Leitsatz (amtlich)

a) Die Einziehung abgetretener Forderungen gegen hälftige Beteiligung am Ertrag stellt, wenn sie geschäftsmäßig erfolgt, eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar.

b) Ob eine für die Geschäftsmäßigkeit des Handelns erforderliche Wiederholungsabsicht besteht, unterliegt der dem Tatrichter vorbehaltenen Würdigung aller Umstände, die das Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüfen kann.

c) An der Wiederholungsabsicht kann es im Ausnahmefall auch bei Vereinbarung eines erfolgsabhängigen Entgelts sowie im Falle einer Inkassotätigkeit für einen größeren Personenkreis (hier: 20 Fälle) fehlen, z.B. bei einer Inkassotätigkeit gegen einen Schuldner und aus demselben Schuldgrund (hier: Abfindungsansprüche gegen eine umgewandelte LPG).

 

Normenkette

RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

OLG Naumburg (Beschluss vom 29.10.2003; Aktenzeichen 2 Ww 21/03)

AG Dessau

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Senats für Landwirtschaftssachen des OLG Naumburg v. 29.10.2003 wird auf Kosten der Antragsgegnerin, die dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 448,53 EUR.

 

Gründe

I.

G. B. war Mitglied der LPG T. -T. -R. (im Folgenden: LPG), der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, aus der er 1991, vor der Umwandlung, ausschied. Mit Vertrag v. 26.12.2001 verpflichtete sich der Antragsteller ggü. G. B., dessen Ansprüche gegen die Antragsgegnerin auf eigene Kosten gerichtlich durchzusetzen. Der Ertrag sollte hälftig geteilt werden. Dementsprechend trat G. B. seine Abfindungsansprüche am selben Tag an den Antragsteller ab.

Inhaltsgleiche Abreden traf der Antragsteller Ende Dezember 2001 mit 19 weiteren ehemaligen Mitgliedern der LPG oder deren Erben. Bereits 1995 hatte sich der Antragsteller Ansprüche eines LPG-Mitglieds abtreten lassen und diese ggü. der Antragsgegnerin gerichtlich geltend gemacht.

Aus abgetretenem Recht von G. B. hat der Antragsteller zunächst Zahlung von 1.660,60 EUR nebst Zinsen von der Antragsgegnerin verlangt. Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das OLG hat dem auf Zahlung von 587,17 EUR nebst Zinsen reduzierten Antrag i.H.v. 448,53 EUR stattgegeben. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der die Antragsgegnerin die Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts erstrebt. Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

Das Beschwerdegericht hält die Abtretung des Abfindungsanspruchs von G. B. gegen die Antragsgegnerin gem. § 44 Abs. 1 Nr. 3 LwAnpG an den Antragsteller für wirksam. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz sei nicht gegeben, da der Antragsteller nicht geschäftsmäßig gehandelt habe. Dieser könne daher den nach Grund und in der zuerkannten Höhe unstreitigen Anspruch gegen die Antragsgegnerin geltend machen.

III.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.

1. Dass G. B. infolge seines Ausscheidens aus der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin gegen diese einen Abfindungsanspruch nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 LwAnpG i.H.v. 448,53 EUR zusteht, stellt die Rechtsbeschwerde nicht in Frage. Rechtsfehler sind dem Beschwerdegericht, das sich bei der Berechnung des Anspruchs auf die übereinstimmenden Angaben der Beteiligten gestützt hat, auch nicht unterlaufen.

2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich allein gegen die Auffassung des Beschwerdegerichts, die Abtretungsvereinbarung stelle keinen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz dar und sei daher wirksam. Dies ist indes aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

a) Allerdings stellt die Einziehung abgetretener Forderungen nach Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar, die, wenn sie geschäftsmäßig erfolgt, ohne Erlaubnis nicht betrieben werden darf. Dass der Antragsteller im konkreten Fall an dem eingezogenen Betrag hälftig beteiligt werden sollte, macht das Geschäft nicht zu einer eigenen Angelegenheit des Zessionars. Darin liegt lediglich die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für die Inkassotätigkeit (Chemnitz/Johnigk, RBerG, 11. Aufl., Art. 1 § 1 Rz. 100; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rz. 50), ändert aber nichts an dem Fremdcharakter des Geschäfts.

b) Das Beschwerdegericht hat jedoch rechtsfehlerfrei ein geschäftsmäßiges Handeln des Antragstellers verneint.

