Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Kein Abschlag bei Bewertung der Anteile einer Familien-GmbH, bei der sich die nahe verwandten Anteilseigner gegenseitige Beschränkungen bei Veräußerung und Vererbung der Anteile auferlegten.

 

Normenkette

BewG §§ 10, 9, 13, 11; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6/1, Art. 20; VStR Abschn. 76

 

Tatbestand

Streitig ist der gemeine Wert der eigenen GmbH-Anteile der Revisionsklägerin auf den 31. Dezember 1959. Bei der Errichtung der GmbH im Jahr 1948 übernahmen die Brüder A und B und dessen Sohn C je 1/3 der Stammeinlage; letzterer brachte statt Barzahlung ein von ihm bisher betriebenes branchenähnliches Unternehmen ein. Der Gesellschaftsvertrag enthält die Bestimmung, die Veräußerung von Geschäftsanteilen und von Teilen solcher an Nichtgesellschafter bedürfe der Genehmigung sämtlicher Gesellschafter, nicht dagegen eine Veräußerung an Gesellschafter oder die Teilung von Geschäftsanteilen verstorbener Gesellschafter unter den Erben. Die Geschäftsanteile könnten nur an die Witwe oder die leiblichen Abkommen eines Gesellschafters und der Gründungsgesellschafter vererbt werden. Andere Erben seien verpflichtet, die Geschäftsanteile des Verstorbenen an den oder die anderen Gesellschafter gegen Zahlung des Nennbetrages abzutreten. Im Weigerungsfalle könne der Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters zum Nennbetrag eingezogen werden.

Der verstorbene Gesellschafter B hatte seinen Geschäftsanteil bereits im Jahre 1957 an seinen o. g. Sohn veräußert; ebenfalls veräußerte an diesen - der damit Alleingesellschafter wurde - der Erbe des nach dem Stichtage verstorbenen Gesellschafters A dessen Anteil zum Nennwert.

Das FA - Revisionsbeklagter - hatte zum 31. Dezember 1959 den gemeinen Wert der Anteile für 100 DM eingezahltes Nennkapital (Stammkapital) einheitlich und gesondert festgestellt. Die Bewertung erfolgte in Anlehnung an Abschnitt 76 ff. VStR 1960 nach dem Vermögenswert in Verbindung mit den Ertragsaussichten. Bei der Berechnung des Vermögenswertes nahm das FA nach Abschnitt 77 Abs. 5 VStR 1960 einen Abschlag von 10 v. H. (Minderwert des Vermögens der GmbH für den Anteilseigner) vor. Es errechnete dann unter Ansatz der in den Jahren 1957 bis 1959 erzielten Betriebsergebnisse und unter Berücksichtigung des Abschnitts 79 Abs. 2 VStR 1960 den festgestellten Wert. Soweit besteht keine Meinungsverschiedenheit. Die Revisionsklägerin begehrte jedoch von diesem Betrag einen Abschlag wegen der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Verfügungsbeschränkungen bei Abtretung oder Vererbung der Geschäftsanteile. Das FA lehnte einen Abschlag mit dem in dem Bescheid aufgenommenen Vermerk ab. Beschränkungen in der Veräußerlichkeit von Geschäftsanteilen einer Familien-GmbH, die lediglich im Familien- und Gesellschafterinteresse erfolgten, seien persönliche Umstände, die nach § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG a. F. bei der Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile nicht zu berücksichtigen seien. Die vertragliche Einschränkung der Veräußerlichkeit diene dem Personenkreis der Gründer und der Anteilseigner.

Mit der Sprungberufung begehrte die Revisionsklägerin die Bewertung der Anteile mit dem Nennwert, hilfsweise mit einem Mittelwert je 100 DM Nennkapital. Bei ihr lägen durch die oben genannten Beschränkungen bei Abtretung und Vererbung der Anteile wertmindernde Umstände im Sinne des § 10 Abs. 2 BewG a. F. vor. Es handle sich um objektive, nicht um persönliche Umstände, die im Gesellschaftsvertrag festgelegt seien. Infolgedessen sei der Anteil für einen beliebigen dritten Käufer im Wert gemindert (Hinweis auf Entscheidung des RFH III 202/37 vom 28. Januar 1938, RStBl 1938, 363).

