Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichsanspruch Tankstellenhalter. Handelsvertreterausgleich. Schätzung Stammkundenumsatzanteil

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Schätzung des Stammkundenumsatzanteils im Rahmen der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters (im Anschluß an BGH, Urteile vom 6. August 1997 – VIII ZR 150/96 und VIII ZR 92/96, NJW 1998, 66 bzw. 71).

 

Normenkette

HGB § 89b

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg (Urteil vom 05.06.2001)

LG Hamburg

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. Juni 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Mit Vertrag vom 20./26. August 1991 pachtete der Kläger ab 10. Oktober 1991 eine Tankstelle der Beklagten in B., B.. Zugleich schlossen die Parteien einen weiteren Vertrag, in dem der Kläger als Handelsvertreter unter anderem den Verkauf von Markenkraftstoffen und anderen Produkten im Namen und für Rechnung der Beklagten übernahm. Für die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus diesem Vertrag erhielt der Kläger eine in § 3 des Vertrages geregelte Vergütung, die sich aus einem Festbetrag von 15.000 DM im Kalenderjahr und einer Umsatzprovision zusammensetzt.

Die Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis am 27. März 1996 zum 31. März 1997. Am 10. Oktober 1997 eröffnete der Kläger in B. in der Nähe zur Tankstelle der Beklagten eine – im Preis günstigere – freie Tankstelle. Die Umsätze der Tankstelle der Beklagten gingen in den Folgejahren stark zurück.

Der Kläger forderte einen Handelsvertreterausgleich in Höhe von brutto 288.291,43 DM. Vorprozessual zahlte die Beklagte einen Betrag von brutto 126.500 DM. Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Zahlung des Differenzbetrages nebst Zinsen.

Zur Berechnung der Höhe seines Anspruchs hat der Kläger vorgetragen, von der im letzten Vertragsjahr erzielten Nettoprovision entfielen mindestens 92 % auf Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden. Dies ergebe sich aus einer Repräsentativbefragung des Allensbach-Instituts aus dem Jahre 1987 über die Tankgewohnheiten der Pkw-Fahrer im früheren Bundesgebiet. Davon ausgehend hat der Kläger nach Abzug eines Provisionsanteils von 10 % für Verwaltungstätigkeiten und unter Berücksichtigung einer jährlichen Abwanderungsquote von 20 % einen auszugleichenden Provisionsverlust in einer die Jahresdurchschnittsprovision übersteigenden Höhe errechnet.

Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, der Umsatzanteil der vom Kläger geworbenen Stammkunden könne nicht aufgrund allgemeiner statistischer Ergebnisse einer Repräsentativbefragung der Pkw-Fahrer geschätzt werden, sondern sei vom Kläger konkret darzulegen. Davon abgesehen sei die vom Kläger herangezogene Allensbach-Studie durch eine neuere Repräsentativbefragung des MAFO-Instituts aus dem Jahr 1996 überholt, die – im Gegensatz zur Allensbach-Studie – auch die Pkw-Fahrer in den neuen Bundesländern einbeziehe, in denen die Tankstelle des Klägers liege. Der in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nicht einzubeziehende Provisionsanteil, durch den verwaltende Tätigkeiten des Klägers vergütet würden, sei mit 25 % und nicht mit lediglich 10 % anzusetzen. Anspruchsmindernd müsse weiter berücksichtigt werden, daß der Kläger kurze Zeit nach Vertragsbeendigung in der Nähe der von ihm zuvor gepachteten Station der Beklagten eine Konkurrenztankstelle eröffnet habe. Schließlich sei ein Billigkeitsabschlag von 50 % gerechtfertigt, weil für die Entstehung der Stammkundenbeziehung die Lage der Station und die Marke des Kraftstoffs im Vordergrund stünden und nicht die Person und das Engagement des Tankstellenhalters.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 126.838,15 DM nebst Zinsen verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die von dem Kläger eingelegte Anschlußrevision hat der Senat nicht angenommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Ausgleichsanspruch in Höhe von insgesamt 253.338,15 DM (brutto) zu. Grundlage für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs sei der Anteil, der von der im letzten Vertragsjahr erzielten Provision – netto 207.846,31 DM – auf Umsätze mit Stammkunden entfalle. Vorliegend sei – entsprechend der Behauptung des Klägers – von einem Stammkundenumsatzanteil von mindestens 92 % auszugehen. Dies ergebe eine Schätzung auf der Grundlage der vom Allensbach-Institut im Jahre 1987 durchgeführten Repräsentativbefragung über die Tankgewohnheiten von Pkw-Fahrern. Aus der neueren Untersuchung des MAFO-Instituts ergebe sich kein niedrigerer Stammkundenumsatzanteil. Deshalb könne dahingestellt bleiben, welche der beiden Studien der Schätzung zugrunde zu legen sei. Darüber hinaus sei von dem verbleibenden Betrag gemäß dem Vortrag des Klägers ein Abzug von 10 % für nicht berücksichtigungsfähige Verwaltungstätigkeiten zu machen. Einen höheren Anteil der verwaltenden Tätigkeit gegenüber der werbenden Tätigkeit des Klägers habe die Beklagte, die dafür die Darlegungs- und Beweislast trage, nicht dargelegt. Der danach verbleibende Teilbetrag der letzten Nettojahresprovision sei Grundlage für die Verlustprognose. Dabei sei von höheren Abwanderungsverlusten als gewöhnlich auszugehen, weil der Umsatz der Tankstelle der Beklagten nach Vertragsbeendigung stark zurückgegangen sei. Dafür sei mitursächlich gewesen, daß der Kläger – wie bereits bei Vertragsbeendigung geplant – in der Nähe eine freie Tankstelle eröffnet habe. Im Hinblick darauf sei der Gesamtprovisionsverlust des Klägers auf 150 % zu schätzen. Der danach verbleibende Betrag liege – abgezinst mit 8 % – unter der Kappungsgrenze des § 89 b Abs. 2 HGB und ergebe zuzüglich Mehrwertsteuer einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 253.338,15 DM; abzüglich der hierauf geleisteten Zahlung der Beklagten in Höhe von 126.500 DM verbleibe der zuerkannte Betrag.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des dem Grunde nach unstreitigen Ausgleichsanspruchs des Klägers wegen Beendigung des Tankstellenvertrages halten einer rechtlichen Nachprüfung hinsichtlich der Schätzung des für den Ausgleichsanspruch maßgeblichen Stammkundenumsatzanteils (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB) nicht stand. Darüber hinaus sind die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Billigkeit des Ausgleichs (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB) nicht frei von Rechtsfehlern. Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg.

1. Zu Recht beanstandet die Revision der Beklagten, daß das Berufungsgericht den Stammkundenumsatzanteil und den entsprechenden Provisionsanteil, der in der vom Kläger zuletzt erwirtschafteten Jahresprovision enthalten ist, aufgrund der Ergebnisse von Repräsentativbefragungen über die Tankgewohnheiten der Pkw-Fahrer in Deutschland im Rahmen einer Schätzung fehlerhaft berechnet hat.

a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Berechnung des dem Grunde nach unstreitigen Ausgleichsanspruchs des Klägers nach § 89 b HGB grundsätzlich die letzte Jahresprovision zugrunde zu legen und davon nur der Teil zu berücksichtigen ist, den der Kläger für Umsätze mit von ihm geworbenen „Stammkunden” erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB besteht (zum Tankstellenhalter: Senatsurteile vom 6. August 1997 – VIII ZR 150/96 und VIII ZR 92/96, NJW 1998, 66 und 71 = WM 1998, 25 und 31 unter B I 2 bzw. B I 1; zum Handelsvertreter allgemein BGHZ 141, 248, 252).

Ohne Erfolg rügt die Revision insoweit, das Berufungsgericht habe seiner Ermittlung des Stammkundenumsatzanteils einen zu weiten Begriff des Stammkunden zugrunde gelegt. Stammkunden sind alle Mehrfachkunden, die in einem überschaubaren Zeitraum mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden (BGHZ 141, 248, 252; Senatsurteile vom 6. August 1997, aaO, unter B I 1 a bzw. B I 2 a; vgl. auch – für das Vertragshändlerverhältnis – BGHZ 135, 14, 19 sowie Senatsurteil vom 12. Januar 2000 – VIII ZR 19/99, NJW 2000, 1413 = WM 2000, 817 unter II 2 a). An dieser begrifflichen Abgrenzung der „Stammkundschaft” von der im Rahmen des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB nicht berücksichtigungsfähigen „Laufkundschaft” (BGHZ 42, 244, 247), von der auch das Berufungsgericht ausgeht, hält der Senat fest. Denn durch die (bereits erfolgte oder zu erwartende) Wiederholung eines Geschäftsabschlusses innerhalb eines überschaubaren Zeitraums wird die für § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB maßgebliche Geschäftsverbindung begründet.

