Leitsatz (amtlich)

a) Zur Ermittlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente, wenn das schuldrechtlich auszugleichende Anrecht zuvor teilweise gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG öffentlich-rechtlich ausgeglichen worden ist (Fortführung der BGH v. 25.5.2005 - XII ZB 127/01, FamRZ 2005, 1464 ff.; v. 6.7.2005 - XII ZB 107/02, NJW-RR 2005, 1522 f.; v. 10.8.2005 - XII ZB 191/01, FamRZ 2005, 1982 f.; v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, FamRZ 2006, 323 f.; v. 25.10.2006 - XII ZB 211/04, FamRZ 2007, 120 ff.; v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, FamRZ 2007, 363 ff.; v. 20.6.2007 - XII ZB 50/05 - zur Veröffentlichung bestimmt; v. 4.7.2007 - XII ZB 5/05, FamRZ 2005, 1545).

b) Eine schuldrechtliche Ausgleichsrente darf nicht mit einem Vomhundertsatz der auszugleichenden Versorgung tituliert werden; der Ausgleichspflichtige ist auch nicht zur Abtretung eines Vomhundertsatzes seines in den schuldrechtlichen Ausgleich einbezogenen Versorgungsanspruches verpflichtet.

c) Zur Geltung des Verbots der reformatio in peius bei Verstößen gegen von Amts wegen zu beachtende Verfahrensvorschriften (Fortführung des Senatsbeschlusses v. 18.12.1985 - IVb ZB 677/81, FamRZ 1986, 455 ff.).

 

Normenkette

BGB §§ 1587g, 1587i Abs. 1; VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Beschluss vom 08.06.2004; Aktenzeichen 2 UF 151/04)

AG Essen (Beschluss vom 17.02.2004; Aktenzeichen 102 F 105/03)

 

Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des OLG Hamm vom 8.6.2004 aufgehoben.

II. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - FamG - Essen vom 17.2.2004 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für die Monate Januar 2003 bis Juni 2003 eine schuldrechtliche Ausgleichsrente i.H.v. monatlich 339,08 EUR und für die Monate Juli 2003 bis Februar 2004 eine schuldrechtliche Ausgleichsrente i.H.v. monatlich 338,61 EUR, insgesamt somit 4.743,36 EUR zu zahlen.

2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, ab März 2004 an die Antragstellerin eine monatlich im Nachhinein zu entrichtende Ausgleichsrente i.H.v. 338,61 EUR (statt 39,09 % der jeweils von der R. GmbH gezahlten Bruttobetriebsrente) zu zahlen.

3. Der Antragsgegner wird verpflichtet, für die Zeit ab März 2004 der Abtretung seiner Ansprüche auf Zahlung einer Betriebsrente gegen die R. GmbH i.H.v. monatlich 338,61 EUR (statt monatlich 39,09 % des Bruttobetriebsrentenbetrages) zuzustimmen.

III. Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

IV. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 2.000 EUR

 

Gründe

I.

[1] Die Parteien streiten um schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

[2] Die am 6.11.1963 geschlossene Ehe der Antragstellerin (geb. 26.9.1942; im Folgenden: Ehefrau) und des Antragsgegners (geb. 11.11.1939; im Folgenden: Ehemann) wurde durch Urteil des AG - FamG - vom 16.7.1996 rechtskräftig geschieden; das Verfahren über den Versorgungsausgleich wurde abgetrennt. In der Ehezeit (1.11.1963 bis 30.11.1995; § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Ehegatten Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, der Ehemann verfügt zudem bei einer Betriebszugehörigkeit vom 1.4.1964 bis 30.11.1999 über ein Anrecht auf betriebliche Altersversorgung bei der R.-GmbH.

