Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Bewirtschaften Eheleute zusammen einen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Gewinn nach der VOL ermittelt wird, auf Grundstücken, die teils dem einen, teils dem anderen Ehegatten gehören, so sind sie als Mitunternehmer zu behandeln. Voraussetzung ist jedoch neben Mitarbeit, daß jeder Ehegatte dem Betrieb Grundstücke zur Verfügung gestellt hat, die mehr als 20 v. H. des gemeinen Wertes des Hofes ausmachen.

 

Normenkette

EStG §§ 13, 26, 26a/1; AO § 215 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Streit geht darum, ob die Ehefrau an dem Gewinn aus dem von beiden Eheleuten bewirtschafteten Bauernhof beteiligt ist. Der Gewinn wird nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft (VOL) errechnet. Der landwirtschaftliche Betrieb umfaßt Grundstücksflächen von insgesamt 12,6 ha, von denen 1,4 ha gepachtet sind. 3,2 ha stehen im Eigentum des Ehemanns, die restlichen 8 ha, darunter die Hofstelle, im Eigentum der Ehefrau. Die Bg. sind seit 1929 verheiratet. Güterrechtliche Vereinbarungen bestehen nicht. Auch haben die Bg. über die Verteilung der Einkünfte aus der Landwirtschaft keine ausdrückliche Abrede getroffen. Sie haben beantragt, den Gewinn aus der Landwirtschaft für das Streitjahr einheitlich unter hälftiger Verteilung auf beide festzustellen. Das Finanzamt hat den Antrag abgelehnt. Der Gewinn sei dem Ehemann allein zuzurechnen. Auf die Sprungberufung der Bg. hat das Finanzgericht unter Bezug auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 14/60 U vom 10. Mai 1960 (BStBl 1960 III S. 326, Slg. Bd. 71 S. 206) den Gewinn einheitlich festgestellt und antragsgemäß davon jedem Ehegatten die Hälfte zugerechnet.

Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts mangelnde Sachaufklärung und unrichtige Rechtsanwendung. Das Finanzgericht hätte eine Beteiligung der Ehefrau an dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht anerkennen dürfen, da es an klaren Vereinbarungen fehle und eine Gewinnverteilung auch nicht durchgeführt sei. Von dem Tatbestand des Urteils vom 10. Mai 1960 unterscheide sich der vorliegende Fall dadurch, daß hier den Eheleuten das landwirtschaftliche Vermögen nicht gemeinsam gehöre, vielmehr beide Ehegatten Alleineigentümer ihrer ererbten Grundstücke geblieben seien. Daß die Ehefrau ihren Grundbesitz ihrem Mann zur Verfügung gestellt habe, lasse nicht ohne weiteres auf ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen den Ehegatten schließen. Eher spreche der Vorgang dafür, daß es als Ausfluß der Ehe ohne Vertrag geschehen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Nach § 26 a Abs. 1 EStG sind Einkünfte eines Ehegatten nicht allein deshalb dem anderen Ehegatten zuzurechnen, weil dieser bei der Erzielung der Einkünfte mitgewirkt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setzt eine Mitunternehmerschaft eines Ehegatten an einem vom anderen Ehegatten geführten Betriebe klare Vereinbarungen und deren tatsächliche Durchführung voraus. Häufig stellt insbesondere die Ehefrau dem Betrieb ihres Ehemannes sowohl ihre Arbeitsleistung als auch Vermögen allein auf Grund der Ehe zur Verfügung. Im gleichen Sinne hat auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung II ZR 97/61 vom 11. Januar 1962 (Der Betriebs-Berater 1962 S. 197) ausgeführt, daß aus der überlassung erheblicher Geldbeträge seitens der Ehefrau für das Geschäft ihres Mannes nicht mit Sicherheit auf die stillschweigende Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses geschlossen werden könne. In der Regel kann daher insbesondere bei gewerblichen Betrieben eine Beteiligung eines Ehegatten an dem Betrieb seines Ehepartners nicht anerkannt werden, wenn die Beteiligung in der Buchführung des Betriebs nicht zum Ausdruck gekommen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs I 223/60 U vom 31. Januar 1961, BStBl 1961 III S. 209, Slg. Bd. 72 S. 571).

Die Vereinbarungen zur Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses bedürfen nicht der Schriftform. Sie können auch mündlich oder stillschweigend getroffen sein. Es müssen daher bei der Prüfung der Frage nach dem Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses im Einzelfall alle Umstände in Betracht gezogen werden. Der Bundesfinanzhof hat bei Ehegatten, die gemeinsam einen freien Beruf ausüben, von denen jeder die Voraussetzungen für die Ausübung des Berufs erfüllt, das Bestehen einer Sozietät anerkannt, auch wenn nur ein gemeinsames Kapitalkonto geführt wird (Urteil I 77/60 U vom 28. Juni 1960, BStBl 1960 III S. 328, Slg. Bd. 71 S. 210). Auf den gleichen Erwägungen beruht die von dem Finanzgericht angeführte Entscheidung I 14/60 U, die einen für beide Eheleute im Grundbuch eingetragenen Hof betrifft, der unter dem Namen des Ehemannes geführt, aber zum überwiegenden Teil auch von der mitarbeitenden Ehefrau aus Mitteln ihres Vermögens erworben wurde. Da der Grundbesitz in der Landwirtschaft die wesentliche Betriebsgrundlage bildet, kann dieser Entscheidung die Bedeutung für den vorliegenden Fall nicht mit der formalen Begründung abgesprochen werden, daß die Grundflächen nicht im Gesamthandseigentum beider Eheleute, sondern im Alleineigentum der einzelnen Ehegatten stehen, so wie sie im Erbgang auf sie übergegangen sind. Da es sich im Streitfall um einen bäuerlichen Kleinbetrieb handelt (Gewinnermittlung nach der VOL), scheidet die Frage der buchmäßigen Darstellung für das Streitproblem aus.

Die soziale und wirtschaftliche Lage ist hier anders als bei einem Gewerbebetrieb, der unter seiner Firma laufend Geschäfte mit Kunden und Lieferanten abschließt und eine Buchführung mit Bilanzen hat, die nicht nur der Erfolgsberechnung, sondern auch als Unterlage für die Aufnahme von Krediten (Warenkrediten) dient, also auch nach außen wirkt. Man muß deshalb bei kleinen landwirtschaftlichen Betrieben zur Prüfung der Frage, ob der Betrieb in Mitunternehmerschaft geführt wird, an andere Tatbestände anknüpfen. Wesentlich erscheinen hierfür das Eigentum an den landwirtschaftlichen Grundstücken und die Mitarbeit. Jedoch vermögen nicht schon im Verhältnis zu der Größe des Betriebes unbedeutende Grundflächen eines Ehegatten zur Annahme der Mitunternehmerschaft zu führen. Als wesentlich ist ein Grundbesitz anzusehen, der mindestens 20 v. H. des gemeinen Wertes des Hofes ausmacht.

Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben und die Sache an das Finanzamt zurückzuverweisen, das bei seiner erneuten Entscheidung im Einspruchsverfahren zu prüfen haben wird, ob bei jedem der beiden Ehegatten die oben dargestellten Voraussetzungen für Mitunternehmerschaft erfüllt sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410399

BStBl III 1962, 214

BFHE 1962, 574

BFHE 74, 574

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