Leitsatz (amtlich)
Der Versicherungs- oder Versorgungsträger kann mit der Beschwerde gegen eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich geltend machen, der Ausgleich eines bei ihm bestehenden Anrechts sei zu Unrecht nicht gemäß § 3c VAHRG ausgeschlossen worden.
Normenkette
VAHRG § 3c; FGG § 20 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Köln (Beschluss vom 15.10.1987) |
AG Bergisch Gladbach |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder wird der Beschluß des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. Oktober 1987 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1.000 DM
Tatbestand
I.
Während ihrer Ehezeit (1. April 1970 bis 31. Oktober 1985, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz (LVA, weitere Beteiligte zu 1.) erworben, der Ehemann (Antragsteller) in Höhe von 544,20 DM und die Ehefrau (Antragsgegnerin) in Höhe von 77,10 DM, jeweils monatlich und bezogen auf das Ehezeitende. Für den Ehemann besteht außerdem eine Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL, weitere Beteiligte zu 2.), aus der er ehezeitlich eine unverfallbare Anwartschaft auf eine (statische) Versicherungsrente mit monatlich 52,47 DM erlangt hat.
Das Amtsgericht hat die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es Rentenanwartschaften des Ehemannes in Höhe von 233,55 DM (Hälfte des Wertunterschiedes zwischen 544,20 und 77,10 DM) auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen und für sie auf dem gleichen Konto weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 3,34 DM (Hälfte des auf 6,67 DM dynamisierten Wertes der Versicherungsrente) zu Lasten der bei der VBL bestehenden Versorgung des Ehemannes begründet hat, jeweils bezogen auf den 31. Oktober 1985.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat die VBL Beschwerde mit der Begründung eingelegt, gemäß § 3c VAHRG habe der Ausgleich der Zusatzversorgung des Ehemannes unterbleiben müssen; das Amtsgericht habe auch nicht begründet, warum es diese Bestimmung nicht angewendet habe.
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen; der Beschluß ist in FamRZ 1988, 175 veröffentlicht. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die VBL weiterhin das Ziel, den Ausgleich der bei ihr bestehenden Versorgungsanwartschaften des Ehemannes gemäß § 3c VAHRG auszuschließen. Die Parteien haben sich in den Rechtsmittelverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß § 621e Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte weitere Beschwerde hat Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, ein Versorgungsträger werde durch die gerichtliche Entscheidung, ein bei ihm bestehendes Anrecht auszugleichen oder den Ausgleich gemäß § 3c VAHRG auszuschließen, in seinen Rechten nicht beeinträchtigt. Dafür sei nicht ausreichend, daß der Versorgungsträger von den Auswirkungen der Entscheidung betroffen werde, weil er gegebenenfalls die Versorgung des bei ihm Versicherten nach Eintritt des Versorgungsfalles kürzen oder auf der anderen Seite dem Versicherungsträger des anderen Ehegatten Leistungen erstatten müsse. Solche Belastungen hätten die Versorgungsträger bei Durchführung eines Versorgungsausgleichs allgemein hinzunehmen. Für die Entscheidung, ob der Ausgleich eines geringfügigen Anrechts gemäß § 3c VAHRG auszuschließen sei, könne nicht in erster Linie das Verwaltungsinteresse des Versorgungsträgers maßgeblich sein. Es komme vielmehr auf den mit dem Versorgungsausgleich verfolgten Zweck an, Ehegatten bei Scheidung gleichmäßig an der ehezeitlich erworbenen Alterssicherung zu beteiligen und nach Möglichkeit dem Ausgleichsberechtigten eine eigenständige Versorgung zu schaffen. Wenn die geschiedenen Ehegatten eine Ausgleichsregelung ohne Anwendung des § 3c VAHRG nicht angefochten hätten, sei dies ein Anzeichen dafür, daß den beiderseitigen Interessen so am besten gedient sei. Für eine Anfechtung durch den Versorgungsträger sei dann ebensowenig Raum wie bei einer Entscheidung gemäß § 1587c BGB.
2. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
a) Richtig ist ihr Ausgangspunkt. Die VBL war als Träger einer in den Versorgungsausgleich einbezogenen Versorgungslast des Ehemannes gemäß § 53b Abs. 2 Satz 1 FGG am Verfahren zu beteiligen. Die Bestimmung erwähnt zwar nicht ausdrücklich den Fall einer Ausgleichsentscheidung nach § 1 Abs. 3 VAHRG; als verfahrensrechtliche Vorschrift gilt sie indessen entsprechend, wenn das Familiengericht in Verfahren nach dem VAHRG entscheidet (§ 11 Abs. 1 VAHRG).
Die formelle Beteiligung besagt indessen noch nichts über die Beschwerdeberechtigung. Diese ist gemäß § 20 Abs. 1 FGG (erst) gegeben, wenn der Versorgungsträger durch die gerichtliche Entscheidung in seinem Recht beeinträchtigt worden ist. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, daß der Beschwerdeführer geltend macht, durch die Regelung des Versorgungsausgleichs werde in einer dem Gesetz nicht entsprechenden Weise in seine Rechtsstellung eingegriffen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 – IVb ZB 712/80 – FamRZ 1981, 132, 133, vom 14. Oktober 1981 – IVb ZB 593/80 – FamRZ 1982, 36, 37 und vom 11. April 1984 – IVb ZB 87/83 – FamRZ 1984, 671).
b) Danach besteht ein Beschwerderecht des Versorgungsträgers, wenn er mit dem Rechtsmittel geltend macht, der Ausgleich eines bei ihm bestehenden Anrechts sei zu Unrecht nicht gemäß § 3c VAHRG ausgeschlossen worden (vgl. zu den Voraussetzungen einer Anwendung des § 3c VAHRG die Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 1988 – IVb ZB 186/87 und IVb ZB 18/88, beide zur Veröffentlichung bestimmt). Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts beeinflußt die Entscheidung, ob geringfügige Anrechte gemäß § 3c VAHRG ausgeglichen werden, nicht nur die Rechte der Ehegatten. Mit der durch Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs vom 8. Dezember 1986 (BGBl I 2317) mit Wirkung vom 1. Januar 1987 in das VAHRG eingefügten Bestimmung des § 3c hat der Gesetzgeber gerade dem Interesse der beteiligten Versicherungsträger und Träger der Versorgungslast Rechnung tragen wollen, einen besonders mit dem Quasisplitting verbundenen erheblichen Verwaltungsund Erstattungsaufwand jedenfalls in den Fällen zu vermeiden, in denen diesem nur ein geringer Zuwachs an Versorgungswerten beim Ausgleichsberechtigten gegenüberstehen würde. Das ergibt sich aus der Begründung dieser Vorschrift, wonach bei ihrer Anwendung im Einzelfall zwischen den Belangen der Verwaltungseffizienz und den Interessen des Berechtigten an der Erlangung geringstfügiger Anrechte abgewogen werden soll (vgl. BT-Drucksache 10/5447 S. 14 zu Nummer 3 und BT-Drucksache 10/6369 S. 20). Diese vom Gesetzgeber auch noch mit weiteren Maßnahmen (Einfügung der §§ 10b und 10c in das VAHRG) berücksichtigten Belange der Versorgungsträger können im Verfahren nur dann zureichend zur Geltung gebracht werden, wenn dem betroffenen Träger nicht nur eine förmliche Beteiligung, sondern auch die Befugnis eingeräumt wird, die Nichtanwendung des § 3c VAHRG mit der Beschwerde überprüfen zu lassen (vgl. dazu auch Hoppenz FamRZ 1987, 425, 427 bei Fußnote 22 und OLG Karlsruhe, Beschluß vom 12. August 1988, 2 UF 173/87).
3. Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht selbst abschließend entscheiden. Für die Entscheidung über die Beschwerde der VBL sind weitere Feststellungen erforderlich, die dem Tatrichter obliegen. Insbesondere fehlen Daten für die Prüfung, ob ein Ausschluß gemäß § 3c VAHRG die Ehefrau bei der Erfüllung von Wartezeiten benachteiligen kann. Die Sache wird daher zur neuen Behandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Unterschriften
Lohmann, Blumenröhr, Krohn, Zysk, Nonnenkamp
Fundstellen
Haufe-Index 1237686 |
Nachschlagewerk BGH |