Leitsatz (amtlich)

Hat ein Arbeitnehmer einem Kreditinstitut seine Lohnsteuer- Erstattungsansprüche abgetreten, in der Abtretungsanzeige an das FA auf amtlichem Vordruck (BStBl I 1975, 1070) jedoch nur den Anspruch aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich angekreuzt, so wirkt die Anzeige auch für den entsprechenden Anspruch aus überzahlter Einkommensteuer, wenn anstelle des Lohnsteuer-Jahresausgleichs eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen ist.

 

Orientierungssatz

1. Lohnsteuer-Jahresausgleich (LStJA) und Einkommensteuerveranlagung haben unterschiedliche Verfahrensgestaltungen und Zielsetzungen. Der LStJA zielt auf die Erstattung zuviel einbehaltener Lohnsteuer ab. Der nach § 42 Abs. 4 S. 5 EStG zu ermittelnde Ausgleichsbetrag ist Gegenstand des über den LStJA zu erteilenden Steuerbescheids, während die Ermittlung der geschuldeten Jahressteuer nach § 42 Abs. 4 S. 4 EStG nur der Vorbereitung des Jahresausgleichs dient (vgl. BFH-Urteil vom 23.10.1981 VI R 24/79). Dagegen ist die Einkommensteuerveranlagung auf die Festsetzung der Steuerschuld gerichtet. Die Ermittlung des Erstattungsbetrags, der sich bei der Veranlagung von Arbeitnehmern durch die Anrechnung der durch den Steuerabzug erhobenen Lohnsteuer auf die Einkommensteuerschuld ergeben kann, und die Abrechnung gehören nicht mehr zum Steuerfestsetzungsverfahren, sondern zum Erhebungsverfahren.

2. NV: Hatte der Kläger zwar im Klageantrag das Wort "festzustellen" verwendet, in der Klagebegründung aber die Verpflichtung des FA zum Erlaß eines ihm günstigen Bescheides erstrebt, handelt es sich nicht um eine Feststellungsklage i.S. von § 41 Abs. 1 FGO, die nach Abs. 2 dieser Vorschrift nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig wäre (vgl. BFH-Urteil vom 13.10.1983 VII R 146/82).

3. NV: Eine Sicherungsabtretung (§ 46 Abs. 4 S. 2 AO 1977) liegt in Abgrenzung zu der erfüllungshalber vorgenommenen Abtretung dann vor, wenn der Sicherungszweck im Vordergrund steht (vgl. BGH- und BFH-Rechtsprechung). Bei der Prüfung dieser Frage ist ein strenger Maßstab anzulegen.

 

Normenkette

AO 1977 § 46 Abs. 3, 4 S. 2; EStG § 42 Abs. 4 Sätze 4-5, § 46; BGB § 398; FGO § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Bank, gewährte den Eheleuten O ein Darlehen, das sich einschließlich Zinsen und Kosten auf insgesamt 880,59 DM belief. Zur Sicherung ließ sie sich im Darlehensvertrag den Anspruch der Eheleute auf Erstattung zuviel bezahlter Lohn-, Kirchen- und Einkommensteuer 1978 abtreten. Die Abtretung zeigte sie dem FA auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck an. Nach der Abtretungsanzeige sollte der Anspruch auf Steuererstattung aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich 1978 in voller Höhe abgetreten sein.

Die Eheleute reichten für 1978 eine Einkommensteuererklärung ein. Das FA führte eine Veranlagung zur Einkommensteuer durch und zahlte den Erstattungsbetrag an die Eheleute O aus. Den Antrag der Klägerin, den gesamten Erstattungsbetrag für 1978 an sie zu überweisen, lehnte das FA ab. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Das FA vertrat die Ansicht, daß der Klägerin der Abtretungsanzeige zufolge ein Anspruch auf Erstattung überzahlter Einkommensteuer nicht abgetreten worden sei.