aa) Mit dem Begriff der Geschäftsmäßigkeit soll nicht allgemein ein irgendwie geartetes Handeln im geschäftlichen Verkehr erfasst, sondern die erlaubnisfreie Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in vereinzelten Sonderfällen abgegrenzt werden von einer darauf gerichteten Geschäftstätigkeit (BGH, Urt. v. 28.2.1985 - I ZR 191/82, MDR 1985, 735 = WM 1985, 1214 [1215]; Urt. v. 9.4.2000 - X ZR 228/00, BGHReport 2002, 703 = MDR 2002, 1138 = NJW 2002, 2104 [2105]). Geschäftsmäßig handelt deshalb nur, wer beabsichtigt, die Tätigkeit - sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit - in gleicher Art zu wiederholen, um sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen (BGH v. 26.7.2001 - III ZR 172/00, BGHZ 148, 313 [317] = MDR 2001, 1324 = BGHReport 2001, 887; Urt. v. 5.6.1985 - IVa ZR 55/83, MDR 1985, 1006 = NJW 1986, 1050 [1051]; Urt. v. 17.2.2000 - IX ZR 50/98, MDR 2000, 794 = NJW 2000, 1560 [1561]; Urt. v. 27.11.2000 - II ZR 190/99, MDR 2001, 444 = BGHReport 2001, 216 = NJW 2001, 756 f.). Denn das Gesetz will zum Schutz der Rechtsuchenden und im allgemeinen Interesse an einer zuverlässigen Rechtspflege der Gefahr vorbeugen, dass die geschäftsmäßige, insb. im Rahmen der Ausübung eines Berufs erfolgende Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten an ungeeignete oder unzuverlässige Personen gerät (BVerfG v. 20.2.2002 - 1 BvR 423/99, 1 BvR 821/00, 1 BvR 1412/01, NJW 2002, 1190; BGHZ 62, 234 [240]; Urt. v. 28.2.1985 - I ZR 191/82, MDR 1985, 735 = WM 1985, 1214 [1215]; Urt. v. 9.4.2002 - X ZR 228/00, BGHReport 2002, 703 = MDR 2002, 1138 = NJW 2002, 2104 [2105]; Chemnitz/Johnigk, RBerG, 11. Aufl., Art. 1 § 1 Rz. 18; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rz. 11, jeweils m.w.N.).

bb) Erforderlich ist danach die Feststellung, dass der Antragsteller die Absicht hatte, über die ihm Ende Dezember 2001 abgetretenen Ansprüche von insgesamt 20 ehemaligen LPG-Mitgliedern hinaus zukünftig weitere Forderungen für Dritte einzuziehen. Eine solche Absicht folgt - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht allein zwingend daraus, dass der Antragsteller mit den Zedenten jeweils ein erfolgsabhängiges Entgelt vereinbart hat. Eine solche Honorarvereinbarung kann zwar, je nach den Umständen des Einzelfalls, für die Annahme einer Wiederholungsabsicht und damit für das Vorliegen geschäftsmäßigen Handelns ausreichen (BGH v. 26.7.2001 - III ZR 172/00, BGHZ 148, 313 [317] = MDR 2001, 1324 = BGHReport 2001, 887; Urt. v. 5.6.1985 - IVa ZR 55/83, MDR 1985, 1006 = NJW 1986, 1050 [1051]; Chemnitz/Johnigk, RBerG, 11. Aufl., Art. 1 § 1 Rz. 104; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rz. 61). Anders ist es jedoch dann, wenn nur ausnahmsweise aus besonderen Gründen eine Forderungseinziehung auf fremde Rechnung vorgenommen wird (BGH, Urt. v. 28.2.1985 - I ZR 191/82, MDR 1985, 735 = WM 1985, 1214 [1215]; Urt. v. 1.12.1994 - III ZR 93/93, NJW 1995, 1025 [1027]; Urt. v. 27.11.2000 - II ZR 190/99, MDR 2001, 444 = BGHReport 2001, 216 = NJW 2001, 756 [757]; Urt. v. 9.4.2002 - X ZR 228/00, BGHReport 2002, 703 = MDR 2002, 1138 = NJW 2002, 2104 [2105]). Ein solcher Ausnahmefall kann auch dann vorliegen, wenn die Inkassotätigkeit, wie hier, für einen größeren Personenkreis erfolgen soll (BGH, Urt. v. 1.12.1994 - III ZR 93/93, NJW 1995, 1025 [1027]; Urt. v. 27.11.2000 - II ZR 190/99, MDR 2001, 444 = BGHReport 2001, 216 = NJW 2001, 756 [757]) oder wenn der übernommene Forderungsbestand einen erheblichen Umfang hat, wie die Rechtsbeschwerde, allerdings ohne dass dem Feststellungen des Beschwerdegerichts zu Grunde liegen oder verfahrensfehlerhaft unterblieben wären, geltend macht (BGH, Urt. v. 28.2.1985 - I ZR 191/82, MDR 1985, 735 = WM 1985, 1214 [1216]; OLG München v. 25.11.1993 - 29 U 1854/93, OLGReport München 1994, 137 = NJW-RR 1994, 1138).

cc) Die getroffenen Feststellungen tragen die Annahme des Beschwerdegerichts, dass die Abtretungen Ausnahmecharakter haben, weil sie von vornherein auf einen engen Personenkreis und einen fest umrissenen Forderungsbestand begrenzt und deshalb nicht auf Wiederholung angelegt waren. Zumindest sind sie als mögliche tatrichterliche Würdigung (BGH v. 26.7.2001 - III ZR 172/00, BGHZ 148, 313 [318] = MDR 2001, 1324 = BGHReport 2001, 887) fehlerfrei und damit von der Rechtsbeschwerde hinzunehmen.

