Leitsatz (amtlich)

Zum notwendigen Inhalt einer Berufungsbegründung (im Anschluss an BGH, Urt. v. 24.6.2003 - IX ZR 228/02, NJW 2003, 3345).

 

Normenkette

ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nrn. 2-3

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Beschluss vom 05.12.2013; Aktenzeichen I-24 U 90/13)

LG Duisburg (Entscheidung vom 25.03.2013; Aktenzeichen 12 O 47/12)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 24. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 5.12.2013 wird auf Kosten des Klägers verworfen.

Wert: 25.946 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Parteien streiten um eine vertragliche Entschädigung wegen mieterseitigen Verdienstausfalls infolge von Umbaumaßnahmen durch den Vermieter. Der Kläger ist Mieter von Räumlichkeiten im von der Beklagten betriebenen Krankenhaus und betreibt darin einen Friseursalon.

Rz. 2

Im von der Vormieterin des Klägers abgeschlossenen Mietvertrag (§ 5 Abs. 1) wurde vereinbart, dass die Beklagte bei zeitlich begrenzter Einschränkung oder völligem Stillstand des Gewerbebetriebs durch die Umbaumaßnahmen den durch den Steuerberater nachzuweisenden Verdienstausfall für die Dauer einer eventuellen Geschäftsbeeinträchtigung oder eines Geschäftsstillstands trägt. In der Folgezeit ließ die Beklagte Umbaumaßnahmen durchführen, welche mit einer Schließung des neben dem vermieteten Ladenlokal gelegenen Hintereingangs des Krankenhauses verbunden waren.

Rz. 3

Mit der Klage begehrt der Kläger den Ersatz eines Verdienstausfalls von 22.946 EUR für die Zeit von Juni bis Dezember 2011 nebst Zinsen, den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung weiterer Ersatzansprüche und einer i.H.v. 90 % gerechtfertigten Mietminderung. Hilfsweise hat der Kläger beantragt, seine Berechtigung festzustellen, wegen überzahlter Mieten gegen künftige Mietansprüche aufzurechnen.

Rz. 4

Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers wegen nicht ausreichender Berufungsbegründung verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

Rz. 5

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil keiner der in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulässigkeitsgründe vorliegt. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen, die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO an den Inhalt der Berufungsbegründung zu stellen sind, nicht überspannt.

Rz. 6

1. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen er die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Zwar werden besondere formale Anforderungen insoweit nicht gestellt und erfordert die Berufungsbegründung insb. weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm noch die Schlüssigkeit oder jedenfalls Vertretbarkeit der erhobenen Rügen (BGH, Beschl. v. 22.11.2006 - XII ZB 130/02, FamRZ 2007, 206 m.w.N.). Auch mit diesen Maßgaben genügt die Berufungsbegründung im vorliegenden Fall aber nicht den Anforderungen und ist ein Grund i.S.v. § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben.

Rz. 7

2. Das Berufungsgericht hat zutreffend herausgestellt, dass die angefochtene Entscheidung des LG hinsichtlich des Antrags auf Zahlung einer Entschädigung für Verdienstausfall durch die Berufungsbegründung im Ergebnis nicht in Frage gestellt wird, weil die tragenden Gründe darin nicht vollständig angegriffen worden sind. Die Erwägungen des LG zu Grund und Höhe des Anspruchs sind nur zur Anspruchshöhe angegriffen worden. Dagegen ist der Kläger dem weiteren die Klageabweisung tragenden Grund der landgerichtlichen Entscheidung, dass er eine durch die Baumaßnahme verursachte Beeinträchtigung seines Betriebs nicht dargelegt habe, mit der Berufungsbegründung nicht entgegen getreten.

Rz. 8

Die dagegen von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen sind nicht begründet.

Rz. 9

a) Die Rechtsbeschwerde meint, dass der vom Kläger geführte Berufungsangriff geeignet gewesen sei, die landgerichtliche Argumentation auch zum fehlenden Nachweis des Rückgangs der Kundenfrequenz infolge der Schließung des hinteren Krankenhauseingangs zu Fall zu bringen. Das trifft nicht zu. Das LG hat die Abweisung der Klage bereits darauf gestützt, dass der Kläger ausweislich § 5 Abs. 1 des Mietvertrags habe darlegen und beweisen müssen, dass die Umbaumaßnahmen der Beklagten am hinteren Eingang zur erheblichen Abnahme seines Kundenstroms und somit ursächlich zu einem Rückgang seines Gewinns geführt hätten. Das sei ihm nicht gelungen, weil der Anteil der Kundschaft, den er über den hinteren Eingang bezogen habe, nicht tauglich unter Beweis gestellt worden sei.