Die Berufung blieb ohne Erfolg. Das FG führte aus, es handle sich um eine Familiengesellschaft am Stichtag zwischen Onkel und Neffen. Nach ständiger Rechtsprechung führten bei Familiengesellschaften Beschränkungen in der Veräußerlichkeit der Anteile nicht zu einem besonderen Abschlag (RFH III A 5/37 vom 28. Januar 1937, RStBl 1937, 349, und III 276/37 vom 9. Dezember 1937, RStBl 1938, 362). Zudem seien darin regelmäßig nicht zu berücksichtigende persönliche Umstände im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG a. F. zu erblicken (RFH III A 37/37 vom 8. Juni 1937, RStBl 1937, 929). Die Bindung sei hier im Interesse der Gesellschafter erfolgt, um die Beteiligung auf nahe Verwandte zu begrenzen und das Eindringen von Genossenschaften zu verhindern. Es handle sich um Beschränkungen aus persönlichen Gründen. Im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 BewG a. F. mache es bei Familiengesellschaften keinen Unterschied, ob die Beschränkungen der Veräußerlichkeit im Gesellschaftsvertrag oder später vereinbart worden seien.

Mit der Rb. beantragte die Revisionsklägerin unter Wiederholung ihres Berufungsantrages die Aufhebung der Vorentscheidung. Sie führte aus, es handle sich um objektive, satzungsmäßige Verfügungsbeschränkungen, somit um die Beschaffenheit der Gesellschaft und des Anteils bestimmenden Umstände. Eine solche Gestaltungsmöglichkeit sei steuerlich zulässig. Auch Aktien seien je nach dem satzungsmäßig verliehenen Recht verschieden zu bewerten. Der RFH habe sich nur mit der schweren Verkäuflichkeit von Anteilen an Familiengesellschaften, nicht mit satzungsmäßigen Beschränkungen beschäftigt. Bei ihr sei sowohl die Veräußerung als auch die Preisgestaltung von der Zustimmung sämtlicher Mitgesellschaften abhängig. Eine weitere Minderung ergebe sich daraus, daß im Todesfall alle nicht leiblichen Erben gezwungen werden könnten, die Anteile zum Nennwert abzutreten. Die dagegen zum Ausgleich geltend gemachte größere Verbundenheit der Familienmitglieder mit dem Betrieb stelle einen nicht zu beachtenden persönlichen Umstand dar. Schließlich beständen alsdann gegen das Urteil verfassungsrechtliche Bedenken: In dem Hinweis auf die persönlichen Umstände liege ein unzulässiger Durchgriff auf die persönlichen Verhältnisse und ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Außerdem würde bei den zahlreichen mittleren und kleinen Familienbetrieben gegen das sich aus Artikel 20 GG ergebende Gebot sozialer Steuerpolitik und gegen die in Artikel 6 GG verwurzelte Tendenz, den wirtschaftlichen Zusammenhalt der Familie zu fördern, verstoßen.

 

Entscheidungsgründe

Die im Jahre 1964 eingelegte Rb. ist gemäß der am 1. Januar 1966 in Kraft getretenen FGO vom 6. Oktober 1965 (BGBl I, 1477) als Revision zu behandeln. Ihre Zulässigkeit richtet sich nach § 286 AO a. F. (§ 184 in Verbindung mit § 115 FGO).

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Nach § 13 BewG in der am Stichtag geltenden Fassung sind Anteile einer GmbH mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Der gemeine Wert der Anteile ist beim Fehlen von Verkaufspreisen unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen. Auf die Ausführungen, die der Senat zur Berechnung des gemeinen Wertes von GmbH-Anteilen unter Verwendung der Richtlinien 1953 und 1957 zur Bewertung nichtnotierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften in den Urteilen III 396/58 S vom 19. Dezember 1960 (BFH 72, 241, BStBl III 1961, 92) und III 261/59 U vom 6. April 1962 (BFH 74, 682, BStBl III 1962, 253) gemacht hat, wird verwiesen. Sie gelten auch für die hier vorgenommene Bewertung der Anteile in Anlehnung an die VStR 1960.

Die Revisionsklägerin beanstandet nicht dem Grundsatz nach die Bewertung ihrer Anteile nach den Richtlinien. Der Rechtsstreit geht lediglich um eine Korrektur des so ermittelten Wertes wegen der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Beschränkungen der Rechte der Gesellschafter bei Veräußerung und Vererbung.