[3] Das AG - FamG - hatte den abgetrennten Versorgungsausgleich durch Beschluss vom 15.5.1997 dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. insgesamt 728,38 DM (372,41 EUR) auf das Versicherungskonto der Ehefrau, bezogen auf den 30.11.1995, übertragen hat. Dabei wurde in Höhe eines Teilbetrages von 81,20 DM (41,52 EUR) im Wege des erweiterten Splittings nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG und unter Beschränkung auf den Grenzbetrag die im Anwartschaftsstadium und Leistungsstadium als statisch behandelte betriebliche Altersversorgung des Ehemannes ausgeglichen. Im Übrigen hatte das AG den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

[4] Spätestens seit dem 1.11.2002 beziehen beide Parteien eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Daneben erhält der Ehemann seine betriebliche Altersversorgung, deren Höhe für die Zeit ab 1.1.2003 jährlich 10.393,68 EUR brutto beträgt (monatlich 866,14 EUR). Mit Anwaltsschriftsatz vom 10.12.2002 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner zur Zahlung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente auf.

[5] Am 28.3.2003 hat die Ehefrau die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs beantragt. Das AG - FamG - hat ausgesprochen, der Ehemann "schulde" der Ehefrau ab März 2004 eine laufende "monatlich im Nachhinein zu entrichtende Ausgleichsrente i.H.v. 39,09 % der jeweils von der ... (R.-GmbH) gezahlten Bruttobetriebsrente"; es hat ihn daneben verpflichtet, einer Abtretung der Betriebsrente "i.H.v. monatlich 39,09 % des Bruttobetriebsrentenbetrages an die Antragstellerin zuzustimmen". Zudem hat das AG den Ehemann zur Zahlung einer Ausgleichsrente für den Zeitraum Januar bis Juni 2003i.H.v. monatlich 339,08 EUR und für den Zeitraum Juli 2003 bis Februar 2004i.H.v. monatlich 338,61 EUR verpflichtet, insgesamt somit zur Zahlung von Rückständen i.H.v. 4.743,36 EUR. Den Ehezeitanteil der Betriebsrente hat das AG dabei mit (10.393,68x 380 Monate Betriebszugehörigkeit in der Ehe ./. 428 Monate Betriebszugehörigkeit insgesamt =) 9.228,03 EUR jährlich (769 EUR monatlich) ermittelt. Zur Bestimmung des geschuldeten monatlichen Ausgleichsbetrages hat es von der Hälfte des Ehezeitanteils i.H.v. (769 EUR : 2 =) 384,50 EUR den bereits durch erweitertes Splitting ausgeglichenen Teilbetrag i.H.v. 45,42 EUR für die Zeit bis 30.6.2003 und i.H.v. 45,89 EUR für die Zeit ab 1.7.2003 abgezogen; dabei hat es den Teilausgleichsbetrag entsprechend den jeweiligen Steigerungen des aktuellen Rentenwertes aktualisiert (41,52 EUR : 23,64 ≪ARW EHEZEITENDE≫ x 25,86 ≪ARW BIS 30.6.2003≫ = 45,42 EUR; 41,52 EUR : 23,64 ≪ARW EHEZEITENDE≫ x 26,13 ≪ARW SEIT 1.7.2003≫ = 45,89 EUR). Anschließend hat es die geschuldeten monatlichen Ausgleichsbeträge in das Verhältnis zum Gesamtbetrag der bezogenen monatlichen Betriebsrente gesetzt und die ab März 2004 geschuldete laufende monatliche Rente nicht mit ihrem Nominalbetrag, sondern einem von der Gesamtrente geschuldeten Vomhundertsatz festgestellt (338,61 EUR : 866,14 EUR = 39,09 %).

[6] Die Beschwerde des Ehemannes hat das OLG zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemannes, mit der er die von dem OLG gewählte Methode einer Aktualisierung des im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichenen Nominalbetrages einer volldynamischen Rente anhand der Steigerungsraten der gesetzlichen Rentenversicherung rügt.

II.

[7] Das Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg.

[8] 1. Das OLG hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Anrechnung des durch erweitertes Splitting nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bereits ausgeglichenen Teilbetrages habe dadurch zu erfolgen, dass der Teilausgleichsbetrag mit seinem entsprechend der Steigerung des aktuellen Rentenwertes aktualisierten Wert vom geschuldeten Ausgleichsbetrag abzuziehen sei. Einer Rückdynamisierung unter Heranziehung der verfassungswidrigen Barwert-Verordnung bedürfe es hingegen nicht; denn dies würde zu einer deutlich höheren Anrechnung des bereits ausgeglichenen Teils der Betriebsrente führen mit der Folge, dass der Halbteilungsgrundsatz nicht gewahrt bliebe. Zudem stünde die Ehefrau damit schlechter, als wenn der Teilausgleich nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG unterblieben und sie wegen der Betriebsrente des Ehemanns vollständig auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen worden wäre. Die vom AG - FamG - angewandte Methode zur Berechnung des Wertes des bereits öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Teilbetrages der Betriebsrente sei deshalb nicht zu beanstanden.