Rz. 10

Demgegenüber hat der Kläger in der Berufungsbegründung lediglich gerügt, die Vertragsklausel habe, falls die Auffassung des LG zuträfe, keinen Inhalt. Diese vertragliche Regelung sei angesichts bevorstehender Beeinträchtigungen zur Vereinfachung getroffen worden. In ihr sei ein von den Parteien als wahrscheinlich angesehener Geschehensablauf aufgegriffen und geregelt worden. Die Parteien seien sich über die Qualität der Lage im Haus, die damit verbundene Werbemöglichkeit und auch die Kundenfrequenz offensichtlich einig gewesen und seien, um Streit über die Höhe des Schadens zu vermeiden, der sich gerade bei entgangenem Gewinn in § 252 BGB regelmäßig ergebe, zu dem Ergebnis gekommen, dass hier eine durch einen Fachmann - den Steuerberater - zu erstellende Aufstellung zum Nachweis dienen solle.

Rz. 11

Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen so verstanden, dass es sich nur auf die Begründung des angefochtenen Urteils zur Schadenshöhe bezieht. Das ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat sein Vorbringen ausdrücklich auf die Höhe des Schadens bezogen, was auch mit dem weiteren Zusammenhang der zitierten Ausführungen übereinstimmt. Er hat somit weder vorgetragen, dass die vom LG als nicht nachgewiesen angesehene anspruchsbegründende Beeinträchtigung seines Betriebs durch Rückgang des Kundenstroms allein durch den Verdienstausfall bewiesen werden könne, noch dass die Vertragsklausel für sich genommen bereits die Ersatzpflicht dem Grunde nach festlege und demzufolge nur noch die Höhe zu klären sei.

Rz. 12

b) Selbst wenn man die Begründung aber noch auf den Anspruchsgrund beziehen würde, wäre der Inhalt der Berufungsbegründung nicht ausreichend. Denn die Berufungsbegründung muss nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 3 ZPO die Bezeichnung der Rechtsverletzung und deren Entscheidungserheblichkeit oder konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen begründen, enthalten. Dazu gehört die aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger angreift und welche Gründe er ihnen entgegensetzt (BGH, Urt. v. 24.6.2003 - IX ZR 228/02, NJW 2003, 3345 m.w.N.). Insoweit ist der Berufungsbegründung schon nicht zu entnehmen, ob der Kläger sich gegen die Rechtsauffassung des LG wenden wollte, dass die Beeinträchtigung des Betriebs durch die Schließung des Hintereingangs Anspruchsvoraussetzung sei, oder dagegen, dass das LG etwa zu hohe Anforderungen an den Nachweis der Voraussetzung gestellt habe.

Rz. 13

3. Das Berufungsgericht hat die Berufung wegen der übrigen Anträge ebenfalls verworfen. Das ergibt sich hinsichtlich der Anträge zu 2 (Feststellung weiterer Entschädigungspflicht) und 3 (Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten) aus dem oben Ausgeführten. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Zulässigkeit des Antrags zu 2 vom LG nicht offengelassen, sondern der Antrag ausdrücklich wegen fehlenden Feststellungsinteresses abgewiesen worden. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es hinsichtlich der Klageabweisung als unzulässig ebenfalls an einem hinreichend begründeten Berufungsangriff mangelt.

Rz. 14

Die übrigen Anträge (zu 4 und 5) stehen im Zusammenhang mit dem Antrag auf Zahlung einer Entschädigung. Auch insoweit hat das Berufungsgericht die Berufung zu Recht verworfen. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 8795594

EBE/BGH 2015, 411

FuR 2016, 170

NJW-RR 2016, 80

IBR 2016, 194

NZM 2016, 164

JZ 2016, 72

MDR 2016, 350

MDR 2016, 380

FK 2016, 84

MK 2016, 44

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