die Berechnungen des LBV, wonach sich für die Antragstellerin ein Kürzungsbetrag nicht ergibt, während für den Antragsgegner die Ruhensberechnung in der Weise durchgeführt wird, dass vom ungekürzten Ehezeitanteil der Beamtenversorgung der ungekürzte Ehezeitanteil der in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte abgezogen wird.

Dies hält hinsichtlich der Berechnung für den Antragsgegner rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Trifft eine Beamtenversorgung mit einer gesetzlichen Rente zusammen, unterliegt sie gem. § 55 Abs. 1 BeamtVG einer Kürzung, soweit sie zusammen mit der gesetzlichen Rente den in § 55 Abs. 2 BeamtVG bestimmten Höchstbetrag überschreitet. Die weiterhin ungekürzt gezahlte gesetzliche Rente übernimmt insoweit die Alimentationsaufgabe des ruhenden Teils der Beamtenversorgung. Diese Ruhensregelung ist gem. § 1587a Abs. 6 2. Halbs. BGB auch für den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Nach den Grundsätzen, die der Senat bisher hierzu entwickelt hat, muss sich der ausgleichsberechtigte Ehegatte das Ruhen eines Teils der Beamtenversorgung für die Berechnung des in den Versorgungsausgleich einzustellenden Ausgleichswertes jedoch nur insoweit entgegenhalten lassen, als es auf dem Teil der gesetzlichen Rente beruht, die der Beamte in der Ehezeit erworben hat und an der der ausgleichsberechtigte Ehegatte teilhat. Der nach Maßgabe des § 55 BeamtVG zunächst zu ermittelnde volle Kürzungsbetrag ist daher im Verhältnis der ehezeitlichen zu den insgesamt erworbenen Rentenanwartschaften bzw. Entgeltpunkten aufzuteilen. Der so erzielte ehezeitanteilige Kürzungsbetrag ist vom Ehezeitanteil der Beamtenversorgung abzusetzen, der durch Quotierung im Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Dienstzeit zur Gesamtdienstzeit zu ermitteln ist (BGH, Beschl. v. 19.1.2000 - XII ZB 16/96, MDR 2000, 645 = FamRZ 2000, 746 ff., m.w.N.). Unter Anwendung dieser Grundsätze errechnet sich aus den ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen des Antragsgegners zum Ehezeitende i.H.v. 3.299,34 EUR und dem vom LBV ermittelten erreichbaren Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % ein Ruhegehalt von 2.367,28 EUR. Hinzuzurechnen ist die Sonderzuwendung i.H.v. 5,33 % dieses Ruhegehalts (126,18 EUR), so dass sich insgesamt ein Ruhegehalt von 2.493,46 EUR ergibt. Die Höchstgrenze aus der Dienstaltersendstufe der zum Ehezeitende gegebenen Besoldungsgruppe (A 12) beläuft sich auf 2.661,91 EUR (3.522,25 EUR Endstufe A 12x 71,75 % Ruhegehaltssatz = 2.527,21 EUR fiktives Ruhegehalt zzgl. 5,33 % Sonderzuwendung 134,70 EUR). Aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA hat der Antragsgegner monatliche Rentenanwartschaften von insgesamt 264,78 EUR erworben. Die Summe aus dem Ruhegehalt und der gesetzlichen Rente übersteigt die maßgebliche Höchstgrenze um 96,33 EUR. Hieraus errechnet sich der ehezeitlich verursachte Kürzungsanteil nach dem Verhältnis der in der Ehezeit erworbenen zu den insgesamt erworbenen Entgeltpunkten mit 96,33 EUR x 6,4980 EP: 10,4598 EP = 59,84 EUR. Um diesen Betrag ist der ungekürzte Ehezeitanteil zu verringern, so dass für den Antragsgegner eine ehezeitliche Beamtenversorgung von 1.023,66 EUR - 59,84 EUR = 963,82 EUR verbleibt.

3. Im Übrigen beruht die Abänderung des monatlichen Ausgleichsbetrags auf der nunmehr erforderlichen Anwendung des baden-württembergischen Bemessungsfaktors von 5,33 % monatlich für 2004 hinsichtlich der Sonderzuwendung (Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften v. 10.9.2003 - BGBl. I, 1798 - i.V.m. § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Sonderzahlungen in Baden-Württemberg - Landesanteil Besoldung ≪LANDESSONDERZAHLUNGSGESETZ -- LSZG≫ v. 29.10.2003 - GBl. S. 693, 694; zur Anwendung des jeweils zur Zeit der

Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - XII ZB 130/98, BGHReport 2003, 69 = FamRZ 2003, 437 ff., m.w.N.).

 

Fundstellen

BGHR 2005, 716

FamRZ 2005, 1063

FamRZ 2005, 511

NJW-RR 2005, 585

MDR 2005, 691

GV/RP 2005, 644

GV/RP 2006, 71

FuBW 2005, 930

FuHe 2006, 38

FuNds 2006, 389

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