Leitsatz (amtlich)

a) Zur Beschwerdebefugnis der Aufsichtsbehörde auch gegen Entscheidungen, die ihrem eigenen Antrag stattgeben.

b) Durch die Einbenennung wird der neue Geburtsname des Kindes - vorbehaltlich einer weiteren Einbenennung - grundsätzlich unverwandelbar fixiert. Nimmt der sorgeberechtigte Elternteil nach Scheidung seiner Ehe gem. § 1355 Abs. 5 S. 2 BGB wieder seinen Geburtsnamen an, kann sich das Kind dieser Namensänderung nicht anschließen.

 

Normenkette

PStG § 49 Abs. 2; EGBGB Art. 224; EGBGB § 3; BGB § 1617c Abs. 2 Nrn. 1-2, § 1618 S. 6

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 17.07.2001)

OLG Hamm

AG Bielefeld

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des LG Bielefeld v. 17.7.2001 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die weitere Beschwerde ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§§ 131 Abs. 3 KostO, 13a Abs. 1 FGG).

Beschwerdewert: 3.000 Euro.

 

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1 wurde am 16.7.1986 als Kind der Beteiligten zu 2 geboren, die zu diesem Zeitpunkt als Familiennamen ihren Geburtsnamen "La. " führte. Dieser wurde im Geburtenbuch als Geburtsname des Beteiligten zu 1) eingetragen. Die Vaterschaft des leiblichen Vaters des Beteiligten zu 1) wurde durch rechtskräftiges Urteil des AG Halle v. 17.3.1989 festgestellt.

1988 schloss die Beteiligte zu 2) die Ehe mit Herrn Lo. . Die Eheleute führten den Ehenamen "Lo. ". Dieser Name, den die Eheleute dem Beteiligten zu 1) im Wege der Einbenennung mit Wirkung v. 6.9.1993 erteilten, wurde dessen Geburtsnamen im Geburtenbuch beigeschrieben.

Seit dem 8.4.1997 ist die Ehe der Beteiligten zu 2) mit Herrn Lo. geschieden; dieser verstarb 1998. Mit Erklärung v. 11.12.2000 nahm die Beteiligte zu 2) wieder ihren Geburtsnamen "La. " an. Mit Erklärung vom selben Tag schloss sich der Beteiligte zu 1) dieser Namensänderung an.

Der Standesbeamte legte die Sache über den Beteiligten zu 3) gem. § 45 Abs. 2 PStG dem AG zur Entscheidung darüber vor, ob die Erklärung des Beteiligten zu 1 wirksam und somit im Geburtenbuch ein entsprechender Randvermerk einzutragen sei.

Mit Beschluß v. 20.4.2001 wies das AG den Standesbeamten an, bei dem Geburtseintrag des Beteiligten zu 1) zu vermerken, dass sich die Namensänderung der Beteiligten zu 2) auch auf diesen erstrecke.

Dagegen legte der Beteiligte zu 3) sofortige Beschwerde ein mit dem Antrag, die Entscheidung des AG zu bestätigen.

Auf die sofortige Beschwerde hob das LG am 17.7.2001 den Beschluss des AG auf und sprach aus, dass die Anschlusserklärung des Beteiligten zu 1) dem Eintrag im Geburtenbuch nicht beizuschreiben sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3), die das OLG gem. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt hat.

Es hält das Rechtsmittel des Beklagten zu 3) für zulässig, aber unbegründet, da eine Änderung des Namens hier nur unter den Voraussetzungen des § 1617c Abs. 2 BGB in Betracht komme, dessen Voraussetzungen indes nicht gegeben seien. Weder habe sich i. S. d. Abs. 2 Nr. 1 der Vorschrift der Ehename "Lo. ", der durch Einbenennung Geburtsname des Beteiligten zu 1) geworden sei, als "Gemeinschaftsname" geändert, noch stütze sich i. S. d. Abs. 2 Nr. 2 dieser Vorschrift der Geburtsname des Beteiligten zu 1) auf den Familiennamen nur eines Elternteils. Eine "Rückbenennung" des Beteiligten zu 1) scheide daher aus.