Welcher Zeitraum bei der Prüfung, ob eine solche Geschäftsverbindung besteht, zugrunde zu legen ist, hängt von dem Gegenstand des Geschäfts und den branchenüblichen Besonderheiten ab. Das Wiederholungsintervall für Folgegeschäfte („Nachbestellungen”) ist bei häufig wiederkehrenden Verbrauchsgeschäften des täglichen Lebens kleiner zu bemessen als bei Geschäften über langlebige Wirtschaftsgüter (vgl. BGHZ 135, 14, 23 zum Autokauf). Durch wie viele Geschäfte in welchem Zeitraum ein Kunde bei dem als Alltagsgeschäft einzustufenden Tanken zum Mehrfachkunden einer Tankstelle wird, hat der Senat in seinen Urteilen vom 6. August 1997 nicht festgelegt. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß als Stamm- bzw. Mehrfachkunde einer Tankstelle jedenfalls der Kunde zu gelten hat, der mindestens zwölfmal pro Jahr an derselben Tankstelle tankt. Diese tatrichterliche Beurteilung weist keinen Rechtsfehler auf. Sie hält sich im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung (Senatsurteile vom 6. August 1997 – VIII ZR 92/96, aaO, unter B I 2 d sowie VIII ZR 91/96, unveröffentlicht, unter B I 2 b; ebenso Senatsurteil vom 8. Juli 1998 – VIII ZR 142/97, unveröffentlicht unter II 2).

b) Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht den Anteil der Stammkunden und den auf diese entfallenden Umsatzanteil gemäß § 287 Abs. 2 ZPO geschätzt hat. Zu Unrecht meint die Revision, daß das Berufungsgericht eine Schätzung deshalb nicht hätte vornehmen dürfen, weil der Kläger die Anzahl seiner Stammkunden nicht konkret dargelegt habe.

aa) Zutreffend ist allerdings, daß die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 HGB dem Handelsvertreter obliegt (vgl. BGHZ 135, 14, 24). Dies gilt auch für den Tankstellenhalter, der somit darzulegen und zu beweisen hat, welcher Anteil am Umsatz bzw. an den Provisionseinnahmen in der Zeit vor der Vertragsbeendigung auf Geschäfte mit Mehrfachkunden entfiel (Senatsurteil vom 6. August 1997 – VIII ZR 150/96, aaO).

Im Hinblick auf die tatsächlichen Schwierigkeiten, in dem anonymen Massengeschäft einer Tankstelle den Stammkundenumsatzanteil konkret zu ermitteln, hat der Senat jedoch in diesem Bereich eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zugelassen, die dem Kläger sowohl die Darlegung als auch die Beweisführung erleichtert (Senatsurteile vom 6. August 1997, aaO, unter B I 1 c bzw. B I 2 c; vgl. auch bereits BGHZ 34, 310, 320 und BGHZ 59, 125, 130 zum Ausgleichsanspruch des Bausparkassenvertreters). Zudem hat der Senat die Schätzung des Stammkundenumsatzanteils dadurch erleichtert, daß er hierfür auch die Verwendung statistischen Materials gebilligt hat (Senatsurteile vom 6. August 1997, aaO).

bb) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß eine zuverlässige Ermittlung des Stammkundenumsatzanteils mit Hilfe von Kundenerfassungslisten oder Kundenbefragungen für den Kläger nicht möglich und deshalb eine Schätzung auf der Grundlage allgemeiner statistischer Daten zulässig war. Soweit die Revision dem entgegenhält, daß der Kläger einer Erleichterung seiner Darlegungs- und Beweislast nicht bedürfe, weil er „unstreitig über eine Liste seiner Stammkunden verfüge”, ist nicht dargetan, in welchem Schriftsatz sich entsprechender Sachvortrag, den das Berufungsgericht übergangen hätte, befinden soll. Aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ist entgegen der Auffassung der Revision nicht zu entnehmen, daß der Kläger über eine vollständige Liste seiner Stamm- bzw. Mehrfachkunden (im oben dargelegten Sinn) verfügt, auf deren Grundlage der auf diese Kunden entfallende Kraftstoffumsatz hätte genauer berechnet oder geschätzt werden können als auf der Grundlage allgemeiner statistischer Daten.

cc) Unzutreffend ist die Auffassung der Revision, das Berufungsgericht hätte seiner Schätzung des Stammkundenumsatzanteils die in Pressemitteilungen der ARAL AG veröffentlichten Ergebnisse von Repräsentativbefragungen deshalb nicht zugrunde legen dürfen, weil dem Gericht – ebenso wie den Parteien – die Befragungsunterlagen nicht vorgelegen hätten und ohne Kenntnis der vollständigen Befragungsunterlagen weder Methode noch Ergebnis einer solchen Befragung gewürdigt werden könnten.