Bei der Bewertung der GmbH-Anteile handelt es sich um die Ermittlung des gemeinen Wertes (§ 10 Abs. 1 BewG a. F., Abschnitt 76 VStR 1960). Wenn das FG die begehrte Korrektur als einen Abschlag nach Abschnitt 79 Abs. 3 VStR 1960 wegen besonderer Umstände ansah, während die Revisionsklägerin unmittelbar den § 10 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG a. F. angewendet haben will, so macht dies in der rechtlichen Beurteilung und im Ergebnis keinen Unterschied. Denn das FG erörterte bei Verneinung des Abschlages § 10 BewG a. F. unmittelbar und berücksichtigte die geltend gemachten Beschränkungen in unmittelbarer Anwendung des BewG deshalb nicht, weil sie zu den persönlichen Verhältnissen und zu Verfügungsbeschränkungen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind, gehörten (§ 10 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 BewG a. F.). Die Ausführung des FG beruht dabei ebenso wie die vorhin angeführte Rechtsprechung des RFH auf dem Umstande, es handle sich um Anteile einer Familiengesellschaft. Dazu ist zunächst auf den Begriff der Familiengesellschaft einzugehen: Ihr Zweck ist die Erhaltung des Unternehmens innerhalb eines durch Blutsverwandtschaft oder Schwägerschaft bestimmten Kreises, mit so enger Verbindung, daß sie nach der Verkehrsauffassung noch als Einheit gelten kann. Bei jeder Familiengesellschaft wird der Gesellschaftsvertrag auf dem Zweck des Zusammenhaltens des Vermögens aufzubauen sein (Hachenburg, Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 6. Auflage § 1 Anmerkung 6 b). Eine gesetzliche Definition der Familiengesellschaft enthält § 76 Abs. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes. Danach gelten dort als Familiengesellschaften solche Aktiengesellschaften, deren Aktionär eine einzelne natürliche Person ist oder deren Aktionäre untereinander im Sinn von § 10 Nrn. 2 bis 5 StAnpG - u. a. Verwandte in gerader Linie und in der Seitenlinie bis zum dritten Grad - verwandt oder verschwägert sind. Da hier zwei Brüder und ein Sohn des einen Bruders die Revisionsklägerin gründeten und am Stichtage nur Onkel und Neffe Gesellschafter waren, ist eine Familiengesellschaft gegeben.