Das OLG möchte den angefochtenen Beschluss daher bestätigen, sieht sich daran aber durch eine Entscheidung des OLG Dresden (StAZ 2000, 341) gehindert, nach der eine Rückbenennung in solchen Fällen möglich sei, weil der Geburtsname des Kindes nach der Einbenennung (auch) der Familienname seiner Mutter sei.

II.

1. Die Vorlage ist zulässig, da dem Vorlagebeschluss, der u. a. in FamRZ 2002, 1731 veröffentlicht ist, - wie erforderlich (vgl. BGH, Beschl. v. 14.10.1981 - IVb ZB 718/80, BGHZ 82, 34 = MDR 1982, 126) - zu entnehmen ist, dass das vorlegende Gericht bei Befolgung der Ansicht, von der es abweichen will, zu einer anderen Fallentscheidung gelangen würde. Da auch sonst keine formellen Bedenken bestehen, hat der Senat gem. § 28 Abs. 3 FGG an Stelle des OLG über die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) zu entscheiden.

2. Das gem. §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG i. V. m. § 48 PStG zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

a) Zu Recht hat das LG die Erstbeschwerde des Beteiligten zu 3) gegen die Entscheidung des AG als zulässig angesehen, § 49 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 PStG. Dem steht nicht entgegen, dass der Beteiligte zu 3) mit seiner sofortigen Beschwerde die Bestätigung der von ihm im Ergebnis für richtig gehaltenen Entscheidung des AG erstrebt hat. Als Aufsichtsbehörde hat der Beteiligte zu 3) ein von einer Beschwer unabhängiges Beschwerderecht, von dem er auch zu dem alleinigen Zweck Gebrauch machen kann, über die der Entscheidung zu Grunde liegende Streitfrage eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.5.1971 - IV ZB 52/70, FamRZ 1971, 426m.N.; Keidel/Sternal, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., vor § 71 Rz. 69; und Keidel/Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., vor § 20 Rz. 100 m. w. N.; Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht, § 49 PStG Rz. 14).

b) Auch soweit das LG die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen die Entscheidung des AG als begründet angesehen und ausgesprochen hat, dass die Anschlusserklärung des Beteiligten zu 1) dem Eintrag im Geburtenbuch nicht beizuschreiben ist, hält diese Entscheidung der rechtlichen Nachprüfung stand.

Der entgegenstehenden Entscheidung des OLG Dresden a. a. O. ist aus den zutreffenden Gründen des Vorlagebeschlusses, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen im Einzelnen verwiesen wird, nicht zu folgen.

Die Voraussetzungen einer Namensänderung nach dem hier anzuwendenden neuen Kindschaftsrecht (Art. 224 § 3 EGBGB, § 1618 S. 6 BGB i. V. m. § 1617c BGB) liegen nicht vor. Zwar ist in Fällen, in denen sich - wie hier - der aktuelle Geburtsname des Kindes aus einer Einbenennung ergibt, die Vorschrift des § 1617c BGB entsprechend anwendbar. Wegen der nicht mehr vorgenommenen Unterscheidung ehelicher und nicht ehelicher Abstammung ist es für die Anwendung dieser Vorschrift unerheblich, ob das Kind in einer Ehe geboren wurde oder nicht. Im Übrigen müssen aber für die hier allein in Betracht kommende Anwendung des § 1617c Abs. 2 BGB entweder die in dessen Nr. 1 oder aber die in dessen Nr. 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Beides ist hier nicht der Fall:

Zum einen hat sich dadurch, dass die Beteiligte zu 2) gem. § 1355 Abs. 5 S. 2 BGB wieder ihren Geburtsnamen "La. " angenommen hat, der Ehename, welcher Geburtsname des Beteiligten zu 1) geworden ist, nicht geändert (§ 1617c Abs. 2 Nr. 1 BGB; vgl. auch Staudinger/Coester, BGB, 2000, § 1617c Rz. 30, 36).