[9] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.

[10] a) Der Rechenweg des OLG ist geeignet, die Mängel der bis 31.12.2002 geltenden Barwert-Verordnung, die der Senat in seinem Beschluss vom 5.9.2001 als verfassungswidrig bezeichnet hat (BGHZ 148, 351, 361 ff. = FamRZ 2001, 1695, 1698 ff.), in Grenzen aufzufangen. Zwar hat der Verordnungsgeber den Beanstandungen des Senats inzwischen durch die seit dem 1.1.2003 geltende 2. Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26.5.2003, BGBl. I 728 (BGH BGHZ 156, 64, 67 ff. = FamRZ 2003, 1639 f.) und durch die 3. Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 3.5.2006, BGBl. I 1144 (BGH v. 20.9.2006 - XII ZB 248/03, FamRZ 2007, 23, 26 f.) hinreichend Rechnung getragen. Dennoch erscheint es nicht angängig, einen unter der Geltung der früheren, verfassungswidrigen Barwert-Verordnung durchgeführten Versorgungsausgleich nunmehr - im Hinblick auf einen nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG erfolgten Teilausgleich - dadurch zu korrigieren, dass eine nach § 1587g BGB zu zahlende schuldrechtliche Ausgleichsrente um einen unter der Geltung der früheren Barwert-Verordnung ermittelten, aber nunmehr nach der neuen Barwert-Verordnung "entdynamisierten" Teilausgleich gekürzt wird, mag sich die von der Novellierung der Barwert-Verordnung bewirkte Aufwertung der Betriebsrenten auch im Einzelfall auf die Höhe der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich übertragenen oder begründeten Anrechte nicht unmittelbar auswirken.

[11] b) Der Senat hat deshalb nach Erlass des angefochtenen Beschlusses mehrfach entschieden, dass es grundsätzlich vertretbar ist, einen unter der bis 31.12.2002 geltenden Barwert-Verordnung durchgeführten erweiterten öffentlich-rechtlichen Ausgleich im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs dadurch zu berücksichtigen, dass der auf das Ehezeitende bezogene Nominalbetrag des so übertragenen oder begründeten Anrechts wegen seiner zwischenzeitlichen Wertsteigerungen auf den aktuellen Nominalbetrag "hochgerechnet" und dieser vom Nominalbetrag des schuldrechtlich auszugleichenden Betrages in Abzug gebracht wird (BGH v. 4.7.2007 - XII ZB 5/05, FamRZ 2007, 1545, 1546 f.; v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, FamRZ 2007, 363, 364; v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, FamRZ 2006, 323, 324; v. 10.8.2005 - XII ZB 191/01, FamRZ 2005, 1982 f.; v. 6.7.2005 - XII ZB 107/02, NJW-RR 2005, 1522, 1523; v. 25.5.2005 - XII ZB 127/01, FamRZ 2005, 1464, 1467). Ebenso hält es der Senat nach der erneuten Novellierung der Barwert-Verordnung für geboten, einem unter Geltung der am 31.5.2006 außer Kraft getretenen Barwert-Verordnung durchgeführten erweiterten öffentlich-rechtlichen Ausgleich im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs durch eine entsprechende Aktualisierung des ausgeglichenen Teilbetrages Rechnung zu tragen (BGH v. 20.6.2007 - XII ZB 50/05 - zur Veröffentlichung bestimmt; v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, FamRZ 2007, 363, 364; v. 25.10.2006 - XII ZB 211/04, FamRZ 2007, 120, 121 f.). Für einen unter Heranziehung der seit 1.6.2006 geltenden Barwert-Verordnung durchgeführten Teilausgleich bleibt es hingegen dabei, dass der ausgeglichene Teilbetrag anhand der novellierten Barwert-Verordnung rückzurechnen ist (BGH v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, FamRZ 2007, 363, 364).

