Leitsatz (amtlich)

1. Die Frist des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 zur Stellung eines Antrags auf Gewährung einer Investitionszulage ist eine Ausschlußfrist.

2. Bei Versäumung der Frist sind die Vorschriften der AO über die Versäumung einer Ausschlußfrist entsprechend anzuwenden.

 

Normenkette

InvZulG 1969 § 3 Abs. 3 Sätze 1, 3, Abs. 6; AO § 86

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) gestellte Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage nach dem Gesetz über die Gewährung von Investitionszulagen im Zonenrandgebiet und in anderen förderungsbedürftigen Gebieten sowie für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen (Investitionszulagegesetz) - InvZulG - vom 18. August 1969 (BGBl I 1969, 1211, BStBl I 1969, 477) für das Kalenderjahr 1971 rechtzeitig beim Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) eingegangen ist.

Der mit Datum vom 24. März 1972 versehene Antrag ging am 16. Juni 1972 beim FA ein. Dieses lehnte den Antrag als verspätet ab; die beantragte Nachsicht gewährte es nicht. Der Einspruch blieb erfolglos. Die Klage, mit der der Kläger die Gewährung einer Investitionszulage begehrte, hatte ebenfalls keinen Erfolg.

In der Revision beantragt der Kläger, die Vorentscheidung aufzuheben und die beantragte Investitionszulage zu gewähren. Zur Begründung führt er folgendes aus:

Der Antrag auf Gewährung der Investitionszulage sei als eine negative Steuererklärung zu werten, auf die § 83 Abs. 1 Satz 1 AO Anwendung finde. Im übrigen habe die Frist des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 nicht den Charakter einer Ausschlußfrist. Eine solche läge nur vor, wenn sie im Gesetz ausdrücklich genannt sei. Die vergleichbaren Fristen des § 25 EStG i. V. m. § 56 Abs. 3 EStDV und des § 18 Abs. 1 und 2 UStG seien ebenfalls verlängerbar.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist zulässig. Die Regelung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFH-EntlastG - vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861), wonach die Revision ohne Zulassung nur stattfindet, wenn der Wert des Streitgegenstandes zehntausend Deutsche Mark übersteigt, findet auf das vorliegende Verfahren keine Anwendung (vgl. Art. 2 Nr. 2 BFH-EntlastG).

2. Die Revision hat jedoch keinen Erfolg.

Die vom Kläger begehrte Investitionszulage wird auf Antrag gewährt (§ 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1969). Der Antrag kann nach § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 nur innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres gestellt werden, in dem das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung endet. Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Frist nicht verlängert werden.

1) Die Auslegung des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 nach Wortlaut, Sinnzusammenhang und rechtspolitischer Zwecksetzung ergibt, daß der Gesetzgeber die Frist bindend für die Geltendmachung des Anspruchs auf Gewährung der Investitionszulage bestimmt hat, und zwar mit der Maßgabe, daß nur die innerhalb der gesetzten Frist gestellten Anträge berücksichtigungsfähig sind. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist eine Verlängerung der Frist nicht vorgesehen.

Durch den Sinnzusammenhang mit § 3 Abs. 6 InvZulG wird die nach dem Wortlaut sich ergebende Endgültigkeit der Frist bestätigt. Danach finden die Vorschriften des Zweiten Teils der Reichsabgabenordnung entsprechende Anwendung. Damit ist auf eine entsprechende Anwendung der §§ 82 ff. AO verwiesen. Unter den hier erwähnten Fristen ist die Antragsfrist nach § 3 Abs. 3 InvZulG der Antragsfrist auf Gewährung einer Steuervergütung vergleichbar, bei deren Versäumung nur Nachsicht und nicht eine etwaige Verlängerung möglich ist (vgl. § 86 Abs. 1 AO).

Auch der Zweck der Vorschrift spricht gegen eine Verlängerung der Frist. Die gebietsbezogene Investitionszulage des § 1 InvZulG 1969 ist ein Instrument der regionalen Wirtschaftsförderung. Sie dient einer möglichst schnellen und durchgreifenden Verbesserung der Wirtschaftsstruktur. Um den vom Gesetz bezweckten Erfolg erreichen zu können, ist es erforderlich, daß die Zulage den Berechtigten baldmöglichst ausgezahlt wird. Hierzu bedarf es der alsbaldigen Geltendmachung der bestehenden Ansprüche. Zweck der Fristbestimmung ist es ferner, der Verwaltung in angemessener Zeit einen ausreichenden Überblick über den Umfang der auf sie zukommenden Leistungsverpflichtungen zu ermöglichen. Die First des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 ist daher als Ausschlußfrist anzusehen. Dem steht nicht entgegen, daß die Frist im Gesetz nicht ausdrücklich als Ausschlußfrist bezeichnet ist; denn die Rechtsnatur einer Frist ist nicht von deren formellen Bezeichnung abhängig, sondern deren Sinn und Zweck zu entnehmen (vgl. Urteil des BFH vom 21. November 1957 IV 206/56 U, BFHE 66, 124, BStBl III 1958, 49).

Als Ausschlußfrist kann die Frist des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 nicht verlängert werden (§ 83 Abs. 1 Satz 3 AO i. V. m. § 3 Abs. 6 InvZulG 1969). Bei Versäumung der Frist wird der Berechtigte mit der Geltendmachung des Rechts ausgeschlossen.

2) Die vom Kläger angeführten Vorschriften des § 25 EStG i. V. m. § 56 Abs. 3 EStDV und des § 18 Abs. 1 und 2 UStG sind nicht vergleichbar, da die Steuererklärungsfrist kraft ausdrücklicher Regelung in § 167 Abs. 4 AO verlängert werden kann. Die Möglichkeit, die Frist zur Abgabe der Steuererklärung in Einzelfällen zu verlängern, ergibt sich aus § 83 Abs. 1 Satz 1 AO.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dem Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage nicht um eine "negative" Steuererklärung; denn der Antrag dient nicht, wie es § 166 Abs. 1 Satz 1 AO fordert, als Unterlage für die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder die Festsetzung einer Steuer. An die Angaben des Klägers knüpft keine Steuerpflicht. Mit seinem Antrag begehrt der Kläger vielmehr eine Leistung der Verwaltung.

Der Antrag des Klägers könnte damit nur berücksichtigt werden, wenn er innerhalb der Antragsfrist eingegangen wäre. Die in § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 gesetzte Frist war jedoch bereits nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht gewahrt.

Nachsicht in entsprechender Anwendung des § 86 AO kann schon deshalb nicht gewährt werden, weil keine Nachsichtsgründe vorliegen. Die Feststellung des Finanzgerichts insoweit ist nicht zu beanstanden. Sie wird vom Kläger mit der Revision auch nicht ausdrücklich angegriffen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71757

BStBl II 1976, 225

BFHE 1976, 518

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