Die Einwendung der Revisionsklägerin, sämtlichen vom FG angeführten RFH-Entscheidungen zur Bewertung von Anteilen bzw. Aktien an Familiengesellschaften lägen keine Beschränkungen durch Satzung oder Gesellschaftsvertrag zugrunde, ist nicht zutreffend. In dem oben angeführten Urteil des RFH III A 5/37 vom 28. Januar 1937 ist die Beschränkung der Verkäuflichkeit der Geschäftsanteile im Gesellschaftsvertrage ausgesprochen; dazu führte dort der RFH aus, bei Familiengesellschaften bräuchten Verfügungs- und ähnliche - beschränkungen keinesfalls eine Wertminderung der Aktien bzw. Geschäftsanteile bedingen. In dem o. g. Urteil III A 37/37 vom 8. Juni 1937 ist ganz allgemein ohne die von der Revisionsklägerin vertretene Einschränkung ausgeführt, bei einer Familienaktiengesellschaft fühlten sich die Aktionäre enger mit dem Unternehmen verbunden als sonst die Aktionäre. Bei ihnen habe die leichtere oder schwerere Verkäuflichkeit oder Abtretbarkeit des Anteils keine entscheidende Bedeutung, weil dieser aus der Eigenart der Familiengesellschaft sich ergebenden schwereren Beweglichkeit der Anteile auf der anderen Seite gewisse Vorzüge (innere Stärke, Straffung der Verwaltung, Geschäftspolitik auf lange Sicht) gegenüberständen, und zweitens, weil die Bindungen hinsichtlich der Anteile letzten Endes und regelmäßig im Rahmen der nach § 10 Abs. 3 BewG 1934 nicht zu berücksichtigenden Verhältnisse lägen. Abzustellen sei die Bewertung der Anteile auf einen Käufer aus dem Kreise der Familienliebhaber. Betreffend Urteil des RFH III A 270/37 vom 21. Oktober 1937 (RStBl 1937, 1224) ist der Revisionsklägerin zuzugeben, daß keine in Satzung oder Gesellschaftsvertrag festgelegte Verkaufsbeschränkung zur Entscheidung stand, sondern lediglich Abschläge wegen schwerer Verkäuflichkeit bei Anteilen an Familiengesellschaften als nicht berechtigt bezeichnet wurden. ähnliches gilt von dem angezogenen Urteil des RFH III 276/37 vom 9. Dezember 1937 (a. a. O.). Das von der Revisionsklägerin angezogene Urteil des RFH III 202/37 vom 28. Januar 1938 (a. a. O.) ist vom FG mit Recht als hier nicht entsprechend abgelehnt worden. Es handelt sich dort nicht um eine Familien-GmbH, sondern um eine GmbH mit 47 Anteilseignern, die sich als Mitglieder und Anhänger einer politischen Partei im Interesse der gesinnungsmäßig aufrecht zu erhaltenden Zeitungen unter Hintanstellung des geschäftlichen und finanziellen Ergebnisses Beschränkungen unterworfen hatten (gesellschaftsvertragliche Beschränkung der Abtretbarkeit - Zustimmung der Gesellschafterversammlung - und bei Erbfall die Möglichkeit, den Geschäftsanteil zum Nennwert zu erwerben). Diese Beschränkungen beruhen auf ganz anderen Motiven als die einer Familiengesellschaft. Trotzdem hat auch im dortigen Falle der RFH den Anteilswert nicht auf den Nennwert, sondern auf 250 v. H. festgestellt. Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung an, daß bei einer Familien-GmbH, die ihrem Wesen nach eine engere gegenseitige Bindung als bei anderen Gesellschaften darstellt, die Beschränkungen der Veräußerlichkeit oder Abtretbarkeit bzw. Beschränkungen im Erbfalle keine Herabsetzung des im übrigen richtig ermittelten Anteilwerts bedingen. Der Senat hat zur beschränkten Veräußerungsmöglichkeit von GmbH-Anteilen im zurückverweisenden Urteil III 359/61 vom 15. Oktober 1964 (HFR 1965 S. 153) das FG angewiesen zu prüfen, welchen Bindungen die Gesellschafter beim Verkauf ihrer Anteile unterlägen. Die Möglichkeit solcher Bindungen der Gesellschafter nach § 15 Abs. 5 GmbHG seien sehr umfangreich. Die Anteilsbewertungsrichtlinien 1957 ständen trotz des Abschnitts 5 Abs. 3 einem besonderen Abschlag nicht entgegen, wenn nach den Vereinbarungen ein Verkauf der GmbH-Anteile erheblich erschwert sein sollte. Zu dieser Entscheidung ist jedoch zu bemerken, daß dort nicht von einer Familiengesellschaft die Rede ist, so daß dementsprechend auf das Urteil des RFH III 202/37 (a. a. O.) Bezug genommen wurde.

Darauf, ob die Beschränkung im Gesellschaftsvertrage oder in einer späteren Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern getroffen wurde, kommt es jedenfalls dann nicht an, wenn die am Stichtag vorhandenen Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag abgeschlossen haben. Dann kann man nicht von objektiven Umständen, die keine persönlichen Umstände seien, sprechen. Die Gesellschafter sind alsdann nicht in eine objektiv bestimmte GmbH eingetreten, sondern sie haben seinerzeit eine subjektive Regelung im eigenen und gegenseitigen Interesse getroffen. Andernfalls könnte auf diese Weise ohne weiteres § 10 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 BewG a. F. ausgeschaltet werden. Ein Vergleich mit Aktien verschiedenen Rechts (Vorzugsaktien) paßt schon deshalb nicht, weil es sich hier nicht um Aktien verschiedenen Rechts, sondern um die gleichrangigen und gleichwertigen Anteile an einer Familien-GmbH handelt.