Der Senat hat die Verwertung der ARAL-Information vom 14. November 1988 über eine von diesem Mineralölunternehmen in Auftrag gegebene, vom Allensbach-Institut durchgeführte Repräsentativbefragung als Grundlage für eine Schätzung des Stammkundenumsatzanteils bereits in seinem Urteil vom 6. August 1997 gebilligt (VIII ZR 150/96, aaO, unter B I 1 c) und daran auch später festgehalten (Urteil vom 8. Juli 1998 – VIII ZR 142/97, unveröffentlicht, unter I 1). Für die von der ARAL AG im Jahr 1997 veröffentlichten Ergebnisse der aktuelleren Untersuchung des MAFO-Instituts gilt nichts anderes. Zu Unrecht meint die Beklagte, diese Repräsentativbefragungen könnten nur für ARAL-Tankstellen und nicht für Tankstellen der Beklagten herangezogen werden. Diese Vorbehalte gegenüber einer Verwertung dieser Untersuchungen sind vom Senat – hinsichtlich der Allensbach-Studie von 1987 – bereits in seinem die Beklagte betreffenden Urteil vom 6. August 1997 (VIII ZR 90/96, unveröffentlicht, unter B I 2 c) für unbegründet erachtet worden. Auch insoweit gilt für die neuere MAFO-Studie nichts anderes.

dd) Statistische Daten wie die in den Presse-Mitteilungen der ARAL AG veröffentlichten und vom Berufungsgericht verwerteten Ergebnisse einer vom Allensbach-Institut im Jahr 1987 und vom MAFO-Institut im Jahr 1996 durchgeführten Repräsentativbefragung über die Tankgewohnheiten der Pkw-Fahrer besitzen allerdings wegen der ihrer Erhebung zugrundeliegenden Fragestellung nur eine eingeschränkte Aussagekraft für den prozentualen Anteil der Stammkundschaft an der Gesamtkundschaft einer bestimmten Tankstelle und für den auf die Stammkunden entfallenden Umsatzanteil. Statistisch sichere Aussagen über den Kundenkreis einzelner Tankstellen lassen sich aus solchen Untersuchungen nicht ableiten (so bereits Senatsurteile vom 6. August 1997, aaO). Deren Ergebnisse können deshalb – als gewisser Anhaltspunkt – für eine Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an einer bestimmten Tankstelle nur dann herangezogen werden, wenn konkrete Daten, die eine individuellere Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an dieser Tankstelle ermöglichen, nicht zur Verfügung stehen und mit vertretbarem Aufwand auch nicht zu beschaffen sind. Davon sind die Senatsurteile vom 6. August 1997 (aaO) ausgegangen, in denen die Verwertung solchen statistischen Materials gebilligt wurde. Auch der vorliegende Fall bietet noch keinen Anlaß, die Verwendung statistischen Materials deshalb zu mißbilligen, weil eine konkretere, fallbezogene Schätzung des Stammkundenumsatzanteils möglich gewesen wäre.

In Zukunft dürfte jedoch eine Darlegung konkreter Anhaltspunkte für eine fallbezogene Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an einer bestimmten Tankstelle aufgrund fortschreitender elektronischer Erfassung der Zahlungsvorgänge weniger schwierig und daher von dem Tankstellenhalter auch zu verlangen sein, so daß sich eine Heranziehung des weniger aussagekräftigen statistischen Materials weitgehend erübrigen kann. Die Anonymität des Massengeschäfts an einer Selbstbedienungstankstelle steht einer konkreten Darlegung des Stammkundenumsatzanteils jedenfalls insoweit nicht entgegen, als es um den Teil der Kundschaft geht, der nicht mehr mit Bargeld, sondern mit den inzwischen weit verbreiteten Kreditkarten oder vergleichbaren Karten (z.B. EC-Karten) bezahlt. Über diese Zahlungsvorgänge werden Belege ausgedruckt, welche zumindest die Kartennummer und die Tankmenge ausweisen und die mit Hilfe eines entsprechenden Datenverarbeitungsprogramms daraufhin ausgewertet werden können, ob mit diesen Karten in einem bestimmten Zeitraum mehrfach getankt wurde. Zugleich lassen sich mit Hilfe der Zahlungsbelege auch die „Laufkunden” unter den Kartenbenutzern erfassen, so daß sich der Umsatzanteil der Mehrfachkunden am Gesamtumsatz der Kartenkundschaft für einen bestimmten Zeitraum errechnen läßt. Auf dieser Grundlage kann eine auf die konkreten Verhältnisse im letzten Vertragsjahr bezogene Schätzung einsetzen, indem der Stammkundenumsatzanteil innerhalb der Kartenkunden hochgerechnet wird auf den Gesamtumsatz des letzten Vertragsjahres, falls keine Anhaltspunkte dafür sprechen, daß dieses Verhältnis bei den anonymen „Barzahlern” wesentlich anders ist als innerhalb der Kartenkundschaft. Selbst wenn bei dieser tatrichterlichen Schätzung noch weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen und Detailprobleme zu lösen wären, könnte auf diese Weise die Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an die tatsächlichen Verhältnisse einer bestimmten Tankstelle stärker angenähert werden, als dies bei einer Verwendung allgemeinen statistischen Materials der Fall sein kann.

