Entscheidungsstichwort (Thema)

Genossenschaftsregistersache

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann grundsätzlich Mitglied einer Genossenschaft werden.

 

Normenkette

BGB § 705; GenG § 15

 

Verfahrensgang

BayObLG

LG Weiden i.d.OPf.

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde werden die Verfügungen des Amtsgerichts Weiden vom 2. Mai 1990 und vom 4. Juli 1990 und der Beschluß des Landgerichts Weiden – 1. Kammer für Handelssachen – vom 21. August 1990 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Das Amtsgericht wird angewiesen, über den Antrag der Beschwerdeführerin unter Zurückstellung seiner in den Verfügungen vom 2. Mai 1990 und 4. Juli 1990 geäußerten Bedenken neu zu entscheiden.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Geschäftswert: 5.000,– DM

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte zu 1, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Beteiligten zu 2 und 3, erklärte am 9. März 1990 ihren Beitritt zu der im Genossenschaftsregister des Amtsgerichts Weiden eingetragenen B. Der Vorstand der Genossenschaft ließ den Beitritt zu und reichte die Beitrittserklärung beim Amtsgericht Weiden – Registergericht – zur Eintragung in die Liste der Genossen ein.

Das Registergericht wies durch Verfügungen vom 2. Mai 1990 und 4. Juli 1990 den Antrag zurück, weil nach § 3 a des Genossenschaftsstatuts nur eine Personengesellschaft des Handelsrechts die Mitgliedschaft in der Genossenschaft erwerben und daher eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht in die Liste der Genossen eingetragen werden könne. Die hiergegen von der Genossenschaft eingelegte Beschwerde wies das Landgericht Weiden – Kammer für Handelssachen – durch Beschluß vom 21. August 1991 als unbegründet zurück. Dagegen wendet sich die Genossenschaft mit ihrer weiteren Beschwerde.

Das Bayerische Oberste Landesgericht möchte der weiteren Beschwerde stattgeben, weil das Registergericht bei einer Einreichung zur Eintragung in die Liste der Genossen nicht zu prüfen habe, ob die Zulassung durch den Vorstand dem Statut entspricht, und nach seiner Auffassung jedenfalls eine unternehmerisch tätige landwirtschaftliche oder handwerkliche Familiengesellschaft bürgerlichen Rechts Mitglied einer Genossenschaft sein kann. Es sieht sich daran jedoch durch einen auf weitere Beschwerde ergangenen Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 7. Dezember 1988 (NJW-RR 1990, 742 ff.) gehindert und hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Voraussetzungen für die Vorlage gemäß § 28 Abs. 2 FGG sind gegeben. Mit Recht geht das Bayerische Oberste Landesgericht davon aus, daß bei einer Eintragung in die Liste der Genossen das Registergericht nicht zu prüfen hat, ob die Zulassung des Beitritts durch den Vorstand dem Statut entspricht (RGZ 60, 409, 413; insbes. RGZ 119, 97, 102 f.; BayObLG, Rpfl. 1989, 331, 332; Lang/Weidmüller/Schaffland, GenG 32. Aufl. § 15 Rdn. 42; Müller, GenG 2. Aufl. § 15 Rdn. 52). Es kommt deshalb darauf an, ob die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Mitglied einer eingetragenen Genossenschaft werden kann. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat in dem genannten Beschluß die Ansicht vertreten, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts könne ohne Ausnahme nicht Mitglied einer Genossenschaft werden. Von dieser Entscheidung müßte das vorlegende Gericht abweichen, wenn es der weiteren Beschwerde stattgeben will, weil es die Eintragung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in die Liste der Genossen für zulässig erachtet.

III.

Die weitere Beschwerde ist begründet.

Der Senat beantwortet die der Vorlage des Bayerischen Obersten Landesgerichts zugrundeliegende, in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene Rechtsfrage (zugunsten einer Mitgliedschaftsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts: LG Regensburg, Rpfl. 1990, 259 mit abl. Anm. von Hornung; Hadding, ZfG 41, 62 f.; ders. in Soergel, BGB 11. Aufl. § 718 Rdn. 6; Klaus Müller, GenG 2. Aufl. § 15 Rdn. 14; Schulte, ZfG 37, 290; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 2. Aufl. S. 1495 dagegen: KGJ 36 A, 134; OLG Schleswig aaO; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft 1956 § 14 II 3 b Seite 134; Meyer/Meulenbergh/Beuthien, GenG 12. Aufl. § 15 Rdn. 6; Lang/Weidmüller/Metz, GenG 32. Aufl. § 15 Rdn. 8; Schubert/Steder, Genossenschaftshandbuch Bd. II 1990 § 15 Rdn. 1; Zülow/Schubert/Rosiny, Die Besteuerung der Genossenschaften 7. Aufl. S. 154) in dem Sinne, daß auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundsätzlich Mitglied einer Genossenschaft sein kann.

1. Als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter kann die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach heutiger Auffassung als Teilnehmer am Rechtsverkehr grundsätzlich, d.h. soweit nicht spezielle rechtliche Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen (vgl. statt aller Müko/Ulmer, BGB 2. Aufl. Vor § 705 Rdn. 8 und § 705 Rdn. 129 ff.; Soergel/Hadding aaO § 718 Rdn. 3). Auch ihre grundsätzliche Fähigkeit, Gesellschafter einer juristischen Person zu sein, steht heute nicht mehr in Frage. So kann sich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gründerin oder als spätere Aktionärin an einer Aktiengesellschaft beteiligen. Ebenso kann sie einen Gesellschaftsanteil an einer GmbH erwerben und als Gründungsmitglied einer solchen Gesellschaft eine Stammeinlage übernehmen (BGHZ 78, 311, 312 ff.). Für die Beteiligung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an einer Genossenschaft gilt im Grundsatz nichts anderes.

a) Eine gesetzliche Regel, wonach eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht Mitglied einer Genossenschaft sein könnte, ist den Bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes nicht zu entnehmen. Vielmehr zeigen die §§ 43 Abs. 4, 77, 77 a GenG, daß der Gesetzgeber grundsätzlich von der Möglichkeit ausgeht, daß auch Gesamthandsgemeinschaften Mitglied einer Genossenschaft sein können. Der Schluß, daß das Genossenschaftsgesetz, indem es nur die Personengesellschaften des Handelsrechts und die Erbengemeinschaft ausdrücklich erwähnt, damit anderen Gesamthandsgemeinschaften wie der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Fähigkeit, sich als Mitglied an einer Genossenschaft zu beteiligen, versagen will, wäre nicht gerechtfertigt. Die in § 43 Abs. 4 und §§ 77, 77 a enthaltenen Vorschriften dienen der Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen, nämlich der Regelung der Stimmrechtsausübung, wenn eine persönliche Stimmabgabe aufgrund der Eigenart des betreffenden Mitgliedes nicht in Betracht kommt, sowie der Regelung der möglichen Rechtsfolgen beim Tod eines Genossen oder der Auflösung einer juristischen Person oder Handelsgesellschaft. Eine bewußte Entscheidung des Gesetzgebers für oder gegen die Zulässigkeit einer Mitgliedschaft einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in einer Genossenschaft ist diesen Bestimmungen nicht zu entnehmen. Dies wird auch durch den Umstand belegt, daß das Genossenschaftsgesetz für eine Personengesellschaft des Handelsrechts, die ihren Gewerbebetrieb, z.B. durch Vermietung oder Verpachtung, aufgibt, ohne sich aufzulösen, und dadurch bei Wahrung ihrer Identität zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird (vgl. BGHZ 32, 307, 310 ff., 312; Urt. v. 21. Dezember 1966 – VIII ZR 195/64, NJW 1967, 821, 822), keinen Grund zum Ausscheiden aus der Genossenschaft vorsieht. Ist aber nach dem Gesetz die Fortdauer der Mitgliedschaft einer zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewordenen ehemaligen Handelsgesellschaft möglich, so spricht dies jedenfalls gegen die Annahme, das Gesetz sehe den Beitritt einer solchen Gesellschaft von vornherein als unzulässig an.

b) Auch aus der Besonderheit des genossenschaftlichen Zusammenschlusses lassen sich keine durchgreifenden Bedenken gegen die Mitgliedschaft einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts herleiten. Es trifft zwar zu, daß die eingetragene Genossenschaft auf der persönlichen Mitgliedschaft und nicht lediglich auf einer kapitalmäßigen Beteiligung ihrer Genossen aufbaut. Diese personalistische Ausgestaltung der Genossenschaft bedeutet jedoch lediglich, daß die Genossenschaft im Verhältnis zu ihren Mitgliedern keine eigenen kapitalistischen Ziele verfolgen darf. Die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder darf daher nicht darin bestehen, daß ein aus Geschäften mit einem beliebigen Personenkreis erwirtschafteter Unternehmergewinn den Genossen in Form einer Kapitaldividende zugeleitet wird (Meyer/Meulenbergh/Beuthien aaO § 1 Rdn. 7; RGZ 133, 170, 178). Insofern ist es richtig, daß die Beteiligung des einzelnen Genossen am Gesellschaftsvermögen nicht Voraussetzung, sondern Folge der durch Beitritt bereits wirksam begründeten Mitgliedschaft ist (Meyer/Meulenbergh/Beuthien aaO § 1 Rdn. 2; RGZ 135, 55, 58). Die personalistische Ausgestaltung der Genossenschaft bedeutet aber nicht, daß die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder der Genossenschaft unmittelbar von den Mitgliedern durch persönlichen Einsatz von Arbeit und Kapital zu leisten sei. Ein solches Denken mag zwar der ursprünglichen Idee des Genossenschaftswesens entsprechen oder zumindest nahestehen. Dies ist jedoch nicht die Konzeption des Genossenschaftsgesetzes. Nach dessen § 1 Abs. 2 fördern die Genossen ihren Erwerb und ihre Wirtschaft nicht unmittelbar gegenseitig. Vielmehr ist dies allein Sache der Genossenschaft als solcher. Die Mitgenossen handeln hiervon unabhängig und eigenverantwortlich und treten sich sogar häufig als Wettbewerber gegenüber (Meyer/Meulenbergh/Beuthien aaO § 18 Rdn. 27). Ebensowenig verpflichtet das Genossenschaftsgesetz die Genossen, in Verwaltung und Geschäftsbetrieb der Genossenschaft persönlich mitzuarbeiten. Nach alledem kann nicht zugegeben werden, daß die Rechte und die Pflichten, die die Mitgliedschaft in der Genossenschaft für die einzelnen Genossen mit sich bringt, grundsätzlich nicht auch von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeübt oder erfüllt werden könnten.

2. Auf der anderen Seite sprechen erhebliche praktische Bedürfnisse dafür, auch einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Beteiligung an genossenschaftlichen Zusammenschlüssen und Selbsthilfeeinrichtungen zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für kleinere Handwerksbetriebe und landwirtschaftliche Familiengesellschaften. Abgesehen von der vor allem letzteren weitgehend fremden Möglichkeit, eine GmbH zu gründen, können sie die Vollkaufmannseigenschaft, die Voraussetzung für das Entstehen einer Personengesellschaft des Handelsrechts ist, nur unter der vielfach nicht erfüllten Voraussetzung erwerben, daß ihr Betrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb (§ 2 HGB) erfordert. Andernfalls bleibt ihnen nur der Zusammenschluß zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Hinzu kommt, worauf das vorlegende Gericht zutreffend hinweist, daß die Land- und Forstwirte, denen das Recht zum Erwerb der Kaufmannseigenschaft lediglich wahlweise gegeben ist, die also unter den Voraussetzungen des § 2 HGB berechtigt aber nicht verpflichtet sind, ihre Eintragung im Handelsregister herbeizuführen (§ 3 Abs. 2 HGB), oft eine unverkennbare Scheu davor haben, Kaufmann zu werden und damit der Industrie- und Handelskammer anzugehören, weil dies (neben anderen Gründen) ihrem geschichtlich gewachsenen Verständnis von der Eigenart eines bäuerlichen Betriebes widerspricht. Ebensowenig wäre es sachlich angemessen, Zusammenschlüssen von Angehörigen freier Berufe, wie etwa Anwaltssozietäten oder Praxisgemeinschaften von Ärzten, oder Holding-Gesellschaften den Zutritt zu Kreditgenossenschaften oder Ärztegenossenschaften grundsätzlich zu verwehren (Klaus Müller aaO § 15 Rdn. 14). Der verbleibende Ausweg einer persönlichen Mitgliedschaft jedes einzelnen Gesellschafters der Gesellschaft bürgerlichen Rechts verstieße gegen grundlegende Prinzipien des Genossenschaftswesens. Die Genossen tragen die Genossenschaft wirtschaftlich nur deshalb, um von ihr zugleich als Kunden Förderleistungen für ihr Unternehmen zu empfangen (Meyer/Meulenbergh/Beuthien aaO § 1 Rdn. 45 und 50). Würden mithin diejenigen, die nur gemeinsam ein Unternehmen betreiben, zum Erwerb von Einzelmitgliedschaften genötigt, so würde damit, da Kunde nur das gemeinsam betriebene Unternehmen als solches, nicht aber der einzelne Gesellschafter ist, der genossenschaftliche Grundsatz der Identität von Kunde und Mitglied preisgegeben. Dies würde, da das System und die Zulässigkeit genossenschaftlicher Rückvergütungen auf dieser Identität aufbauen, nicht nur rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten bei der Zahlung von Rückvergütungen auslösen. Die Systemwidrigkeit eines Zwanges zur Einzelmitgliedschaft zeigt sich auch in ihren Auswirkungen auf die Stimmrechtsverhältnisse. Die Mitgliedschaft sämtlicher Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts liefe im Ergebnis unter Störung der in § 43 Abs. 3 GenG vorgesehenen Regelung darauf hinaus, daß sie für ihr Unternehmen in der Generalversammlung der Genossenschaft über ebensoviele Stimmen verfügten wie sie Gesellschafter sind, während andere Genossen, selbst wenn es sich um größere juristische Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechts handelt, nur eine Stimme haben.

3. Bei dieser Sachlage wäre es nur dann gerechtfertigt, Gesellschaften des bürgerlichen Rechts den Beitritt zu einer Genossenschaft generell zu versagen, wenn dieser unvertretbare Behinderungen der Zusammenarbeit in der Genossenschaft nach sich zöge oder überwiegende Gründe des Registerrechts oder des Gläubigerschutzes ein solches Beitrittsverbot erforderten. Dies ist jedoch nicht der Fall.

a) Die Zusammenarbeit innerhalb der Genossenschaft wird durch die Mitgliedschaft einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht in einer Weise erschwert, die angesichts der für die Zulässigkeit einer solchen Mitgliedschaft sprechenden Umstände ein generelles Beteiligungsverbot rechtfertigen könnte. Die Schwierigkeiten, die sich bei der Wahrnehmung der Mitgliedschaft, etwa der Ausübung des Stimmrechts oder der Vertretung der Gesellschaft, ergeben können, sind im wesentlichen die gleichen wie bei der Beteiligung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an einer GmbH. Sie sind hier wie dort (vgl. BGHZ 78, 311, 314) gleichermaßen überwindbar. Nach § 43 Abs. 3 S. 1 GenG hat grundsätzlich jeder Genosse und damit auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur eine Stimme, die gemäß § 43 Abs. 4 S. 1 GenG grundsätzlich persönlich abzugeben ist. Wie § 43 Abs. 4 S. 2 GenG zeigt, wird das Stimmrecht der Personenhandelsgesellschaft durch die zur Vertretung ermächtigten Gesellschafter ausgeübt. Für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt im Grundsatz nichts anderes. Ist ein allgemein zur Vertretung der Gesellschaft befugter geschäftsführender Gesellschafter im Sinne des § 714 BGB nicht vorhanden, so haben die Gesellschafter das Stimmrecht gemeinsam auszuüben, d.h. sie müssen sich untereinander einig werden. Soweit nämlich Gründe, die innerhalb der Gesellschaft bürgerlichen Rechts liegen, für eine gemeinsame Willensbildung und Willensäußerung hinderlich sind, müssen deren Gesellschafter dies untereinander austragen (vgl. BGHZ 78, 311, 315). Im übrigen steht es jeder Genossenschaft im allgemeinen frei, darüber zu befinden, ob und unter welchen Bedingungen sie die Erschwernisse, die mit der Beteiligung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden sein können, auf sich nehmen will. Denn die Genossenschaft kann grundsätzlich selbst entscheiden, wen sie im Einzelfall als Genossen aufnehmen will. Darüber hinaus kann sie auch besondere statutarische Voraussetzungen für die Zulassung zur Mitgliedschaft und auch für die Legitimation von Bevollmächtigten aufstellen, wenn die personelle Zusammensetzung und die Vertretungsverhältnisse einer Mitgliedsorganisation nicht ohne weiteres feststellbar sind und deshalb solche Regelungen sachlich erfordern.

b) Auch die mangelnde Publizität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die deshalb in Einzelfällen möglicherweise auftretende Schwierigkeit, die hinter der Gesellschaft stehenden natürlichen Personen und damit die Haftungsträger zu identifizieren, sind nicht gewichtig genug, ein allgemeines Beteiligungsverbot zu rechtfertigen.

Zwar ist es richtig, daß die Möglichkeit, in das Genossenregister die Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter Aufführung ihrer Gesellschafter mit den vorgeschriebenen persönlichen Daten einzutragen, keine Gewähr gegen einen nachträglichen, der Genossenschaft und dem Genossenregister nicht angezeigten Wechsel ihres Gesellschafterbestandes bietet. Diese Gefahr ist jedoch angesichts der geringen tatsächlichen Bedeutung, die der Einblicknahme in das Genossenregister für die Beurteilung der wirtschaftlichen Bonität einer Genossenschaft in der Rechtswirklichkeit zukommt, hinzunehmen. Die persönliche Verantwortung der einzelnen Mitglieder einer Genossenschaft für deren Kapitalausstattung erschöpft sich im wesentlichen in der – sich meist in verhältnismäßig bescheidenen finanziellen Grenzen haltenden – Pflicht zur Einzahlung auf den Geschäftsanteil, § 7 GenG (vereinzelt auch auf mehrere Geschäftsanteile, § 7 a GenG), in der Verpflichtung zur Deckung eines Fehlbetrages beim Ausscheiden aus der Genossenschaft, wenn und soweit das ausscheidende Mitglied im Falle des Konkurses der Genossenschaft Nachschüsse an diese zu leisten hätte (§ 73 Abs. 2 S. 2 GenG), sowie in der Nachschußpflicht im Konkursfall (§ 6 Nr. 3, §§ 105 ff. GenG), wobei die letztgenannten Pflichten jedoch erheblich an Bedeutung verloren haben, seitdem eine Nachschußpflicht vom Gesetz nicht mehr zwingend vorgeschrieben ist (vgl. § 2 und § 6 Nr. 3 GenG). Dementsprechend sind Konkurse, bei denen die Genossenliste noch zur Feststellung nachschußpflichtiger Genossen herangezogen werden müßte und herangezogen wird, inzwischen äußerst selten (vgl. die Anfrage des Bundesrates BT-Drucks. 10/317 Seite 148). Im Einklang damit wird die Bonität und Kreditwürdigkeit einer Genossenschaft heute im wesentlichen nicht mehr nach der Person und den wirtschaftlichen Verhältnissen ihrer einzelnen Genossen, sondern vielmehr nach der Zahl ihrer Mitglieder, ihrer Eigenkapitalausstattung sowie ihrer Geschäftsentwicklung und ihrer wirtschaftlichen Lage, wie sie in ihren zuletzt veröffentlichten Bilanzen zum Ausdruck kommt, beurteilt. Bei dieser Sachlage ist es nicht anzuerkennen, daß die Möglichkeit, daß das Genossenregister durch einen dort nicht verlautbarten Wechsel im Bestand der Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft unvollständig oder unrichtig werden kann, angesichts der Haftungsausgestaltung der Genossenschaft ein allgemeines Beteiligungsverbot für Gesellschaften bürgerlichen Rechts rechtfertigen kann. Im übrigen bleibt es jedem potentiellen Geschäftspartner einer Genossenschaft, der aus der Liste der Genossen zu ersehen vermag, daß sich unter deren Mitgliedern auch eine oder mehrere Gesellschaften bürgerlichen Rechts befinden, unbenommen (vgl. dazu auch LG Regensburg aaO Seite 259 und Hadding ZfG 41, 62, 64), daraus die ihm richtig erscheinenden Folgerungen zu ziehen.

 

Unterschriften

Boujong, Dr. Hesselberger, Röhricht, Dr. Henze, Stodolkowitz

 

Fundstellen

BGHZ

BGHZ, 86

BB 1992, 162

NJW 1992, 499

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1992, 114

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