Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdewert bei Räumungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beschwer eines zur Räumung und daneben zum Abriss bestimmter Gebäude Verurteilten bemisst sich für den Räumungsausspruch nach § 8 ZPO und für die gesonderte Verurteilung zum Abriss der Gebäude gem. § 3 ZPO nach den Kosten für deren Entfernung.

 

Normenkette

EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO §§ 3, 8

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 26.03.2002; Aktenzeichen 6 S 29/99)

AG Brandenburg

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil der 6. Zivilkammer des LG Potsdam v. 26.3.2002 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Streitwert: 7.173 EUR

 

Gründe

I.

Das AG hat die Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Räumung und Herausgabe eines Grundstücks sowie zum Abriss eines darauf errichteten Anbaus und eines Schuppens verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Das von der Beklagten geschuldete Nutzungsentgelt betrug zuletzt 1.350 DM jährlich.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert von über 20.000 EUR ist nicht erreicht. Maßgebend für diese Wertgrenze ist der Wert des Beschwerdegegenstands für das beabsichtigte Revisionsverfahren, wobei die Wertberechnung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen ist (BGH, Beschl. v. 20.4.2005 - XII ZR 92/02, Umbr. S. 3; Beschl. v. 27.6.2002 - V ZR 148/02, NJW 2002, 2720; v. 7.11.2002 - LwZR 9/02, BGHReport 2003, 757).

1. Für die Räumungsklage berechnet sich der Wert der Beschwer nach § 8 ZPO. Danach ist, wenn das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig ist, der auf die gesamte streitige Zeit entfallende Pacht- oder Mietzins anzusetzen, wenn nicht der 25-fache Betrag des einjährigen Mietzinses geringer ist. Zu den Verfahren, in denen im Sinne dieser Vorschrift der Bestand oder die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses streitig ist, zählen auch Räumungsklagen nach vorausgegangener Kündigung (BGH, Urt. v. 10.5.2000 - XII ZR 335/99, NJW-RR 2000, 1739; v. 1.4.1992 - XII ZR 200/91, MDR 1992, 913 = NJW-RR 1992, 1359). Beruft sich ein Nutzungsberechtigter ggü. einer Kündigung auf Schutzregeln, die das Kündigungsrecht einschränken und ihm ein Recht zur Fortsetzung der Nutzung geben, so dauert die "streitige Zeit" i.S.d. § 8 ZPO vom Tag der Erhebung der Räumungsklage bis zu dem Zeitpunkt an, den derjenige, der sich auf ein Nutzungsrecht beruft, als den für ihn günstigsten Beendigungszeitpunkt des Nutzungsvertrages in Anspruch nimmt (BGH, Beschl. v. 25.10.1995 - XII ZR 7/94, MDR 1996, 305 = NJW-RR 1996, 316; v. 10.8.1999 - XII ZR 69/99, NJW-RR 1999, 1531; v. 14.4.2004 - XII ZB 224/02, MDR 2004, 931 = BGHReport 2004, 1105 = NZM 2004, 460; v. 16.2.2005 - XII ZR 46/03, WuM 2005, 350). Die Beklagten gehen davon aus, dass der Kläger den Nutzungsvertrag nach § 312 ZGB-DDR wegen der Kündigungsschutzvorschrift des § 23 Abs. 4 SchuldRAnpG erstmals am 4.10.2015, somit gem. § 580a BGB zum 31.12.2015, ordentlich kündigen kann. Sie nehmen nicht für sich in Anspruch, den Vertrag darüber hinaus fortsetzen zu dürfen (BGH v. 1.4.1992 - XII ZR 200/91, MDR 1992, 913 = NJW-RR 1992, 1359). Danach dauert die "streitige Zeit" hier vom Tage der Klagerhebung, dem 17.10.1997, bis zum 31.12.2015.

Unter Zugrundelegung des unstreitig geschuldeten Nutzungsentgelts von jährlich 1.350 DM errechnet sich der Wert der Beschwer für den Räumungsantrag mit 12.568,19 EUR (18 Jahre x 1.350 DM = 24.300 DM + 2,5 Monate = 281,50 DM = 24.581,25 DM).

2. Der Wert der Beschwer durch die zusätzliche Verurteilung der Beklagten zum Abriss des Anbaus auf der Fläche der ehemaligen Terrasse und des Schuppens bemisst sich gem. § 3 ZPO nach den Kosten, die die Beklagten aufbringen müssten, um diese Bauten von dem Grundstück zu entfernen (BGH, Urt. v. 10.12.1993 - V ZR 168/92, MDR 1994, 839 = NJW 1994, 735 f.; Beschl. v. 29.4.2004 - III ZB 72/03, BGHReport 2004, 1102; Beschl. 20.4.2005 - XII ZR 92/02, Umbr. S. 3). Die Beklagten legen zur Glaubhaftmachung der erforderlichen Kosten Kostenvoranschläge von zwei Baufirmen vor. Danach können die Beklagten die nach dem Urteil des LG geschuldeten Abriss- und Entsorgungsarbeiten gemäß dem von ihnen vorgelegten Angebot der A. und E. Abriss-Erdbau GmbH v. 24.7.2002 für insgesamt 6.482,66 EUR einschließlich MwSt. durchführen lassen. Dabei entfallen auf den Abriss und die Entsorgung des Anbaus 4.358,50 EUR netto und auf den Abriss und die Entfernung des Schuppens 1.230 EUR netto. Die weiteren in dem Kostenvoranschlag genannten Positionen sind nicht Gegenstand der Verurteilung und können deshalb nicht berücksichtigt werden.

3. Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt somit nur 19.050,85 EUR und erlaubt damit keine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1394879

BGHR 2005, 1345

JurBüro 2006, 40

ZAP 2005, 162

MDR 2005, 1431

WuM 2005, 525

MietRB 2006, 35

IWR 2005, 68

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