Mit der Klage machte die Klägerin geltend, in der Abtretungsanzeige sei zwar lediglich das Kästchen "Lohnsteuer" angekreuzt worden. Damit habe aber angezeigt werden sollen, daß alle sich aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für 1978 ergebenden Erstattungsansprüche der Eheleute O abgetreten worden seien, wie auch der Darlehensvertrag eindeutig zeige. Dem Steuerpflichtigen sei es gleichgültig, ob sich der jeweilige Erstattungsbetrag aus einem Lohnsteuer-Jahresausgleich oder einer Einkommensteuerveranlagung ergebe. Die Klägerin beantragte, gemäß § 218 AO 1977 festzustellen, daß der streitige Steuererstattungsanspruch abtretungsweise auf sie übergegangen sei.

Das FG wies die Klage ab.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 46 AO 1977. Es komme in steuerlichen Abtretungsverfahren nicht nur auf den formellen Ankreuzvermerk in der Abtretungsanzeige an, sondern auf den Willen der Parteien. Im Falle des irrtümlichen Ankreuzens des Kästchens "Lohnsteuer" sei die Abtretung des Steuererstattungsanspruchs auch dann als gewollt und vollzogen gekennzeichnet, wenn ein Einkommensteuerveranlagungsverfahren durchzuführen sei. Denn der Lohnsteuer-Jahresausgleich und die Veranlagung zur Einkommensteuer hätten beide die Feststellung einer Steuerüberzahlung und damit die Begründung eines Erstattungsanspruchs zum Gegenstand. Für die Parteien, nach deren Willen ein Steuererstattungsanspruch habe abgetreten werden sollen, sei es ohne Interesse, nach welchen Formalien sich dieser errechne. Dabei mache es auch keinen erheblichen Unterschied, ob in die Veranlagung zur Ermittlung des Erstattungsanspruchs noch andere Einkünfte als solche aus nichtselbständiger Arbeit einzubeziehen seien oder nicht.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

++/ Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO). Den vom FG getroffenen Feststellungen läßt sich nicht entnehmen, ob eine wirksame Abtretung vorliegt.

I. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Klage zulässig sei. Obgleich die Klägerin mit ihrem Klageantrag --wie auch mit der Revision-- die "Feststellung" begehrte, daß ihr der Erstattungsanspruch zustehe, handelte es sich nicht um eine Feststellungsklage i.S. von § 41 Abs.1 FGO, die nach Abs.2 dieser Vorschrift nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig wäre. Der Antrag in Verbindung mit der Klagebegründung war vielmehr dahin zu verstehen, daß die Klägerin die Verpflichtung des FA zum Erlaß eines ihr günstigen Abrechnungsbescheids (§ 218 Abs.2 AO 1977) erstrebte. Das zeigt insbesondere die Tatsache, daß im Klageantrag die Bestimmung des § 218 AO 1977 genannt wird (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 13.Oktober 1983 VII R 146/82, BFHE 139, 491, BStBl II 1984, 183).

Falls die Klägerin mit ihrem Verpflichtungsantrag Erfolg hätte, stünde einer Auszahlung des Erstattungsbetrages an sie nichts mehr im Wege. Da davon auszugehen ist, daß die gemäß Art.20 Abs.3 des Grundgesetzes (GG) an Gesetz und Recht gebundene Verwaltungsbehörde im Falle ihrer Verpflichtung zum Erlaß eines der Klägerin günstigen Abrechnungsbescheids die Erstattung an die Klägerin vornehmen würde, kann der zusätzliche, auch mit der Revision geltend gemachte Antrag auf Auszahlung des Erstattungsbetrages unberücksichtigt bleiben. /++