[12] Vorliegend war der erweiterte Ausgleich unter der bis 31.12.2002 geltenden Barwert-Verordnung durchgeführt worden. Der vom OLG eingeschlagene Weg einer Aktualisierung des dabei übertragenen Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung anhand der seit Ehezeitende erfolgten Steigerung des aktuellen Rentenwerts ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

[13] 2. Die angefochtene Entscheidung kann allerdings nicht bestehen bleiben, soweit das OLG es für zulässig erachtet hat, die ab März 2004 zu zahlende schuldrechtliche Ausgleichsrente mit einem Vomhundertsatz der Gesamtbetriebsrente (39,09 %) festzusetzen und den Ehemann zur Abtretung eines entsprechenden Prozentsatzes seines betrieblichen Anrechts zu verpflichten.

[14] a) Die Festsetzung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente als Prozentsatz der vom Schuldner bezogenen Gesamtbetriebsrente wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend für zulässig gehalten (OLG Zweibrücken - 2. ZS - FamRZ 2006, 276, 277; 2002, 399; OLG München FamRZ 1999, 869 f.; Palandt/Brudermüller BGB 66. Aufl., § 1587 f Rz. 11; Dörr/Hansen NJW 2002, 3140, 3146; Glockner/Vucko-Glockner Versorgungsausgleich in der Praxis § 3 Rz. 47; Staudinger/Rehme BGB 2004 § 1587g Rz. 13; Scholz/Stein/Bergmann Praxishandbuch Familienrecht Kap. M Rz. 293; vgl. auch OLG Jena FamRZ 2001, 627, 628 und OLG Brandenburg FamRZ 2004, 118, 119 für den schuldrechtlichen Ausgleich von Auffüllbeträgen nach § 315a SGB VI; differenzierend: Bamberger/Roth/Gutdeutsch BGB § 1587g Rz. 34). Zum Teil wird einschränkend gefordert, dass sich die Höhe des Ausgleichsanspruches allein nach der Rente des Ausgleichspflichtigen bemesse und keine Gegenanrechte des Ausgleichsberechtigten zu verrechnen seien (OLG München FamRZ 1999, 869 f.; Scholz/Stein/Bergmann, a.a.O., Rz. 293; vgl. auch Bamberger/Roth/Gutdeutsch, a.a.O., § 1587g Rz. 34).

[15] Zur Begründung wird angeführt, durch die Festsetzung eines Vomhundertsatzes des auszugleichenden Anrechts werde im Falle einer regelmäßigen, aber nur geringfügigen Versorgungsanpassung der Halbteilungsgrundsatz konsequent und fortlaufend verwirklicht. Der im Gesetz nach § 1587g Abs. 3 i.V.m. § 1587d Abs. 2 BGB vorgesehene Weg über das Abänderungsverfahren sei hierfür zu umständlich. Er setze die materiell-rechtlich gebotene laufende und wertgleiche Teilhabe häufig nur unvollkommen und mit zeitlicher Verzögerung um, vor allem wegen des Erfordernisses einer "wesentlichen Änderung" der Verhältnisse und der Rückwirkung des Erhöhungsverlangens nur auf den Zeitpunkt des Verzugseintritts, nicht aber der Veränderung selbst (Staudinger/Rehme, a.a.O., § 1587g Rz. 13). Hingegen vermeide die Festsetzung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente als stets gleich bleibender Prozentsatz künftige, Kosten verursachende Abänderungsverfahren (OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 399). Der Ausgleichsberechtigte habe deshalb ein Rechtsschutzinteresse an einer dynamischen Festsetzung (OLG München FamRZ 1999, 869, 870; Glockner/Vucko-Glockner, a.a.O., § 3 Rz. 47; Scholz/Stein/Bergmann, a.a.O., Kap. M Rz. 293). Zum Teil wird die Zulässigkeit der Dynamisierung des schuldrechtlichen Ausgleichsbetrages auch mit einer entsprechenden Anwendung von § 1612a BGB begründet (OLG München FamRZ 1999, 869, 870; vgl. auch OLG Stuttgart FamRZ 2003, 455, 457 f.).