Zum anderen stützt sich der Geburtsname des Beteiligten zu 1) nicht einseitig auf den Familiennamen eines Elternteils (§ 1617c Abs. 2 Nr. 2 BGB), sondern leitet sich von dem gemeinsamen Ehenamen der Beteiligten zu 2) und ihres geschiedenen Ehemannes ab, auch wenn dieser Ehename nach § 1355 Abs. 1 S. 2 BGB zugleich zum Familiennamen der Beteiligten zu 2) geworden war. § 1617c Abs. 2 Nr. 2 BGB erfasst nur die Fälle, in denen sich der Geburtsname des Kindes allein von dem Individualnamen eines Elternteils ableitet; leitet er sich von einem Ehenamen ab, ist allein § 1617c Abs. 2 Nr. 1 BGB einschlägig. Denn § 1617c Abs. 2 Nr. 2 BGB eröffnet eine Anschlussmöglichkeit nur für den Fall, dass ein Kind seinen Geburtsnamen von einem Elternteil allein ableitet und dessen Familienname sich auf andere Weise als durch Eheschließung ändert, Letzteres aber nach der ausdrücklichen und abschließenden Regelung dieser Vorschrift nur dann, wenn sich der ursprüngliche Erwerb des Kindesnamens aus §§ 1617, 1617a oder 1617b BGB ergeben hat und somit eine von einem Elternteil direkt abgeleitete Namensführung darstellt. Ein vorangegangener Namenserwerb des Kindes nach § 1618 BGB durch Erteilung des Ehenamens eines Elternteils ist in dieser Vorschrift hingegen nicht erwähnt. Somit besteht nach § 1617c Abs. 2 Nr. 2 BGB keine Anschlussmöglichkeit an eine Wiederannahmeerklärung eines Elternteils, wenn ein Kind durch Namenserteilung den früheren Ehenamen dieses Elternteils erworben hat (vgl. Fachausschuss, StAZ 2000, 309 zu 2); Wagenitz/Bornhofen, Deutsches Namensrecht, § 1618 BGB Rz. 63; Erman/Michalke, BGB, 10. Aufl., § 1618 Rz. 12; Bamberger/Roth/Enders, BGB, § 1617c Rz. 9, § 1618 Rz. 12; kritisch Staudinger/Coester, BGB, 2000, § 1617c Rz. 41, 42, § 1618 Rz. 44).

Diese Bindung des Kindes an den ihm durch Einbenennung erteilten Ehenamen (vgl. Wagenitz, FamRZ 1998, 1545 [1552] sub VII 3 d) wird zwar häufig als unbefriedigend angesehen, insbesondere dann, wenn dieser Ehename sich aus dem Geburtsnamen des inzwischen geschiedenen oder verstorbenen Stiefelternteils ableitet. Sie lässt sich aber de lege lata nicht vermeiden, da die im RegE vorgesehenen weiter gehenden Möglichkeiten einer Nachfolge des Kindes in Namensänderungen des sorgeberechtigten Elternteils auf Empfehlung des Rechtsausschusses im Interesse der Namenskontinuität in das am 1.7.1998 in Kraft getretene Kindschaftsreformgesetz nicht aufgenommen worden sind (vgl. v. Sachsen Gessaphe in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1618 Rz. 29m.N.). Da somit davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber die vorliegende Problematik gesehen hat, verbietet sich die Annahme einer Regelungslücke, die der Ausfüllung durch die Rechtsprechung zugänglich wäre (vgl. BayObLG v. 30.5.2000 - 1Z BR 11/00, FamRZ 2001, 49 [50] m.N.; Gaaz, FUR 2002, 125 [132 f.]). In diesen Fällen bleibt daher nur die Möglichkeit einer behördlichen Namensänderung nach den Vorschriften des Namensänderungsgesetzes (vgl. LG Fulda v. 6.9.1999 - 5 T 301/99, FamRZ 2000, 689).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1111939

BGHZ 2004, 277

NJW 2004, 1108

BGHR 2004, 521

EBE/BGH 2004, 2

FamRZ 2004, 449

DNotZ 2004, 645

FPR 2004, 223

MDR 2004, 635

ZfF 2004, 253

JAmt 2004, 257

LMK 2004, 66

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