II. 1. Nach § 46 Abs.1 AO 1977 können Ansprüche auf Erstattung von Steuern abgetreten werden. Die Abtretung wird jedoch steuerrechtlich erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der nach § 46 Abs.3 AO 1977 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt (§ 46 Abs.2 AO 1977). Nach Abs.3 dieser Vorschrift ist die Abtretung der Finanzbehörde unter Angabe des Abtretenden, des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen (Satz 1). Wie das FG festgestellt hat, haben die Eheleute O als Gläubiger des Steuererstattungsanspruchs die Klägerin (Abtretungsempfängerin) auf der Rückseite des Darlehensvertrages zur Anzeige der Abtretung gegenüber dem FA bevollmächtigt. Die in Vollmacht der Zedenten erstattete Anzeige der Klägerin ist wirksam (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11.Aufl., § 46 AO 1977 Tz.4 h). Die Abtretung ist insbesondere auch auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck, der die Unterschriften der Abtretenden und der Abtretungsempfängerin trägt (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26.November 1982 VI R 205/81, BFHE 137, 150, BStBl II 1983, 123), angezeigt worden.

2. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Abtretung ist zwischen den Beteiligten lediglich streitig, ob das Ankreuzen des Kästchens "Lohnsteuer-Jahresausgleich 1978" unter der Art des abgetretenen Erstattungsanspruchs in der förmlichen Abtretungsanzeige auch den Steuererstattungsanspruch umfaßt, der sich aufgrund der für das Streitjahr durchzuführenden Einkommensteuerveranlagung ergibt.

a) Die Frage, ob die Abtretung (ebenso die Verpfändung und die Pfändung) eines Anspruchs auf Steuererstattung im Rahmen des Lohnsteuer-Jahresausgleichs grundsätzlich auch den möglicherweise konkurrierenden Anspruch auf überzahlte Einkommensteuer im Einkommensteuerveranlagungsverfahren und umgekehrt miterfaßt, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Nach dem Urteil des Niedersächsischen FG vom 23.Oktober 1978 IX 93/78 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1979, 158) umfaßt die Abtretung eines Erstattungsanspruchs aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich nicht den Erstattungsanspruch nach Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung. Das Gericht begründet das im wesentlichen damit, daß beide Ansprüche auf verschiedenen Rechtsgründen beruhten; denn die Veranlagung zur Einkommensteuer führe zur Festsetzung der geschuldeten Steuer, während im Lohnsteuer-Jahresausgleich unmittelbar der Erstattungsbetrag festgesetzt werde. Dem entsprechen die zur Pfändung des Lohnsteuererstattungsanspruchs vertretenen Auffassungen von Klenk (Die stillschweigende Pfändung konkurrierender Lohn- bzw. Einkommensteuererstattungsansprüche gegen das FA, Finanz- Rundschau --FR-- 1972, 512) und Kurz (Probleme bei der Pfändung des Anspruchs aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A --DStZ/A-- 1974, 75, 77).

Die Gegenmeinung stellt darauf ab, daß es sich bei der Lohnsteuer und der Einkommensteuer nicht um zwei verschiedene Steuerarten, sondern nur um unterschiedliche Erhebungsformen ein und derselben Steuerart (Einkommensteuer) handelt. Deshalb erfasse die Abtretung, Verpfändung und Pfändung des Anspruchs auf Erstattung im Lohnsteuer-Jahresausgleich auch den möglicherweise konkurrierenden Anspruch auf Erstattung überzahlter Einkommensteuer und umgekehrt. Nach dieser Ansicht ist die Art des abgetretenen Anspruchs hinreichend bestimmt und die Abtretung folglich wirksam, wenn dem FA auf dem amtlichen Vordruck (§ 46 Abs.3 AO 1977) die Abtretung eines Lohnsteuererstattungsanspruchs angezeigt wird, der Zedent aber zur Einkommensteuer zu veranlagen ist und daher ggf. einen Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuer hat (Urteil des FG Bremen vom 16.Februar 1979 I 20/78, EFG 1979, 292; Tipke/Kruse, a.a.O., § 46 AO 1977 Tz.4 d und 11; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8.Aufl., § 46 AO 1977 Anm.20; Frotscher, Die Pfändung des Lohnsteuererstattungsanspruchs, Betriebs-Berater --BB-- 1975, 131, 133; zweifelnd: Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 3.Aufl., § 42 Anm.7, und Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 2.Aufl., § 46 Anm.8 b).

Der BFH brauchte auf die Revision des FA gegen die angeführte Entscheidung des FG Bremen die Streitfrage nicht zu entscheiden. In seinem Urteil vom 7.Mai 1982 VI R 49/79 (BFHE 136, 46, BStBl II 1982, 685) gelangte er zu dem Ergebnis, die Abtretungsanzeige sei aufgrund des Gesamtverhaltens des Abtretenden und der besonderen Umstände des Falles dahin auszulegen, daß der Zedent nicht einen Anspruch aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich, sondern den Einkommensteuererstattungsanspruch für das Streitjahr abgetreten habe.

b) Im Streitfall reichen die Feststellungen des FG zu einer Auslegung der Abtretungsanzeige in diesem Sinne nicht aus, wenngleich die Formulierungen im Darlehensvertrag darauf hindeuten. Der Senat muß zur Frage des Umfangs der Abtretung eines Erstattungsanspruchs aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich Stellung nehmen. Er schließt sich der zuletzt dargestellten Auffassung an, wonach eine derartige Abtretung den konkurrierenden Anspruch auf Auszahlung der überzahlten Einkommensteuer, der sich aufgrund der Einkommensteuerveranlagung ergibt, mitumfaßt.

aa) Die in § 46 Abs.3 AO 1977 vorgeschriebene formalisierte Abtretungsanzeige soll primär Lohnsteuerpflichtige davor schützen, ihre Erstattungsansprüche unüberlegt, zu unangemessenen Bedingungen oder an unseriöse Zessionare abzutreten. Darüber hinaus soll die einheitliche Gestaltung des amtlichen Vordrucks die schnelle Abwicklung der Erstattungsanträge durch EDV-gerechte Aufbereitung der Buchungsanweisungen erleichtern (Begründung der Bundesregierung, BTDrucks 7/2852, S.47; Tipke/Kruse, a.a.O., § 46 AO 1977 Tz.4 a). Diese Zielsetzungen stehen nicht einer Auslegung entgegen, die die angezeigte Abtretung eines Lohnsteuererstattungsanspruchs auch auf den Anspruch auf überzahlte Einkommensteuer erstreckt, der sich aufgrund einer anstelle des Lohnsteuer-Jahresausgleichs durchzuführenden Veranlagung ergibt. Das gilt auch im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis, nach dem die Art des abgetretenen Anspruchs erkennbar sein muß.

Wie bereits ausgeführt, stellt die durch Steuerabzug vom Arbeitslohn der Arbeitnehmer erhobene Lohnsteuer keine eigenständige Steuerart, sondern eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer dar (§ 38 Abs.1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Im Lohnsteuer-Jahresausgleich, den das FA auf Antrag des Arbeitnehmers durchführt (§ 42 Abs.2 EStG), ist als Jahreslohnsteuer die Einkommensteuer zu ermitteln, die der Arbeitnehmer schuldet, wenn er ausschließlich die sich aus dem geminderten Jahresarbeitslohn ergebenden Einkünfte erzielt hat (§ 42 Abs.4 Satz 4 EStG). Der Erstattungsbetrag, der sich als Unterschied zwischen der so ermittelten Jahreslohnsteuer und der für das Ausgleichsjahr erhobenen Lohnsteuer ergibt (§ 42 Abs.4 Satz 5 EStG), stellt somit der Steuerart nach eine Einkommensteuerüberzahlung dar. Ob der Arbeitnehmer die Erstattung seiner gemessen an der Jahressteuer überzahlten Einkommensteuer (Lohnsteuer) im Wege des Lohnsteuer-Jahresausgleichs oder der Einkommensteuerveranlagung erlangen kann, richtet sich nach den §§ 25, 46, 42, 42a EStG. Welches Verfahren im Einzelfall in Betracht kommt, ist den Steuerpflichtigen häufig nicht bekannt und in Grenzfällen auch schwer erkennbar. Da beide Erstattungsverfahren auf denselben materiell-rechtlichen Anspruch gerichtet sind, ist davon auszugehen, daß die Abtretung des Anspruchs aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich nach dem Willen und der Interessenlage der Beteiligten auch den Erstattungsanspruch des betreffenden Kalenderjahres erfassen soll, der sich im Falle einer Einkommensteuerveranlagung ergibt und umgekehrt. Durch diese Auslegung des objektiven Erklärungswerts der Abtretungsanzeige werden schützenswerte Interessen des Abtretenden nicht beeinträchtigt, und der abgetretene materiell-rechtliche Anspruch ist durch die Angabe des Steuerpflichtigen, des Jahres und des FA als Schuldner eindeutig bezeichnet (vgl. Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 46 AO 1977 Anm.20; Frotscher, BB 1975, 131, 133).

Das gilt jedenfalls seit dem Inkrafttreten des EStG 1975, nach dem sowohl für den Lohnsteuer-Jahresausgleich als auch für die Veranlagung des Arbeitnehmers zur Einkommensteuer nach § 46 Abs.1 und 2 EStG das FA örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige am Schluß des betreffenden Kalenderjahres seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§§ 42c Abs.2, 46 Abs.6 EStG, vgl. auch § 19 Abs.1 AO 1977). Die gegensätzliche Auffassung (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG in EFG 1979, 158), die darauf gestützt ist, daß der Lohnsteuer-Jahresausgleich von dem FA durchgeführt werde, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer am 20.September des Ausgleichsjahres seinen Wohnsitz hatte (§ 4 Abs.4 der bis zum 31.Dezember 1974 gültigen Verordnung über den Lohnsteuerjahres-Jahresausgleich, BGBl I 1971, 195, BStBl I 1971, 170), ist insoweit überholt.

bb) Soweit der für die Abtretungsanzeige amtlich vorgeschriebene Vordruck auch der Arbeitserleichterung der Finanzverwaltung dienen soll, wird dieser Zweck nicht dadurch vereitelt, daß die Abtretung des Lohnsteuererstattungsanspruchs auf den sich aus der Veranlagung ergebenden Anspruch auf überzahlte Einkommensteuer erstreckt wird. Für den Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich und die Einkommensteuererklärung ist seit mehreren Jahren derselbe amtliche Vordruck zu verwenden. Der Steuerpflichtige trifft die Auswahl des seiner Ansicht nach in Betracht kommenden Verfahrens dadurch, daß er im Erklärungsvordruck das jeweilige Kästchen für die betreffende Verfahrensart ankreuzt. Wie die Praxis zeigt, sieht sich die Finanzverwaltung, wenn das falsche Kästchen angekreuzt ist --abgesehen von den Besonderheiten, die sich aus der für den Lohnsteuer-Jahresausgleich bestehenden Antragsfrist ergeben--, nicht daran gehindert, das nach den gesetzlichen Vorschriften in Betracht kommende Besteuerungs- bzw. Erstattungsverfahren von Amts wegen durchzuführen, auch wenn dies regelmäßig die Abgabe der Erklärung an eine andere Stelle des FA (Lohnsteuerstelle oder Veranlagungsteilbezirk) bedingt.

Der amtlich vorgeschriebene Vordruck für die Abtretungsanzeige (Verpfändungsanzeige), der im Streitfall zur Anwendung gelangte, unterschied unter der Art des abgetretenen Anspruchs zwei Kästchen für "Lohnsteuer-Jahresausgleich" und "Einkommensteuerveranlagung" jeweils mit der Jahreszahl (vgl. Erlaß des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 20.Oktober 1975 IV A 7 - S 1157 - 30/75, BStBl I 1975, 1070, 1071), von denen das Kästchen für "Lohnsteuer-Jahresausgleich 1978" angekreuzt worden war. Inzwischen hat die Finanzverwaltung das Vordruckmuster dahin umgestaltet, daß nunmehr unter "Art des Anspruchs" für die Abtretung der Ansprüche sowohl aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich als auch der Einkommensteuerveranlagung nur ein Kästchen vorgesehen ist (vgl. BMF-Erlaß vom 25.August 1982 IV A 7 - S 0166 - 12/82 in BStBl I 1982, 690, 691). Dadurch wird sichergestellt, daß bei Ankreuzen des Kästchens jeweils der in Betracht kommende Anspruch abgetreten ist. Somit entfallen künftig die Fragen der Umdeutung oder Auslegung der Abtretungserklärung (vgl. Urteil des FG Bremen in EFG 1979, 292; Urteil des BFH in BFHE 136, 46, BStBl II 1982, 685), die sich bei Ankreuzen der unzutreffenden Verfahrensart ergeben hatten.

Wenn aber die Finanzverwaltung, ohne daß dem eine Gesetzesänderung zugrunde liegt, nunmehr die alternative Abtretung des Erstattungsanspruchs aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich oder der Einkommensteuerveranlagung zuläßt, so ist auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsinteresses nicht ersichtlich, warum nicht auch bei Verwendung des früheren Vordrucks die Abtretung des Steuererstattungsanspruchs auch bei Ankreuzen der unzutreffenden Verfahrensart als wirksam angesehen werden sollte. Denn in beiden Fällen kann die endgültige verfahrensmäßige Einordnung des abgetretenen Erstattungsanspruchs erst erfolgen, wenn das nach dem Gesetz zutreffende Erstattungsverfahren durchgeführt worden ist. Daß aber der Steuerpflichtige im Falle der Anzeige der Abtretung gegenüber dem FA auch beim Ankreuzen des falschen Verfahrens den ihm zustehenden Steuererstattungsanspruch abtreten wollte, kann regelmäßig nicht zweifelhaft sein. Da § 46 Abs.3 AO 1977 für die formalisierte Anzeige die Angabe der Art des abgetretenen Anspruchs verlangt und es sich bei beiden Verfahren um denselben materiell-rechtlichen Anspruch handelt, bleibt die Angabe des falschen Verfahrens auf die Wirksamkeit der Abtretung ohne Einfluß.

cc) Nach Auffassung des Senats ist in allen Fällen der Veranlagung von Arbeitnehmern zur Einkommensteuer davon auszugehen, daß eine dem FA angezeigte Abtretung des Erstattungsanspruchs aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich den Erstattungsanspruch aufgrund der Veranlagung mitumfaßt. Für eine Beschränkung dieser Rechtsfolge auf die Veranlagungsfälle des § 46 Abs.1 EStG bei ausschließlichen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als zusätzliche Voraussetzung, wie sie die Vorinstanz für gerechtfertigt hält, besteht kein einleuchtender Grund. Auch in den Fällen, in denen in die Veranlagung andere Einkünfte als diejenigen aus nichtselbständiger Arbeit einzubeziehen sind bzw. bei denen sich der rechtliche Grund für die Veranlagung aus § 46 Abs.2 EStG ergibt --im Streitfall: Veranlagung nach § 46 Abs.2 Nr.8 Buchst.b EStG zur Berücksichtigung von Verlusten aus Vermietung und Verpachtung--, beruht der Erstattungsanspruch, der sich aus der Veranlagung ergibt, darauf, daß dem Arbeitnehmer gemessen an seinem Jahreseinkommen zuviel Lohnsteuer von seinem Arbeitslohn einbehalten worden ist. Die Rückzahlung der zuviel gezahlten Steuer stellt sich aus der Sicht des Arbeitnehmers und Zedenten auch in diesen Fällen als Erstattung von Lohnsteuer dar. Daß es sich bei der Lohnsteuer und der Einkommensteuer um dieselbe Steuerart handelt, wurde oben bereits ausgeführt (vgl. Frotscher, BB 1975, 131, 133).