Im vorliegenden Fall bestand jedoch diese Möglichkeit einer konkreten, fallbezogenen Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an der Tankstelle des Klägers noch nicht. Es ist weder festgestellt noch vorgetragen, daß der Kläger in der Zeit vor Vertragsbeendigung über Software verfügte, mit deren Hilfe eine maschinelle Auswertung der ausgedruckten Zahlungsbelege möglich gewesen wäre. Eine manuelle Auswertung dieser Zahlungsbelege war dem Kläger wegen des damit verbundenen Aufwandes an Zeit und Kosten jedenfalls nicht zuzumuten. Inzwischen dürfte jedoch für eine Auswertung der Zahlungsbelege geeignete Software ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu beschaffen sein, wenn diese nicht mittlerweile bereits Bestandteil der für die Buchhaltung von Tankstellen verwendeten EDV-Programme geworden ist.

c) Die vom Berufungsgericht auf der Grundlage der Ergebnisse der Allensbach-Studie und der MAFO-Studie vorgenommene Schätzung des Stammkundenumsatzanteils kann jedoch keinen Bestand haben.

aa) Das Berufungsgericht läßt dahingestellt, ob der Schätzung die Ergebnisse der Allensbach-Studie von 1987 oder der aktuelleren MAFO-Studie von 1996 zugrunde zu legen sind. Es meint, aus beiden Studien errechne sich ein höherer Stammkundenumsatzanteil, als der Kläger behauptet hat. Die Revision rügt mit Recht, daß dies nicht zutrifft. Weder aus der einen noch aus der anderen Studie ist ein Stammkundenumsatzanteil von mindestens 92 % herzuleiten.

Das Berufungsgericht hat bei seiner Berechnung fehlerhaft den in den Studien ermittelten prozentualen Anteil der befragten Pkw-Fahrer, die eine oder bis zu drei Stammtankstellen haben, mit dem prozentualen Anteil der Stammkundschaft an der Gesamtkundschaft einer Durchschnittstankstelle gleichgesetzt. Dabei hat das Berufungsgericht nicht beachtet, daß bei einer Übertragung der Ergebnisse der demoskopischen Befragungen auf die Verhältnisse einer Durchschnittstankstelle in Deutschland der prozentuale Umsatzanteil, der an dieser Tankstelle auf eine der drei Kundengruppen (Mehrfachkunden mit einer Stammtankstelle, Mehrfachkunden mit zwei oder drei Stammtankstellen, Laufkunden) entfällt, unter den dabei zu unterstellenden Voraussetzungen nicht größer sein kann als der in der Repräsentativbefragung ermittelte Anteil dieser Kundengruppe an der Gesamtheit der Pkw-Fahrer.

Bei der Betrachtung einer Durchschnittstankstelle muß die Annahme zugrunde gelegt werden, daß zwischen den drei Kundengruppen kein Unterschied hinsichtlich der von ihnen jährlich getankten Menge Kraftstoff besteht und daß sich die Kunden der drei Kundengruppen jeweils gleichmäßig über alle Tankstellen verteilen. Die Autofahrer, die mehrere Tankstellen aufsuchen (Laufkunden oder Kunden mit mehr als einer Stammtankstelle), sind also gedanklich auf die übrigen Tankstellen zu verteilen. Daraus ergibt sich, daß der prozentuale Anteil der Kunden, die mehrere Tankstellen aufsuchen, an der Kundschaft der Durchschnittstankstelle größer ist als ihr Anteil an der Gesamtheit der Pkw-Fahrer. Umgekehrt ist der prozentuale Anteil der Kunden mit nur einer Stammtankstelle an der Kundschaft der Durchschnittstankstelle niedriger als ihr Anteil an den Pkw-Fahrern insgesamt.