[16] b) Der Senat vermag dieser Auffassung indes nicht zu folgen.

[17] § 1587g Abs. 1 BGB beinhaltet keinen Anspruch des Ausgleichsberechtigten auf Zahlung einer dynamischen Ausgleichsrente. Für eine Anpassung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente steht dem Berechtigten allein das Auskunftsverlangen gegen den Verpflichteten nach §§ 1587k, 1580 BGB und bei einer wesentlichen Veränderung der Bezugsgrößen das Abänderungsverfahren nach § 1587g Abs. 3 i.V.m. § 1587d Abs. 2 BGB zur Verfügung.

[18] aa) Die Festsetzung einer mit einem Vomhundertsatz ausgedrückten Ausgleichsrente ist vorliegend auch nicht geeignet, die mathematisch genaue Verwirklichung des Halbteilungsgrundsatzes im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu gewährleisten.

[19] Mit der Festsetzung der Ausgleichsrente als einem bestimmten Vomhundertsatz der Gesamtbetriebsrente wäre die zukünftige Wertbemessung des bereits nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Teilbetrages an die Wertentwicklung des auszugleichenden betrieblichen Anrechts gekoppelt. Erhöhte sich nämlich die auszugleichende Betriebsrente, spiegelte sich im dynamischen Ausgleichsbetrag automatisch auch der öffentlich-rechtlich ausgeglichene Teilbetrag mit einem höheren Wert wieder, selbst wenn der aktuelle Rentenwert tatsächlich unverändert geblieben wäre. Wäre hingegen die auszugleichende Betriebsrente tatsächlich statisch, müsste der nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bereits ausgeglichene Teilbetrag bei der Bestimmung der Ausgleichsrente auch dann mit einem unveränderten Wert berücksichtigt werden, wenn der aktuelle Rentenwert anstiege und sich durch eine Wertsteigerung des bereits ausgeglichenen Teilbetrages nach mathematischen Grundsätzen eigentlich eine Verringerung der schuldrechtlichen Ausgleichspflicht errechnete.

[20] Ein vergleichbares Problem ergäbe sich in Fallkonstellationen, in denen zur Ermittlung der Ausgleichsrente dem schuldrechtlich auszugleichenden Anrecht Gegenanrechte des Ausgleichspflichtigen gegenüberzustellen sind. Mit der dynamischen Bestimmung der Ausgleichsrente als einem bestimmten Prozentsatz wäre der zu berücksichtigende Wert eines gegenzurechnenden Anrechts künftig von der Wertentwicklung der auszugleichenden Betriebsrente abhängig. Erhöhte sich das schuldrechtlich auszugleichende Anrecht, würde ein gegenzurechnendes Anrecht im dynamisierten Rentenbetrag automatisch mit einem entsprechend prozentual höheren Wert berücksichtigt, selbst wenn es tatsächlich eine andere Wertentwicklung genommen hätte. Dies gilt nicht nur für dem schuldrechtlichen Ausgleich unterliegende Gegenanrechte (OLG München FamRZ 1999, 869 f.), sondern auch für gegenzurechnende öffentlich-rechtliche Anrechte des Ausgleichsberechtigten (vgl. Scholz/Stein/Bergmann, a.a.O., Rz. 293; Bamberger/Roth/Gutdeutsch, a.a.O., § 1587g Rz. 34),

[21] bb) Die Titulierung eines monatlich geschuldeten Vomhundertsatzes der Gesamtbetriebsrente widerspricht daneben dem Erfordernis der Bestimmtheit von Vollstreckungstiteln (OLG Zweibrücken - 5. ZS - FamRZ 2003, 1290, 1291; OLG Celle FamRZ 2004, 1215, 1217; OLG Frankfurt FamRZ 2004, 28, 30).