Damit entfällt auch eine unterschiedliche Behandlung des einheitlichen Erstattungsanspruchs je nachdem, in welcher Höhe dieser allein bei Berücksichtigung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gegeben wäre. Das FA ist nicht, wie die Vorinstanz für die hier vertretene Auffassung meint, gehalten, einen fiktiven Lohnsteuer-Jahresausgleich durchzuführen, um den für beide Besteuerungsverfahren übereinstimmenden Erstattungsbetrag zu ermitteln. Vielmehr ist der gesamte sich aus der Einkommensteuerveranlagung ergebende Erstattungsbetrag wirksam abgetreten. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob und inwieweit im Falle der Anzeige der Abtretung des Lohnsteuererstattungsanspruchs die Abtretung auch den Einkommensteuererstattungsanspruch aus der Veranlagung erfassen würde, wenn dieser teilweise auf der Anrechnung von Kapitalertragsteuer und/oder Körperschaftsteuer beruht (vgl. § 36 Abs.2 Nrn.2 und 3, Abs.4 EStG). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.

dd) Schließlich ändern auch die unterschiedlichen Verfahrensgestaltungen und Zielsetzungen des Lohnsteuer-Jahresausgleichs und der Einkommensteuerveranlagung nichts daran, daß die formell wirksame Abtretung eines Erstattungsanspruchs auch dann wirksam bleibt, wenn sich der Anspruch nicht aus dem angezeigten, sondern aus dem an dessen Stelle für das betreffende Kalenderjahr durchzuführenden anderen Verfahren ergibt. Der Lohnsteuer-Jahresausgleich zielt auf die Erstattung zuviel einbehaltener Lohnsteuer ab (§ 42 Abs.1 Satz 1 EStG). Der nach § 42 Abs.4 Satz 5 EStG zu ermittelnde Ausgleichsbetrag ist Gegenstand des über den Lohnsteuer-Jahresausgleich zu erteilenden Steuerbescheids (§ 42 Abs.5 EStG), während die Ermittlung der geschuldeten Jahressteuer nach § 42 Abs.4 Satz 4 EStG nur der Vorbereitung des Jahresausgleichs dient (BFH-Urteil vom 23.Oktober 1981 VI R 24/79, BFHE 134, 418, BStBl II 1982, 215, 216). Dagegen ist die Einkommensteuerveranlagung auf die Festsetzung der Steuerschuld gerichtet (§§ 25, 32a EStG, 155 Abs.1, 157 Abs.1 AO 1977). Die Ermittlung des Erstattungsbetrags, der sich bei der Veranlagung von Arbeitnehmern (§ 46 EStG) durch die Anrechnung der durch Steuerabzug erhobenen Einkommensteuer (Lohnsteuer) auf die Einkommensteuerschuld ergeben kann (§ 36 Abs.2 Nr.2 EStG), und die Abrechnung (§ 36 Abs.4 Satz 2 EStG) gehören nicht mehr zum Steuerfestsetzungs-, sondern zum Erhebungsverfahren. Trotz dieser verfahrensmäßigen Unterschiede können der Erstattungsanspruch aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich und derjenige aufgrund der Einkommensteuerveranlagung nicht unabhängig voneinander bestehen, denn die beiden Erstattungsverfahren schließen sich gegenseitig aus (§ 42 Abs.1 Satz 1 EStG). Wie oben ausgeführt, handelt es sich bei dem Erstattungsanspruch aufgrund beider Verfahren um denselben materiell-rechtlichen Anspruch auf Rückzahlung zuviel einbehaltener Einkommensteuer. Das rechtfertigt die Annahme, daß die Abtretung einer als Lohnsteuererstattungsanspruch bezeichneten Forderung gegen das FA sich auch auf den Anspruch auf überzahlte Einkommensteuer und umgekehrt erstreckt, wenn das in Betracht kommende Erstattungsverfahren in der Abtretungsanzeige fehlerhaft bezeichnet ist. Die Wirksamkeit der Abtretung hängt allein von dem Bestehen des materiell-rechtlichen Anspruchs und der Einhaltung der Bestimmungen des § 46 AO 1977 ab; auf die nach dem EStG bestehenden unterschiedlichen Verfahrensregelungen zur Ermittlung des Erstattungsanspruchs kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

++/ 3. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, weil die Vorinstanz den zwischen den Eheleuten O und der Klägerin geschlossenen Vertrag nicht daraufhin geprüft hat, ob es sich um eine Sicherungsabtretung handelte. Nach § 46 Abs.4 Satz 1 AO 1977 ist der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen zum Zwecke der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung nicht zulässig. Dies gilt nicht für die Fälle der Sicherungsabtretung (§ 46 Abs.4 Satz 2 AO 1977). Eine Sicherungsabtretung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, in Abgrenzung zu der erfüllungshalber vorgenommenen Abtretung dann vor, wenn der Sicherungszweck im Vordergrund steht (BGH-Urteil vom 10.Mai 1974 I ZR 46/73, Neue Juristische Wochenschrift 1974, 1244; Urteile des erkennenden Senats vom 3.Februar 1984 VII R 72/82 und VII R 102/83, BFHE 140, 412 und 415, BStBl II 1984, 411 und 413). Bei der Prüfung dieser Frage ist entsprechend dem Zweck des § 46 Abs.4 AO 1977, dem Handel mit Steuererstattungsansprüchen entgegenzuwirken, ein strenger Maßstab anzulegen. Der Sicherungszweck steht für die Beteiligten in der Regel dann nicht mehr im Vordergrund, wenn sich der Abtretende seiner Einwirkungsmöglichkeit auf die abgetretene Forderung weitgehend begibt, er diese also als "verkauft" ansieht. Ob dies der Fall ist, kann nicht allein nach dem Wortlaut des Darlehensvertrages beurteilt werden. Es ist vielmehr auf die gesamten Umstände, unter denen die Geschäftsbeziehungen begründet werden und auf ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen (Urteile in BFHE 140, 412 und 415, BStBl II 1984, 411 und 413).

Nach dem Tatbestand des Urteils der Vorinstanz hat sich die Klägerin den Erstattungsanspruch der Eheleute O "zur Sicherung" ihres Bankdarlehens abtreten lassen. Die Feststellungen des FG reichen jedoch nicht aus, um auch unter Berücksichtigung der zu § 46 Abs.4 AO 1977 gebotenen strengen Auslegung eine Sicherungsabtretung anzunehmen. Das FG wird unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen ergänzende Feststellungen dazu treffen müssen, ob im Streitfall der Sicherungszweck bei der Abtretung im Vordergrund stand oder ob sich die Abtretenden durch den Vertrag ihrer Steuererstattungsforderung begeben wollten. Hierfür ist u.a. von Bedeutung, ob die Darlehensgewährung und Forderungsabtretung der Vorfinanzierung des Steuererstattungsanspruchs diente, die Abtretenden die Entscheidung darüber behielten, ob und inwieweit gegen die den Erstattungsanspruch betreffenden Verwaltungsakte Rechtsbehelfe und gegen die Entscheidungen der FG Rechtsmittel eingelegt werden sollten, und in welcher Weise die Klägerin bei der Abtretung von Steuererstattungsansprüchen mit Lohnsteuerhilfevereinen, die für die Abtretenden tätig geworden sind, zusammengewirkt hat. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen in den Urteilen in BFHE 140, 412 und 415, BStBl II 1984, 411 und 413 Bezug.

Sollten die weiteren Ermittlungen ergeben, daß ungeachtet der Bezeichnung als "Sicherungsabtretung" tatsächlich eine Abtretung erfüllungshalber vorliegt, so wäre von der Nichtigkeit der Abtretung auszugehen (§ 46 Abs.4 Satz 3, Abs.5 AO 1977). /++

 

Fundstellen

Haufe-Index 60897

BStBl II 1985, 572

BFHE 144, 2

BFHE 1986, 2

BB 1986, 587-587 (ST)

DB 1985, 2232-2232 (ST)

DStR 1985, 670-670 (ST)

HFR 1985, 504-505 (ST)

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