Gäbe es zum Beispiel in einem abgegrenzten Gebiet zwei Tankstellen und vier Autofahrer, von denen nach einer Befragung zwei Autofahrer (50 %) „Stammtanker” je einer der beiden Tankstellen sind, während die anderen beiden Autofahrer (ebenfalls 50 %) gleichmäßig wechseln, so hätte jede der beiden Tankstellen einen Stammkunden (also nur 33 % ihrer Gesamtkundschaft) und zwei Laufkunden (66,6 %). Ihren Umsatz erzielte jede der beiden Tankstellen aber zu 50 % mit dem einen Stammkunden, der seinen gesamten Bedarf dort deckt, und zu ebenfalls 50 % mit den beiden Laufkunden, die jeweils die Hälfte ihres Bedarfs dort decken. Das Beispiel zeigt, daß bei der Berechnung des Umsatzes der Durchschnittstankstelle nicht angenommen werden kann, daß der mit den „Stammtankern” erzielte Umsatzanteil deshalb größer ist, weil diese an der Durchschnittstankstelle häufiger tanken als deren Laufkunden. Die geringere Tankhäufigkeit des einzelnen Laufkunden wird dadurch ausgeglichen, daß eine größere Anzahl von Laufkunden die Tankstelle aufsucht. Soweit hiervon abweichend der Senat in seinen Urteilen vom 6. August 1997 (aaO unter B II 2 bzw. B I 2 d) davon ausgegangen ist, daß der Anteil der „Stammtanker” im Sinne der Umfrage mit dem Stammkundenanteil einer einzelnen Tankstelle gleichzusetzen ist, wird daran nicht festgehalten.

Unter den vorstehend dargelegten Voraussetzungen kann der prozentuale Umsatzanteil, der an einer Durchschnittstankstelle auf „Stammtanker” im Sinne der Umfragen entfällt (also Pkw-Fahrer mit bis zu drei Stammtankstellen), nach der Allensbach-Studie 84 % und nach der aktuelleren MAFO-Studie 73 % nicht übersteigen. Schon wegen dieser unterschiedlichen Ergebnisse durfte das Berufungsgericht nicht offenlassen, welche der beiden Studien es seiner Schätzung zugrunde legen will.

bb) Das Berufungsgericht hat ferner nicht beachtet, daß der in den Umfragen ermittelte Anteil der „Stammtanker” an der Gesamtheit der Pkw-Fahrer auch nicht unbesehen mit dem Stammkundenumsatzanteil an der Tankstelle des Klägers gleichzusetzen ist, sondern nur eine Grundlage für die Schätzung des Stammkundenumsatzanteils sein kann (Senatsurteile vom 6. August 1997, aaO, unter B I 1 c bzw. B I 2 c aa). Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß auch Stammkunden nicht ihren gesamten Bedarf an ihrer Stammtankstelle decken (können), weil sie (z.B. auf Reisen) einen Teil ihres Bedarfs woanders decken (müssen). Nach der vom Berufungsgericht ergänzend herangezogenen MAFO-Studie tanken auch die Pkw-Fahrer, die eine oder mehrere Stammtankstellen haben, an diesen nur vier von fünfmal. Dieser Umstand kann einen entsprechenden Abzug bei der Schätzung des Stammkundenumsatzanteils rechtfertigen.

2. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, daß das Berufungsgericht den bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs abzusetzenden Provisionsanteil, den der Kläger für „verwaltende” Tätigkeiten erhalten hat, mit 10 % angesetzt hat.

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur solche Provisionen und Provisionsanteile zugrunde zu legen sind, die der Tankstellenhalter als Handelsvertreter für seine („werbende”) Vermittlungs- und Abschlußtätigkeit erhält, nicht dagegen Provisionen für vermittlungsfremde („verwaltende”) Tätigkeiten (Senatsurteile vom 6. August 1997, aaO, unter B I 3 bzw. B I 1). Deren Anteil hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei in der vom Kläger zugestandenen Höhe von 10 % aus der Berechnung des Ausgleichsanspruchs ausgeklammert. Das Vorbringen der Beklagten, die – ohne nähere Begründung – einen Verwaltungsanteil von 25 % behauptet hat, ist vom Berufungsgericht zu Recht als nicht hinreichend substantiiert angesehen worden. Dies geht zu Lasten der Beklagten, die für den von ihr behaupteten höheren Provisionsanteil für „verwaltende” Tätigkeiten, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, darlegungs- und beweispflichtig ist (Senatsurteile vom 6. August 1997, aaO m.w.Nachw.).

