Leitsatz (amtlich)

In einem Berufungsurteil, das auf eine nach dem 31.12.2001 geschlossene mündliche Verhandlung ergeht, ist eine Beschwer nicht festzusetzen. Geschieht dies dennoch, ist das Revisionsgericht daran nicht gebunden.

 

Normenkette

EGZPO § 26 Nr. 8

 

Verfahrensgang

OLG Rostock (Urteil vom 08.04.2002; Aktenzeichen 3 U 45/01)

LG Schwerin

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 3. Zivilsenats des OLG Rostock v. 8.4.2002 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 614 EUR (1.200 DM)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EGZPO.

1. An die - verfehlte - Festsetzung der Beschwer (auf über 20.000 EUR) durch das Berufungsgericht ist das Gericht der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gebunden, da das seit dem 1.1.2002 geltende Zivilprozessrecht, das hier anzuwenden ist, im Gegensatz zum früheren Revisionsrecht (§ 546 Abs. 2 ZPO a.F.) eine Festsetzung der Beschwer nicht vorsieht. Vielmehr hat das Revisionsgericht über die Höhe der Beschwer selbst zu befinden (Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 26 EGZPO Rz. 12).

2. Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde beschwert die Entscheidung des Berufungsgerichts den Kläger und Widerbeklagten allenfalls i.H.v. 15.388 EUR (25x 1.200 DM = 30.000 DM).

a) Das Berufungsgericht hat die Klage auf Gewährung des ungehinderten Zutritts zum Grundstück der Beklagten abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, die von ihm genutzte Teilfläche des Grundstücks unter Abriss des aufstehenden Werkstattgebäudes zu räumen.

Wie auch die Beschwerde einräumt, findet eine Zusammenrechnung der Beschwer hinsichtlich der Klage und der Hilfswiderklage nach § 5 ZPO nicht statt, da insoweit teilweise Identität des Streitgegenstandes vorliegt.

Das Berufungsgericht hat den Streitwert des Klageantrages und des korrespondierenden Räumungsantrags der Widerklage auf der Grundlage eines Jahrespachtwerts von 1.200 DM nach § 16 GKG a.F. auf diesen Wert festgesetzt. Dies wird von der Beschwerde nicht angegriffen und lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Es kann dahinstehen, ob die insoweit nach § 8 ZPO festzusetzende Beschwer dem in dieser Vorschrift als Höchstbetrag genannten 25fachen Jahreswert (hier 30.000 DM) entspricht oder die streitige Zeit hier geringer anzusetzen ist. Ein höherer Wert der Beschwer als 30.000 DM (15.388 EUR) kommt jedenfalls nicht in Betracht.

b) Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde erhöht sich die Beschwer des Klägers dadurch, dass er das auf der zu räumenden Teilfläche befindliche Gebäude abzureißen hat, nicht um die Höhe der Abrisskosten oder gar den Verkehrswert des Gebäudes. Das Verlangen, das Gebäude zu entfernen, ist Teil des mit der Widerklage geltend gemachten Rückgabeanspruchs; der damit verbundene Kostenaufwand erhöht weder den Gebührenstreitwert noch die Beschwer (BGH, Beschl. v. 8.3.1995 - XII ZR 240/94, MDR 1995, 530 = NJW-RR 1995, 781 [782]; Beschl. v. 14.10.1993 - LwZB 6/93, MDR 1994, 100 = NJW-RR 1994, 256).

c) Ferner erhöht sich die Beschwer des Klägers entgegen dessen Auffassung auch nicht durch die Abweisung seines Hilfsantrages, dem Räumungsbegehren der Widerklägerin nur Zug um Zug gegen eine angemessene Entschädigung stattzugeben. Der Beschwerdewert für das Rechtsmittel bestimmt sich nur dann nach dem Wert des geltend gemachten Gegenrechts, wenn die zur Räumung verurteilte Partei mit ihrem Rechtsmittel nicht mehr ihre Verurteilung als solche angreift, sondern lediglich erreichen will, dass sie nur Zug um Zug gegen Erfüllung ihres Gegenanspruchs zur Räumung verurteilt bleibt (BGH, Beschl. v. 18.1.1995 - XII ZR 204/94, NJW-RR 1995, 706; Beschl. v. 20.1.2004 - X ZR 167/02, MDR 2004, 829 = BGHReport 2004, 687 = NJW-RR 2004, 714). Hier hat die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch ausdrücklich den Revisionsantrag angekündigt, das Berufungsurteil (insgesamt) aufzuheben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt wurde. In einem solchen Fall ist allein der Wert des in erster Linie bekämpften Räumungsanspruchs für die Festsetzung der Beschwer maßgeblich (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 3 Stichworte "Gegenleistung" und "Zug-um-Zug-Leistungen").

 

Fundstellen

Haufe-Index 1257438

BGHR 2005, 186

NJW-RR 2005, 224

ZAP 2005, 65

AnwBl 2005, 82

MDR 2005, 228

ProzRB 2005, 128

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