Der Ausnahmecharakter ergibt sich daraus, dass die Abtretungen den Antragsteller in die Lage versetzen sollten, gegen die Antragsgegnerin gerichtete Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz vor deren vermeintlicher Verjährung am 31.12.2001 gerichtlich geltend zu machen. Waren nach Auffassung des Antragstellers derartige Ansprüche zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr durchsetzbar, dann besteht kein zwingender Grund für die Annahme, er habe vor, - wie bereits einmal in der Vergangenheit - auch in Zukunft entsprechende Forderungen anderer ehemaliger LPG-Mitglieder einzuziehen. Es sind weder Anhaltspunkte festgestellt noch verweist die Rechtsbeschwerde auf entsprechenden Vortrag der Antragsgegnerin, dass der Antragsteller eine Ausweitung seiner Tätigkeit auf unverjährte Ansprüche mit anderem Inhalt oder gegen andere Schuldner beabsichtigt haben könnte. Es ging allein um Ansprüche gegen die Antragsgegnerin. Dies belegt zusätzlich das Vorbringen der Rechtsbeschwerde, dass sich der Antragsteller bei der Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche die Kenntnisse habe nutzbar machen wollen, die er bei der gerichtlichen Geltendmachung der bereits im Jahr 1995 abgetretenen Forderung erlangt gehabt habe. Diese Kenntnisse, insb. über das für die Verteilung zu Grunde zu legende Eigenkapital, waren nämlich - von wenigen allgemeinen Erfahrungen im Landwirtschaftsanpassungsrecht abgesehen - ausschließlich für das Bestehen und die Höhe von Abfindungsansprüchen gegen die Antragsgegnerin von Bedeutung.

Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, der Antragsteller sei mit den Zedenten weder verwandtschaftlich noch freundschaftlich verbunden, fehlt es an entsprechenden Feststellungen des Beschwerdegerichts. Die Rechtsbeschwerde verweist auch nicht auf Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen hierzu. Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann neuer Sachvortrag indes nicht eingeführt werden. Unabhängig davon wäre der Umstand fehlender persönlicher Beziehungen zwischen Zedenten und Zessionar auch unerheblich. Dabei kann offen bleiben, ob darin nicht gerade ein Indiz für die Absicht zu sehen ist, die rechtsbesorgende Tätigkeit bei Bedarf zu wiederholen (Gross, AnwBl. 1989, 155 f.; Chemnitz/Johnigk, RBerG, 11. Aufl., Art. 1 § 1 Rz. 106; dagegen Henssler/Prütting/Weth, BRAO, 2. Aufl., Art. 1 § 1 RBerG Rz. 39). Jedenfalls setzt die Verneinung der Geschäftsmäßigkeit nicht notwendig voraus, dass die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten wegen des Bestehens enger persönlicher Beziehungen aus Gefälligkeit erfolgt (OLG München v. 25.11.1993 - 29 U 1854/93, OLGReport München 1994, 137 = NJW-RR 1994, 1138). Vielmehr kann es an einer Wiederholungsabsicht aus unterschiedlichen Gründen fehlen, vor allem dann, wenn die rechtsbesorgende Tätigkeit, wie offensichtlich hier, nicht beruflich veranlasst ist und es an einem entsprechenden an die Allgemeinheit gerichteten Angebot fehlt (BGH, Urt. v. 28.2.1985 - I ZR 191/82, MDR 1985, 735 = WM 1985, 1214 [1215]).

Soweit sich die Rechtsbeschwerde auf eine Entscheidung des OLG Dresden (OLG Dresden NL-BzAR 2003, 343) stützt, die die Einziehung abgetretener Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz als geschäftsmäßige Rechtsbesorgung qualifiziert hat, übersieht sie die Unterschiede zum vorliegenden Fall. Zum einen spielten die Gesichtspunkte einer möglichen Verjährung der abgetretenen Ansprüche und einer Verwertung in früheren Verfahren gewonnener Erkenntnisse für die Entscheidung des OLG Dresden keine Rolle. Zum anderen hatte sich der Antragsteller in jenem Verfahren als "Schicksalsgenosse" der LPG-Mitglieder bezeichnet, worin das OLG Dresden ein Indiz für seinen Willen gesehen hat, für einen unbestimmt großen Kreis ehemaliger LPG-Mitglieder rechtsbesorgend tätig zu werden. Hier ist solches nicht festgestellt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1276705

DB 2005, 279

DStZ 2005, 171

NWB 2005, 936

BGHR 2005, 277

NJW-RR 2005, 286

WM 2005, 102

ZAP 2005, 323

MDR 2005, 239

NJ 2005, 80

ZVI 2005, 24

KammerForum 2005, 132

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