Zwar trägt grundsätzlich der Kläger, der einen Ausgleichsanspruch geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für dessen Voraussetzungen und damit auch dafür, daß der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nur solche Provisionsanteile zugrunde liegen, die auf seine werbende Tätigkeit entfallen (BGH, Urteil vom 28. April 1988 – I ZR 66/87, WM 1988, 1204 unter II 2 b). Wenn aber – wie hier – in dem von der Beklagten vorgegebenen Vertrag nicht geregelt ist, in welchem Umfang mit den Provisionen bestimmte Tätigkeiten vergütet werden, dann obliegt es der Beklagten, im Fall einer Auseinandersetzung um die Auslegung des von ihr vorformulierten Vertrags im einzelnen darzulegen, welche Aufteilung der Provision nach dem Vertrag angemessen ist, wenn sie von der Beurteilung ihres Vertragspartners abweichen will (BGH, aaO). An dieser Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat (Senatsurteile vom 6. August 1997, aaO), wird festgehalten. Die Beklagte durfte sich deshalb nicht damit begnügen, den vom Kläger behaupteten Provisionsanteil für „werbende” Tätigkeit zu bestreiten, wenn sie einen Verwaltungsanteil von mehr als 10 % berücksichtigt haben wollte.

3. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, daß das Berufungsgericht im Rahmen der Prognose nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB den Provisionsverlust des Klägers nach Vertragsbeendigung auf insgesamt 150 % der letzten Jahresprovision geschätzt hat.

Die der Prognose der Provisionsverluste vorangehende Frage, wie viele Stammkunden (Mehrfachkunden) nach Vertragsbeendigung jährlich abwandern, ist selbst Gegenstand einer Prognose und damit einer Schätzung (§ 287 Abs. 2 ZPO), die auf den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung auszurichten ist (Senatsurteil vom 6. August 1997 – VIII ZR 92/96, aaO unter B I 3 a). Maßgebend für diese Schätzung sind vorrangig die konkreten Verhältnisse während der Vertragszeit (Senatsurteil vom 26. Februar 1997 – VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503 unter C II 2, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 135, 14). Läßt sich die Abwanderungsquote mangels ausreichender Anhaltspunkte für die Kundenbewegungen während der Vertragszeit nicht konkret ermitteln, dann kann auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden (aaO).

Von den Tatsachengerichten und den beteiligten Verkehrskreisen ist in einer beträchtlichen Anzahl von Ausgleichsberechnungen eine Abwanderungsquote von 20 % als Erfahrungswert zugrunde gelegt worden (so schon Senatsurteile vom 6. August 1997, aaO). Es verbietet sich aber, bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs Abwanderungsverluste schematisch mit einer Quote von jährlich 20 % und – demgemäß – einen Prognosezeitraum von vier Jahren anzusetzen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß im Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses aufgrund der Kundenbewegungen während der Vertragszeit oder anderer konkreter Umstände mit einer stärkeren oder geringeren Abwanderung der vom Handelsvertreter geworbenen Stammkunden zu rechnen war (Senatsurteil vom 15. September 1999 – VIII ZR 137/98, NJW-RR 2000, 109 unter II 3).

Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat seiner Schätzung der Provisionsverluste rechtsfehlerfrei eine höhere Abwanderungsquote als (jährlich) 20 % zugrunde gelegt, weil der Kläger ein halbes Jahr nach Vertragsbeendigung – wie bereits absehbar war – in der Nähe der Tankstelle der Beklagten eine freie Tankstelle als Konkurrenz zu seiner früheren Tankstelle eröffnet hat, woraufhin deren Umsätze stark zurückgegangen sind. Die daraus vom Berufungsgericht hergeleitete Annahme einer höheren Abwanderungsquote und entsprechend niedrigerer Provisionsverluste des Klägers ist sachgerecht und steht auch im Einklang mit der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsurteil vom 15. September 1999 – VIII ZR 137/98, NJW-RR 2000, 109 unter II 3). Im vorliegenden Fall lag es nach den Umständen besonders nahe, daß der Kläger einen Teil seines bisherigen Kundenstammes zu seiner neuen Tankstelle, an welcher der Kraftstoff preisgünstiger war, mitnehmen würde. Die Mitnahme des Kundenstammes durch den Handelsvertreter ist ein gewichtiger Umstand, der den Ausgleichsanspruch schmälert, denn die Rechtfertigung für den Ausgleichsanspruch liegt nach den gesetzgeberischen Motiven zu § 89 b HGB gerade darin, daß der Handelsvertreter den von ihm geschaffenen Kundenstamm bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht in die neue Vertretung einbringen kann (BT-Drucks. I/3856, S. 33, Sp. 2 oben).