Somit findet auf die GmbH-Anteile der Revisionsklägerin § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG a. F. Anwendung. Als die Gesellschafter sich bei der Gründung die Beschränkungen auferlegten, stand der belastenden Beschränkung des einzelnen durch seine Behinderung die Belastung des oder der übrigen Gesellschafter zu seinen Gunsten gegenüber. Beides wog sich auf. Der RFH und das FG haben nicht ohne Grund ausgeführt, solche Verhältnisse könnten im Gegenteil den Wert des Unternehmens und der Anteile steigern, weil sie unter Umständen die Straffung der Geschäftsführung verbessern und zu einer inneren Stärke des Unternehmens führen. Würde man eine Abwertung der GmbH-Anteile aus dem von den Gesellschaftern seinerzeit im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarten Beschränkungen zulassen, dann hätten es die Beteiligten in der Hand, unter Umgehung des § 10 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 BewG a. F. den steuerlichen Wert der Anteile zu ihrem Vorteile zu beeinflussen, ohne gehindert zu sein, zu anderer Zeit die Beschränkung nach ihrem Belieben fallen zu lassen. Es ist bei den engen verwandtschaftlichen Beziehungen einer echten Familiengesellschaft nicht einmal auszuschließen, daß von vornherein derartige Abreden getroffen oder vorgesehen sind. Diese Erwägung gilt allerdings nur für Familiengesellschaften, bei denen infolge der oben wiedergegebenen engen Begriffsbestimmung in der Begrenzung durch § 10 Nrn. 2 bis 5 StAnpG das verwandschaftliche Band als die überwiegend entscheidende Verbindung zwischen den Gesellschaftern anzusehen ist. Hinsichtlich der Beschränkung bei der Veräußerung liegt die ausgleichende Gegenseitigkeit auf der Hand. Aber auch die Beschränkungen bei der Vererblichkeit sind bei einer echten Familiengesellschaft als nicht berücksichtigungsfähige persönliche Verhältnisse anzusehen, selbst wenn diese Beschränkungen in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wurden. Es entzieht sich zudem selbstverständlich der Kenntnis des FA, ob irgendwelche internen anderweitigen Ausgleiche zwischen den nahen Verwandten vorgesehen sind.

Ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG liegt bei Versagung eines Abschlages nicht vor. Die Feststellung des Anteilswertes ist eine besonders erarbeitete Schätzung, bei der im Interesse eines möglichst gleichmäßigen und billigen Ergebnisses in erster Linie der Vermögenswert sowie der Ertragswert, die Beteiligungsverhältnisse und sonstige verschiedene Umstände berücksichtigt werden. Dazu gehören auch die besonderen Verhältnisse bei einer Familiengesellschaft ebenso wie z. B. der Paketzuschlag, ohne daß dadurch bei der Familiengesellschaft im Verhältnis zur anonymen Kapitalgesellschaft eine Verletzung des Gleichheitssatzes erfolgt wäre. Die Nichtberücksichtigung einer gegenseitigen Verfügungsbeschränkung der untereinander nahe verwandten Anteilseigner ist nicht willkürlich, sondern erklärt sich daraus, daß die Verfügungsbeschränkung bei einer Familiengesellschaft eine anders geartete Beschränkung ist als eine solche bei einer anderen Gesellschaft. Ein unerlaubter Durchgriff auf Tatbestände in der Person des Gesellschafters erfolgt daher nicht.

Ein Verstoß gegen Artikel 20 GG liegt ebenfalls nicht vor. Bei den Vermögens- und Ertragsverhältnissen der Revisionsklägerin kann keine Rede davon sein, daß die vorgenommene Anteilsbewertung den Begriff des sozialen Rechtsstaates verletze. Der allgemeine Hinweis auf die angeblich vielfach übliche Gestaltung mittlerer und kleinerer Unternehmen als Familiengesellschaft begründet ebenfalls nicht die erhobene Rüge. Die Anteilsbewertung entspricht dem BewG, der Bewertungsdurchführungsverordnung, der Rechtsprechung und den Richtlinien. Eine darauf fußende Besteuerung auch kleinerer und mittlerer Betriebe stellt keinen Widerspruch zum sozialen Rechtsstaat dar.

Schließlich ist die Rüge eines Verstoßes gegen Artikel 6 GG unberechtigt. Durch die hier vorgenommene Anteilsbewertung werden nicht Ehe und Familie beeinträchtigt, sondern es werden die unter den nahen Familienangehörigen getroffenen Verfügungsbeschränkungen als persönliche und nicht rein rechtliche Bindung angesehen. Der Zweck der Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 BewG a. F. ist es, bei Familiengesellschaften die gleiche objektive Bewertung zugrunde zu legen wie bei anderen Gesellschaften.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412666

BStBl III 1967, 666

BFHE 1967, 479

BFHE 89, 479

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