[22] Ein Titel ist nur dann bestimmt genug und zur Zwangsvollstreckung geeignet, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnet. Bei einem Zahlungstitel muss der zu vollstreckende Zahlungsanspruch betragsmäßig festgelegt sein oder sich zumindest ohne weiteres aus dem Titel errechnen lassen (BGHZ 22, 54, 57 f.; 88, 62, 65). Ggf. hat das Vollstreckungsorgan den Inhalt des Titels durch Auslegung festzustellen; dafür muss der Titel aber aus sich heraus genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen. Zwar genügt es für eine Bestimmbarkeit, wenn die Berechnung des Zahlungsanspruchs mit Hilfe offenkundiger, insb. aus dem Bundesgesetzblatt oder dem Grundbuch ersichtlicher Umstände möglich ist (BGHZ 122, 16, 18; BGH, Urt. v. 5.12.1994 - IX ZR 255/93, NJW 1995, 1162). Es reicht indessen nicht, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder wenn sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2005 - XII ZR 94/03, FamRZ 2006, 261, 262 f.; v. 6.11.1985 - IVb ZR 73/84, FamRZ 1986, 45, 46; Zöller/Stöber ZPO 26. Aufl., § 704 Rz. 3 u. 5).

[23] Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Entscheidung nicht. Die Festsetzung der vom Ehemann zu zahlenden schuldrechtlichen Ausgleichsrente mit einem bestimmten Prozentsatz seiner gesamten betrieblichen Versorgung ist mangels Bestimmtheit nicht vollstreckbar, weil eine Vollstreckung nach § 53g Abs. 3 FGG i.V.m. §§ 704 ff. ZPO ohne den für den Vollstreckungszeitraum maßgeblichen - nicht allgemein zugänglichen - Rentenbescheid der R.-GmbH nicht möglich wäre. Für die Bestimmtheit des Titels lässt sich auch nicht der Rechtsgedanke des § 1612a BGB entsprechend heranziehen. Die Dynamisierung von Titeln auf Kindesunterhalt ist mit der Dynamisierung einer schuldrechtlich auszugleichenden Rente nicht vergleichbar, denn § 1612a BGB nimmt auf die Regelbetragverordnung und damit auf eine allgemein zugängliche normative Grundlage Bezug. Nur vor diesem Hintergrund ist es für Vollstreckungsorgan oder Drittschuldner als zumutbar anzusehen, den zu vollstreckenden Betrag aufgrund der Angaben im Titel und der Regelbetragverordnung zu errechnen (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2003, 1290, 1291; BT-Drucks. 13/7388, 26 f.).

[24] c) Der ausgleichspflichtige Ehemann kann auch nicht zur Abtretung eines prozentualen (dynamischen) Anteils seiner Gesamtbetriebsrente verpflichtet werden (vgl. für eine Differenzierung zwischen Zahlungsverpflichtung und Abtretungspflicht: Bamberger/Roth/Gutdeutsch, a.a.O., § 1587g Rz. 33).

[25] Nach § 1587i Abs. 1 BGB kann der Berechtigte in Höhe der laufenden Ausgleichsrente vom Verpflichteten erfüllungshalber die Abtretung der in den Ausgleich einbezogenen Versorgungsansprüche verlangen. Diese Vorschrift will dem Berechtigten die Realisierung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente erleichtern und ihre unbeschränkte - auch über die Pfändungsgrenzen hinausgehende - Durchsetzbarkeit ermöglichen (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587i Rz. 1). Der Abtretungsanspruch ist lediglich eine die Durchsetzung erleichternde Ergänzung zum Ausgleichsanspruch (Staudiger/Rehme, a.a.O., § 1587i Rz. 8); er kann dem Ausgleichsberechtigten deshalb nicht zu einem dynamischen Zahlungsanspruch verhelfen, der inhaltlich über den laufenden, nach § 1587g Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB geschuldeten und fälligen Ausgleichsanspruch hinausginge. Auch eine Anpassung der Entscheidung über die Abtretung laufender Versorgungsansprüche ist nur über das Abänderungsverfahren nach § 1587i Abs. 3 i.V.m. § 1587d Abs. 2 BGB möglich, sofern eine wesentliche Änderung der maßgebenden Umstände eingetreten ist (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 1587i Rz. 7).

[26] 4. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden.

[27] a) Gegen die dem Beschluss des OLG zugrunde liegende Berechnung des nominalen Ausgleichsanspruches bestehen keine Bedenken. Die angegriffene Entscheidung war deshalb aufzuheben und der Beschluss des AG - FamG - dahin abzuändern, dass der Ehemann verpflichtet ist (neben den zu leistenden Rückständen von 4.743,36 EUR für den Zeitraum Januar 2003 bis Februar 2004), für die Zeit ab März 2004 an die Ehefrau eine laufende schuldrechtliche Ausgleichsrente i.H.v. monatlich 338,61 EUR zu zahlen und der Abtretung seiner laufenden Betriebsrente bei der R.-GmbH i.H.v. ebenfalls 338,61 EUR monatlich an die Ehefrau zuzustimmen.

[28] b) Entgegen dem Einwand der Rechtsbeschwerde ist der Senat an der Festsetzung eines bestimmten Zahlungs- bzw. Abtretungsbetrages statt eines Prozentsatzes nicht durch das zugunsten des Ehemannes als alleinigem Rechtsmittelführer zu beachtende Verbot der reformatio in peius gehindert (vgl. für die Geltung des Verschlechterungsverbotes im Versorgungsausgleichsverfahren BGHZ 85, 180, 185 ff.).

[29] aa) Die Verpflichtung zur Zahlung und zur Abtretung eines bestimmten Prozentsatzes seiner Betriebsrente beschwert den Ehemann bereits deshalb, weil er die Zahlung und auch die Abtretung eines "dynamischen" Anteils seiner Betriebsrente an die Ehefrau nicht schuldet und die Ehefrau dadurch unabhängig von den Voraussetzungen eines Abänderungsverfahrens und der tatsächlichen Wertentwicklung des bereits öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Teilbetrages an zukünftigen Erhöhungen der Versorgung partizipieren würde.

[30] bb) Zwar führt die der Rechtsbeschwerde teilweise stattgebende Entscheidung des Senats nun dazu, dass der Ehefrau ein dem Bestimmtheitsgebot genügender und damit gegen den Ehemann vollstreckbarer Titel auf Zahlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente zur Verfügung steht. Allerdings war das OLG auch ohne einen bezifferten Antrag der Ehefrau (vgl. BGH v. 12.4.1989 - IVb ZB 84/85, FamRZ 1989, 950, 951) gehalten, von Amts wegen eine dem verfahrensrechtlichen Gebot der Bestimmtheit von Vollstreckungstiteln genügende Entscheidung zu treffen (§ 53g Abs. 3 FGG i.V.m. §§ 704 ff. ZPO). Bei der Verletzung eines von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensgebots findet das Verschlechterungsverbot indessen keine Beachtung, sofern die verletzte Verfahrensnorm ein größeres verfahrensrechtliches Gewicht hat als das Verschlechterungsverbot selbst (BGH v. 18.12.1985 - IVb ZB 677/81, FamRZ 1986, 455, 457). Hier kommt dem Gebot der Bestimmtheit von Vollstreckungstiteln ein entsprechender Vorrang bereits deshalb zu, weil sich die Ehefrau als Gläubigerin der schuldrechtlichen Ausgleichsrente auch im Falle der Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung einen vollstreckbaren Zahlungstitel verschaffen könnte. Sie hätte dann ein Rechtsschutzbedürfnis für die Einleitung eines neuen Verfahrens mit dem Ziel, den vollstreckbaren Inhalt des rechtskräftigen, aber nicht hinreichend bestimmten Tenors der Entscheidung des AG - FamG - feststellen zu lassen (vgl. hierzu BGHZ 36, 11, 13 f.; BGH, Urt. v. 25.9.1972 - VIII ZR 81/71, NJW 1972, 2268).

[31] cc) Allerdings ist der Senat wegen des zu beachtenden Verschlechterungsverbots an einer Abänderung der Entscheidung des AG - FamG - gehindert, soweit der Antragsteller entgegen §§ 1587k Abs. 1, 1585 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet worden ist, die geschuldete Ausgleichsrente nicht bereits monatlich im Voraus, sondern erst am Ende eines Monats ("im Nachhinein") zu zahlen.

 

Fundstellen

NJW 2008, 153

BGHR 2008, 76

EBE/BGH 2007

FamRZ 2007, 2055

FuR 2008, 239

FamRB 2008, 37

FK 2008, 103

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