Leitsatz (amtlich)

›a) Bei einseitiger teilweiser Erledigung der Hauptsache durch den Kläger in der Berufungsinstanz bestimmt sich die Beschwer des Beklagten, der weiterhin die Erledigung bekämpft und die Klagabweisung erreichen will, jedoch unterliegt, grundsätzlich nach dem restlichen Betrag der Hauptsache unter Hinzurechnung der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten der Vorinstanzen.

b) Der auf den erledigten Teil entfallende Kostenwert ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, die ergibt, um welchen Betrag bis zur teilweisen Erledigung diejenigen Kosten überschritten worden sind, die angefallen waren, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an über den Wert des nicht erledigten Teils der Hauptsache geführt hätte.‹

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf

OLG Düsseldorf

 

Gründe

1. Die Revision richtet sich gegen ein Zwischen-Urteil, mit dem - soweit hier von Interesse - die Klage für zulässig erklärt worden ist; dieses Urteil ist in betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen (§ 280 Abs. 2 ZPO). Das Oberlandesgericht hat die Beschwer sowohl für die Klägerin als auch für den Beklagten auf 30.800 DM festgesetzt. Dazu ergeben die Gerichtsakten folgendes: Das Oberlandesgericht hat für den Wert der Beschwer den noch streitigen Hauptsachebetrag von 23.000 DM und Mehrkosten von 7.800 DM zugrunde gelegt, die auf den einseitig für erledigt erklärten Teil der Hauptforderung entfallen. Die Klage ging ursprünglich auf Zahlung von 123.000 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat den Beklagten - bis auf einen Teil der Zinsen - antragsgemäß verurteilt, und zwar unter Abweisung einer Hilfsaufrechnung in Höhe von 57.447,50 DM. Der Beklagte hat Berufung eingelegt. Vor dem Berufungsgericht hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe eines Betrages von 100.000 DM nebst Zinsen für erledigt erklärt und den Antrag gestellt, daß der Beklagte verurteilt bleibe, an die Klägerin 23.000 DM nebst Zinsen zu zahlen, sowie daß die Teilerledigung der Hauptsache festgestellt werde. Der Beklagte hat der Teilerledigung widersprochen und weiterhin Klagabweisung beantragt. Bei diesem Streitstand ist das Zwischen-Urteil ergangen.

2. Der Beklagte hat geltend gemacht, daß zur Ermittlung der Beschwer dem weiterhin streitigen Hauptsachebetrag von 23.000 DM die Kosten hinzuzurechnen seien, die auf den einseitig für erledigt erklärten Teil der Hauptsache entfielen, nämlich 22.309,91 DM. Diese Auffassung ist - wie auch vom Berufungsgericht bei Festsetzung der Beschwer nicht verkannt - im Ansatz rechtlich zutreffend (unten a). Es sind jedoch nur 15.586 DM als anteilige Kosten hinzuzurechnen (unten b), so daß die Beschwer durch das Zwischen-Urteil über die Zulässigkeit der Klage insgesamt 38.586 DM beträgt. Da diese Beschwer unter der Wertgrenze des § 546 ZPO bleibt und das Oberlandesgericht die Revision nicht zugelassen hat, ist die Revision nicht statthaft und muß mit der Kostenfolge des § 97 ZPO verworfen werden.

a) Wie der Senat schon entschieden hat, gilt sinngemäß auch im Fall der einseitig erklärten Teilerledigung die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß sich bei Erledigungserklärung in der Berufungsinstanz der Wert der für die Revisionsinstanz maßgebenden Beschwer des Beklagten, der - wie hier - weiterhin die Erledigung bekämpft und die Abweisung der Klage erreichen will, nach den in den Vorinstanzen entstandenen Kosten bestimmt (Beschluß vom 19. September 1984 - VIII ZR 165/84, nichtamtlicher Leitsatz in KostRspr. ZPO § 3 Nr. 728; ebenso OLG Koblenz AnwBl. 1986, 541; OLG Düsseldorf MDR 1979, 676; anderer Ansicht OLG Bamberg, JurBüro 1979, 894; s. auch Schneider JurBüro 1979, 1589, 1596 f). Dem stehen §§ 4 Abs. 1 ZPO, 22 GKG schon deshalb nicht entgegen, weil im Fall einseitiger Teilerledigung - ebenso wie bei einseitiger vollständiger Erledigungserklärung (vgl. dazu aus jüngerer Zeit BGH, Beschluß vom 19. Februar 1982 - V ZR 234/81, KostRspr. § 3 ZPO Nr. 583 = ZIP 1982, 745) - hinsichtlich des erledigten Teils nicht um Kosten, sondern um die Hauptsache gestritten wird und dem Streitgegenstand lediglich ein anderer Wert beizumessen ist, der sich regelmäßig nach den bis zur Erledigungserklärung entstandenen Kosten richtet.

b) Dieser auf den erledigten Teil der Hauptsache entfallende Kostenwert ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht entsprechend. § 92 ZPO zu ermitteln, indem die gesamten Kosten im Verhältnis des erledigten Teils zum Betrag der Hauptsache vor Teilerledigung gequotelt werden. Der Erwägung folgend, daß das nach der einseitigen Erledigungserklärung den Wert bestimmende Interesse "wirtschaftlich so hoch wie die Kosten" sei (Beschluß vom 19. Februar 1982 aaO.), muß vielmehr eine auf den Zeitpunkt der Teilerledigung bezogene Differenzrechnung angestellt werden. Mit ihr ist zu ermitteln, um welchen Betrag diejenigen Kosten überschritten werden, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an über den Wert der nichterledigten Hauptsache geführt hätte. Das hat nichts damit zu tun - wie der Beklagte gegen diesen Ansatz vorbringt -, daß die weiterverfolgte Hauptforderung rechtlich unzulässig in ein Rangverhältnis zu dem einseitig für erledigt erklärten Teil gebracht werde, sondern trägt dem Umstand Rechnung, daß dem Kosteninteresse ein Wert nur insoweit beizumessen ist, als die Kosten nicht ohnehin angefallen sind.

Unter Zugrundelegung der im Antrag des Beklagten angegebenen Ausgangsstreitwerte, Gebührentatbestände und -sätze ergibt sich folgende Berechnung: Kosten für die erste Instanz auf der Streitwertgrundlage von 180.447,50 DM rd. 18.048 DM, auf der Streitwertgrundlage von 46.000 DM rd. 10.245 DM, Differenz rd. 7.803 DM; für die zweite Instanz auf der Streitwertgrundlage 123.000 DM rd. 16.062 DM, auf der Streitwertgrundlage 23.000 DM rd. 8.279 DM, Differenz rd. 7.783 DM (bei Ansatz von 46.000 DM statt 23.000 DM, § 19 Abs. 3 GKG, wäre die Differenz noch geringer). Die Summe der beiden Differenzbeträge und des restlichen Hauptsachebetrags (7.803 DM, 7.783 DM, 23.000 DM = 38.586 DM) erreicht die Revisionsgrenze nicht.

Auf 38.586 DM ist auch der Streitwert für das Revisionsverfahren festzusetzen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992950

BGHR ZPO § 3 Rechtsmittelinteresse 5

BGHR ZPO § 4 Abs. 1 Hauptsacheerledigung 1

BGHR ZPO § 546 Abs. 2 Hauptsacheerledigung 1

MDR 1989, 58

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge