Leitsatz (amtlich)

Die für eine wirksame Berufungseinlegung erforderliche Angabe, für wen und gegen wen die Berufung eingelegt wird, unterliegt der Schriftform nach § 518 ZPO. Mündliche oder telefonische Angaben der Parteien zur Ergänzung einer unvollständigen Berufungsschrift dürfen auch dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie bei Gericht aktenkundig gemacht werden (Bestätigung von BGH, Beschluß vom 9. Juli 1985 – VI ZB 8/85 = NJW 1985, 2650).

 

Normenkette

ZPO § 518 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Rostock (Beschluss vom 17.02.1997)

LG Schwerin

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 17. Februar 1997 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 19.196,71 DM.

 

Tatbestand

I. Mit Urteil vom 9. Juli 1996 hat das Landgericht die auf Zahlung von 18.896,71 DM nebst Zinsen sowie auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Gegen dieses den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 11. Juli 1996 zugestellte Urteil ist mit Telefaxschreiben des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 12. August 1996, das am gleichen Tage, einem Montag, bei Gericht eingegangen ist, Berufung eingelegt worden. Darin heißt es:

„Neue Sache R. ./. A. W. GmbH Az.: LG Schwerin 1 O 44/95

In obiger Angelegenheit lege ich gegen das landgerichtliche Urteil vom 09.07.1996, mir zugestellt am 11.07.1996,

Berufung

ein.”

Über dem Namen „R.” ist mit Bleistift „BKl” oder „BKL” vermerkt. Auf der am 13. August 1996 bei Gericht eingegangenen Kopiervorlage befindet sich an der gleichen Stelle das mit Bleistift eingefügte Wort „Berufungskläger”. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 20. August 1996 hat der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte klargestellt, daß die Berufung für den von ihm vertretenen Kläger eingelegt worden sei. Am 15. Oktober 1996 hat er das Rechtsmittel begründet.

Auf entsprechende Antrage des Oberlandesgerichts erklärte der Berufungsanwalt des Klägers, es sei „sogleich nach Absetzung des Fax vom 12.08.1996 telefonisch veranlaßt (worden), das beim OLG eingegangene Fax dahingehend klarzustellen, daß die Prozeßpartei R. der Berufungskläger (sei)”. Die Justizbedienstete K. hat sich dienstlich dahin geäußert, sie habe das Kürzel „BKL” auf der Berufungsschrift (Fax) vermerkt; da das Fax erst nach Dienstschluß (16.30 Uhr) am 12. August 1996 eingegangen sei, sei davon auszugehen, daß die Rücksprache bezüglich des Rubrums mit dem Berufungsanwalt erst am darauffolgenden Tag, also am 13. August 1996, erfolgt sei.

Mit Beschluß vom 17. Februar 1997 hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, weil die Berufungsschrift nicht erkennen lasse, welche Partei Berufungskläger sei, und nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden könne, daß der Prozeßbevollmächtigte des Berufungsklägers die fehlende Angabe vor Ablauf der Berufungsfrist nachgeholt habe.

Gegen diese, dem Kläger am 26. Februar 1997 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 4. März 1997 beim Oberlandesgericht eingelegte sofortige Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II. Das zulässige Rechtsmittel (§ 567 Abs. 4 i.V.m. §§ 519 b Abs. 2, 547, 577 Abs. 2 ZPO) bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen, weil die Berufungsschrift in ihrer bei Ablauf der Berufungsfrist vorliegenden Form nicht erkennen läßt, wer Berufungskläger ist.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muß die in § 518 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgeschriebene Erklärung, daß gegen ein bestimmtes Urteil Berufung eingelegt werde, auch die Angabe enthalten, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt sein solle. Hiernach muß aus der Berufungsschrift entweder schon für sich allein oder jedenfalls mit Hilfe weiterer Unterlagen, wie etwa des ihr beigefügten erstinstanzlichen Urteils, bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen sein, wer Berufungskläger ist und wer Berufungsbeklagter sein soll (vgl. nur BGH, Beschluß vom 7. November 1995 – VI ZB 12/95 = NJW 1996, 320 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Vor allem an die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers, um die es hier geht, sind strenge Anforderungen zu stellen. Bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muß jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein (BGH a.a.O. m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen genügt die im vorliegenden Fall eingereichte Berufungsschrift nicht. Sie enthält weder Parteibezeichnungen noch die Angabe, für welche der namentlich aufgeführten Prozeßparteien Berufung eingelegt werde. Andere Unterlagen, etwa eine Abschrift des angefochtenen Urteils, aus denen sich dies hätte ergeben können (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 29. April 1994 – V ZR 62/93 = NJW 1994, 1879 unter 1.), waren der Berufungsschrift nicht beigefügt.

c) Der Mangel der Berufungsschrift ist bis zum Ablauf der Berufungsfrist nicht geheilt worden. Hierfür ist unerheblich, wann der handschriftliche Zusatz „BKl” oder „BKL” auf der am letzten Tag der Frist bei Gericht eingegangenen Telefaxkopie angebracht worden ist. Die telefonische Mitteilung der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten des Klägers, auf die die handschriftliche Einfügung in die Telefaxkopie zurückgeht, reichte nämlich zur Bezeichnung der Person des Rechtsmittelführers nicht aus, denn auch diese Angabe unterliegt der in § 518 ZPO angeordneten Schriftform (BGH, Beschluß vom 9. Juli 1985 – VI ZB 8/85 = NJW 1985, 2650 unter 1.; Urteil vom 9. Juni 1994 – IX ZR 133/93 = NJW-RR 1994, 1213 unter II. 2. b zu § 340 Abs. 2 ZPO). Mündliche oder fernmündliche Erklärungen der Parteien dürfen daher auch dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie bei Gericht aktenkundig gemacht werden (BGH, Beschluß vom 9. Juli 1985 a.a.O.). Die erforderliche schriftliche Klarstellung, daß die Berufung für den Kläger eingelegt worden sei, ist erst am 20. August 1996 und damit nach Ablauf der Berufungsfrist bei Gericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt konnte der Mangel nicht mehr geheilt werden (st. Rspr.; z.B. BGH, Beschluß vom 7. November 1995 a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

2. Umstände, die es gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, dem Kläger gegen die Versäumung der Berufungsfrist von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, sind weder vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger nichts dazu vorgetragen, ob bei dem Berufungsgericht oder dem mit der Berufung befaßten Senat die Übung bestand, fernmündliche Erklärungen zur Ergänzung fehlender Angaben in einer Berufungsschrift ausreichen zu lassen, und ob sein Prozeßbevollmächtigter im Vertrauen auf eine solche Übung davon absah, die fehlende Angabe vor Ablauf der Berufungsfrist schriftlich – per Telefax – nachzuholen (vgl. BGH, Beschluß vom 9. Juli 1985 a.a.O. unter 2.).

 

Unterschriften

Dr. Deppert, Dr. Paulusch, Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502280

NJW 1997, 3383

Nachschlagewerk BGH

AP, 0

MDR 1997, 875

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