Zu Unrecht rügt die Revision eine Verletzung des § 286 ZPO mit der Begründung, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung zugrunde gelegt, daß ein beliebiger Dritter eine in der Nähe gelegene Tankstelle eröffne, und nicht berücksichtigt, daß dies der Kläger selbst war und deshalb – wegen der persönlichen Bindung des Kunden an den Service des Klägers – von noch höheren Abwanderungen als bei einem Dritten ausgegangen werden müsse. Das Berufungsgericht hat diesen Umstand nicht übersehen, sondern die Abwanderung von Kunden, die den persönlichen Service des Klägers schätzen, ausdrücklich in die Würdigung einbezogen. Die vom Berufungsgericht unter Berücksichtigung dieser Umstände vorgenommene Schätzung der Provisionsverluste auf 70 % im ersten Jahr nach Vertragsbeendigung und in den Folgejahren auf 45 %, 25 % und 10 %, insgesamt also 150 %, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

4. Zu Recht rügt die Revision jedoch die vom Berufungsgericht vorgenommene Billigkeitsprüfung (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB) als verfahrensfehlerhaft (§ 286 ZPO).

Hier läßt es das Berufungsgericht mit der hypothetischen Hilfserwägung bewenden, daß ein Billigkeitsabschlag von 25 % gerechtfertigt wäre, wenn der Umstand, daß der Kläger eine benachbarte Tankstelle eröffnete, nicht bereits im Rahmen der Bemessung der Provisionsverluste zu berücksichtigen gewesen wäre. Bei seiner weiteren, nicht näher begründeten Beurteilung, daß aus anderen Gründen für einen Billigkeitsabschlag gemäß § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB kein Raum sei, setzt sich das Berufungsgericht mit dem Streitstoff nicht hinreichend auseinander (§ 286 ZPO).

Das Landgericht hat einen Billigkeitsabschlag in Höhe von 50 % mit der Begründung für gerechtfertigt gehalten, daß ein Teil der vom Kläger geworbenen Stammkunden zum Kaufentschluß durch die Lage der Tankstelle oder die Wirkung der Marke motiviert worden sei. Insoweit hat die Beklagte das Urteil des Landgerichts in ihrer Berufungsbegründung verteidigt. Das Berufungsurteil läßt eine Auseinandersetzung mit diesem Gesichtspunkt vermissen.

Zwar obliegt die Feststellung und die Würdigung der im Rahmen der Billigkeit zu berücksichtigenden Umstände grundsätzlich dem Tatrichter. Ein für die Billigkeit maßgeblicher Umstand ist nach ständiger Rechtsprechung darin zu sehen, daß die Verkaufsbemühungen eines Handelsvertreters oder Vertragshändlers in nicht unerheblichem Maße durch die von der Marke des Produkts ausgehende „Sogwirkung” gefördert werden (Senatsurteil vom 5. Juni 1996 – VIII ZR 7/95, NJW 1996, 2302 unter B I 4 m.Nachw.). Daher gehört die Abwägung der Ursächlichkeit von werbender Tätigkeit des Händlers oder Handelsvertreters einerseits und der „Sogwirkung” der Marke andererseits im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB zum Kernbereich des tatrichterlichen Schätzungsermessens (Senatsurteile vom 26. Februar 1997 – VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503 unter C I 4 insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 135, 14, und 5. Juni 1996 – VIII ZR 141/95, NJW 1996, 2298 unter B I 3); das aber auch ausgeübt werden muß. Eine derartige Abwägung hat das Berufungsgericht versäumt.

III.

Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zum Stammkundenumsatzanteil getroffen werden können und das Berufungsgericht Gelegenheit erhält, die Billigkeitsprüfung unter dem Gesichtspunkt der „Sogwirkung” der Marke nachzuholen.

 

Unterschriften

Dr. Deppert, Ball, Wiechers, Dr. Wolst, Dr. Frellesen

 

Fundstellen

Nachschlagewerk BGH

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