Leitsatz (amtlich)
GmbH-Anteile gehören im Rahmen einer Betriebsaufspaltung zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens, wenn sie der Durchsetzung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens in der Betriebsgesellschaft dienen. Eine Beteiligung ohne beherrschenden Einfluß auf eine als Kommanditistin an der Betriebspersonengesellschaft beteiligte GmbH erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1970 Hauptgesellschafter einer KG, die den Großhandel mit Lebensmitteln betrieb (im folgenden X-KG). Gemeinsam mit dieser Gesellschaft gründete er eine Beteiligungs-GmbH (im folgenden A-GmbH). Außerdem war er an einer anderen GmbH beteiligt, die gleichfalls im Lebensmittelgroßhandel tätig war (im folgenden B-GmbH). Zum 1. Oktober 1969 riefen die A-GmbH und die B-GmbH eine GmbH & Co. KG ins Leben, die einen Verbrauchermarkt betreiben sollte (im folgenden Y-KG). Komplementärin wurde eine weitere GmbH, deren Alleingesellschafter der Kläger war (im folgenden C-GmbH). Es bestanden folgende Beteiligungsverhältnisse:
X-KG: 80 v. H. Kläger, 20 v. H. Mutter des Klägers
A-GmbH: 10 v. H. Kläger, 90 v. H. X-KG
B-GmbH: 24 v. H. Kläger, 26 v. H. minderjährige Kinder des Klägers, 50 v. H. fremde Gesellschafter
C-GmbH: 100 v. H. Kläger
Y-KG: 49 v. H. A-GmbH, 49 v. H. B-GmbH, 2 v. H. C-GmbH.
Die Y-KG unterhielt ihren Betrieb in einem Gebäude, das der Kläger zu diesem Zweck errichtet und an sie vermietet hatte. Ende Februar 1970 schied die B-GmbH als Gesellschafterin der Y-KG aus.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah in der Vermietung eine gewerbliche Betätigung des Klägers im Rahmen einer Betriebsaufspaltung; der Kläger habe die Y-KG mittels seiner Beteiligungen an der A-GmbH und der C-GmbH beherrscht und ihr eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Verfügung gestellt. Nach einer Betriebsprüfung rechnete das FA auch die Beteiligung des Klägers an der B-GmbH zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens. Das FA räumte ein, daß der Kläger nur eine Minderheitsbeteiligung an der B-GmbH habe und über diese Gesellschaft eine Herrschaft bei der Y-KG nicht ausüben könne. Mit Hilfe seiner Beteiligung und der Beteiligung seiner Kinder könne er aber verhindern, daß fremde Gesellschafter die Herrschaft über die B-GmbH und Einfluß bei der Y-KG erlangten. Damit habe die Beteiligung seinem Besitzunternehmen gedient. Mit dem Ausscheiden der B-GmbH als Gesellschafterin der Y-KG habe der Kläger seine Beteiligung an der B-GmbH entnommen. Die Prozeßbeteiligten sind sich einig, daß die Beteiligung in der Zeit von Oktober 1969 bis Februar 1970 einen Wertzuwachs von 60 000 DM erfahren hat. Das FA hat dem Kläger diesen Betrag als Entnahmegewinn zugerechnet.
Die Klage blieb erfolglos.
Mit der Revision wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Seine Beteiligung an der B-GmbH gehörte nicht zu seinem Betriebsvermögen; er hat sie deswegen im Streitjahr auch nicht entnommen.
1. Zu Recht gehen die Beteiligten davon aus, daß der Kläger mit der Vermietung des Betriebsgebäudes an die Y-KG einen Gewerbebetrieb unterhalten hat. Er hatte dieses Gebäude für die besonderen Bedürfnisse des von der Y-KG unterhaltenen Verbrauchermarktes errichtet und ihr damit eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Verfügung gestellt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Juni 1969 I 201/64, BFHE 97, 125, BStBl II 1970, 17; vom 24. November 1978 III R 121/76, BFHE 127, 214, BStBl II 1979, 366). Gleichzeitig übte der Kläger beherrschenden Einfluß auf die Y-KG als Mieterin aus, da er Alleingesellschafter ihrer Komplementär-GmbH (der C-GmbH) war und über seine Beteiligung bei der X-KG auch die Entscheidungsmacht in der als Kommandistin an der Y-KG beteiligten A-GmbH hatte. Er konnte damit seine Vorstellungen in der Geschäftsführung und Vertretung der Y-KG und auch in Beschlüssen ihrer Gesellschafterversammlung durchsetzen, da die A-GmbH und die C-GmbH zusammen mit 51 v. H. über die Mehrheit der Stimmen in der Y-KG verfügten. Diese enge sachliche und personelle Verzahnung zwischen dem Betrieb der Y-KG und der Vermietung durch den Kläger rechtfertigt es, die Grundstücksüberlassung als gewerbliche Betätigung (§ 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung - GewStDV -) anzusehen; der Kläger entfaltete im Rahmen einer Betriebsaufspaltung einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen bei der Überlassung des Grundstücks und bei seiner Nutzung durch die Y-KG (vgl. BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63). Dabei ist unerheblich, daß es sich bei der Betriebsgesellschaft nicht um eine Kapital-, sondern um eine Personengesellschaft handelt (BFH-Urteil vom 29. Juli 1976 IV R 145/72, BFHE 119, 462, BStBl II 1976, 750) und der Kläger diese Gesellschaft nicht kraft eigener Mitgliedschaft, sondern nur mittelbar über von ihm kontrollierte Kapitalgesellschaften beherrschte (vgl. BFH-Urteil vom 14. August 1974 I R 136/70, BFHE 114, 98, BStBl II 1975, 112). Ebenso steht der Annahme einer Betriebsaufspaltung nicht entgegen, daß Besitz- und Betriebsunternehmen nicht aus einem ursprünglich einheitlichen Gewerbebetrieb hervorgegangen sind (Urteil in BFHE 97, 125, BStBl II 1970, 17; Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 14. Januar 1969 1 BvR 136/62, BStBl II 1969, 389).
2. Muß demnach die vermietende Tätigkeit des Klägers als gewerbliche Betätigung angesehen werden, so sind deswegen doch nicht seine sämtlichen Beziehungen zur Betriebsgesellschaft notwendig Teil seiner gewerblichen Betätigung. Seine gewerbliche Tätigkeit wird durch die Besonderheiten der Betriebsaufspaltung begründet und begrenzt. Danach zählen zum Besitzunternehmen nur solche Beziehungen, die ihre Grundlage im einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen innerhalb des Besitz- und Betriebsunternehmens haben, also auf der Betriebsaufspaltung beruhen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 16/69, BFHE 99, 533, BStBl II 1970, 722, betreffend Bezüge des herrschenden Gesellschafters als Geschäftsführer der Betriebskapitalgesellschaft; vom 21. Mai 1974 VIII R 57/70, BFHE 112, 391, BStBl II 1974, 613 und vom 7. März 1978 VIII R 38/74, BFHE 124, 533, BStBl II 1978, 378, betreffend Darlehen an die Betriebskapitalgesellschaft; vom 23. Januar 1980 I R 33/77, BFHE 130, 174, BStBl II 1980, 356, betreffend Lizenzverträge mit der Betriebskapitalgesellschaft).
Nach diesem Maßstab gehören Anteile an einer Betriebskapitalgesellschaft grundsätzlich zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens, da sie die Durchsetzung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens gewährleisten und damit im Dienste einer gesicherten Vermögensnutzung durch das Besitzunternehmen stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 14. November 1969 III 218/65, BFHE 98, 189, BStBl II 1970, 302; vom 19. Januar 1973 III R 27/71, BFHE 108, 551, BStBl II 1973, 438; vom 7. März 1978 VIII R 38/74, BFHE 124, 533, BStBl II 1978, 378; vom 24. November 1978 III R 121/76, BFHE 127, 214, BStBl II 1979, 366). Entsprechendes gilt für solche Beteiligungen, die - wie im Streitfall die Beteiligungen des Klägers an der A-GmbH und der C-GmbH - nur mittelbar einen beherrschenden Einfluß auf die Betriebsgesellschaft gewähren.
Das kann von der strittigen Beteiligung des Klägers an der B-GmbH aber nicht gesagt werden. Der Kläger war an dieser Gesellschaft nur mit 24 v. H. des Stammkapitals beteiligt und verfügte selbst unter Berücksichtigung der seinen Kindern gehörenden Anteile nur über die Hälfte der Stimmrechte in dieser Gesellschaft; er konnte damit zwar unerwünschte Gesellschafterbeschlüsse verhindern, nicht aber die eigenen Vorstellungen durchsetzen und deswegen auch das Stimmrecht der B-GmbH als Gesellschafterin der Y-KG (Anteil 49 v. H.) nicht in seinem Sinne ausüben. Die Beteiligung war deswegen zur Beherrschung der Y-KG weder geeignet noch erforderlich und damit nicht Instrument der Betriebsaufspaltung. Sie erhöhte zwar rechnerisch die (mittelbare) Beteiligung des Klägers an der Y-KG. Das ist für die Begründung einer Betriebsaufspaltung aber nicht ausschlaggebend; hierin gelten andere Grundsätze als in der Frage, ob auf Grund mittelbarer Beteiligungen eine wesentliche Beteiligung im Sinne von § 17 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erreicht wird (vgl. dazu BFH-Urteil vom 12. Juni 1980 IV R 128/77, BFHE 131, 49, BStBl II 1980, 646).
Aus den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ergeben sich auch keine Anhaltspunkte, daß die Beteiligung der auf die Vermietung des Geschäftsgrundstücks gerichteten Tätigkeit des Besitzunternehmens in anderer Weise dienlich und deswegen notwendiges Betriebsvermögen war. Die Beteiligung bestand schon seit dem Jahre 1961, ist also nicht in Zusammenhang mit der Betriebsaufspaltung begründet worden. Sie betraf ein Unternehmen, das einen eigenen Großmarkt mit hohen Umsätzen betrieb und für das die spätere Beteiligung an der Y-KG nur geringere Bedeutung haben konnte. Zwar ist entschieden, daß die Beteiligung eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH grundsätzlich auch dann zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehört, wenn die GmbH sich nicht auf die Geschäftsführung in der KG beschränkt, sondern einen eigenständigen Gewerbebetrieb führt (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1975 I R 16/73, BFHE 117, 164, BStBl II 1976, 188). Das erklärt sich aber aus den besonderen gesellschaftsrechtlichen Aufgaben der Komplementär-GmbH. Der Streitfall ist damit nicht vergleichbar; hier ist nicht über die Betriebszugehörigkeit der Beteiligung an der Komplementär-GmbH (der C-GmbH), sondern einer Beteiligung an einer GmbH mit Kommanditistenstellung zu entscheiden. Sie stand nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufspaltung und der Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens. Das zeigt auch die weitere Entwicklung der Verhältnisse, da die B-GmbH ersichtlich auf Grund von Auseinandersetzungen im Kreis ihrer Gesellschafter bereits nach fünf Monaten als Kommanditistin der Y-KG ausgeschieden ist, das Zusammenwirken zwischen Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft davon aber nicht beeinträchtigt wurde.
3. Bei der Berechnung der Einkommensteuer des Klägers muß deshalb der bisher vom FA berücksichtigte Entnahmegewinn außer Betracht bleiben. Da die Berechnung besonderen Aufwand erfordert, hat der Senat sie entsprechend Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl I, 446) dem FA übertragen.
Fundstellen
BStBl II 1982, 60 |
BFHE 1981, 126 |