Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Handelsrecht Gesellschaftsrecht Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Eröffnung des Konkursverfahrens bewirkt in steuerrechtlicher Hinsicht keine Trennung des Vermögens des Gemeinschuldners und der Konkursmasse (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs seit dem Urteil VI 687/37 vom 22. Juni 1938, RStBl 1938 S. 669, und des Bundesfinanzhofs im Urteil IV 135/51 U vom 12. September 1951, BStBl 1951 III S. 192, Slg. Bd. 55 S. 477).

Die im letzten Jahr vor der Konkurseröffnung fällig gewordenen oder als fällig geltenden Steuerforderungen sind als (privilegierte) Konkursforderungen zur Konkurstabelle anzumelden. Die nach Konkurseröffnung durch die Tätigkeit des Konkursverwalters entstehenden Steuerforderungen sind Massekosten im Sinne des § 58 Ziff. 2 KO.

Die bei Versilberung der Masse entstehenden Veräußerungsgewinne sind zu versteuern. Die Steuerforderung gehört zu den Massekosten.

Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr der Konkurseröffnung sind Verluste des Gemeinschuldners aus der Zeit vor der Konkurseröffnung zu berücksichtigen.

 

Normenkette

AO §§ 232, 231; EStG §§ 10d, 15, 16 Abs. 3, § 34; KO § 58 Ziff. 2, § 61/2, § 146

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob vom Konkursverwalter bei der Verwertung der Masse erzielte Veräußerungsgewinne zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, ob die darauf entfallende Einkommensteuer gegen den Konkursverwalter (als Massekosten) geltend gemacht werden können und ob der begünstigte Steuersatz des § 34 EStG anzuwenden ist.

über das Vermögen des Kaufmanns X. - Gemeinschuldner - wurde am 14. Mai 1958 nach Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens der Anschlußkonkurs eröffnet. Der Beschwerdeführer (im folgenden Konkursverwalter genannt) wurde zum Konkursverwalter bestellt. Er kündigte den Angestellten und Arbeitern zum nächstzulässigen Termin. Der Betrieb des Gemeinschuldners wurde nicht fortgeführt.

Nach der vom Konkursverwalter aufgestellten Konkursbilanz zum 14. Mai 1958 betrug der Buchwert des Geschäftsvermögens, soweit es hier interessiert, 48.943 DM (ausschließlich Debitoren). Der Konkursverwalter veräußerte diese Vermögensteile im Jahre 1958 für 151.677 DM. Das Finanzamt sah hierin die Erzielung eines einkommensteuerpflichtigen Gewinns, den es unter Abzug der Massekosten, des Zinsaufwandes und der Absetzung für Abnutzung (AfA) auf 86.155,60 DM berechnete. Eine Gewinn- und Verlustrechnung für 1958 reichte der Konkursverwalter trotz mehrmaliger Aufforderung nicht ein. In der Zeit vom 1. Januar bis 14. Mai 1958 war ein gewerblicher Verlust von 42.641,26 DM eingetreten. Diesen erkannte das Finanzamt an.

Durch den an den Konkursverwalter gerichteten Steuerbescheid vom 2. Dezember 1960 wurde die Einkommensteuer 1958 unter Ansatz eines gewerblichen Gewinns 1958 von 43.514 DM nach Berücksichtigung der Pauschbeträge für Sonderausgaben und des aus den Vorjahren bestehenden Verlustabzugs nach einem Einkommen von 19.256 DM auf 3.412 DM festgesetzt. Der ermäßigte Steuersatz des § 34 in Verbindung mit § 16 EStG wurde dabei nicht angewandt.

Hiergegen erhob der Konkursverwalter Einspruch mit dem Antrag, den Steuerbescheid aufzuheben und die Konkursmasse des Gemeinschuldners von der Einkommensteuer 1958 freizustellen. Zur Begründung trug er vor, die Veräußerung der Vermögensgegenstände, die nicht auf einem freien Entschluß beruht habe, stelle keine gewerbliche Tätigkeit dar. Eine Heranziehung der Veräußerungsgewinne zur Einkommensteuer bedeute eine Benachteiligung der Konkursgläubiger, deren Befriedigung allein das Konkursverfahren bezwecke. Der Gewinn 1958 betrage nicht, wie das FA angenommen habe, 86.155,60 DM, sondern 53.033,14 DM.

Der Einspruch blieb erfolglos. Mit seiner Berufung gegen die Einspruchsentscheidung beantragte der Konkursverwalter, die Konkursmasse von der Einkommensteuer 1958 freizustellen.

Das Finanzgericht änderte den Einspruchsbescheid und den Steuerbescheid ab und stellte den Konkursverwalter von der Einkommensteuer 1958 frei, soweit diese von ihm als Massekosten gefordert wird. Es führte in seiner Begründung aus, die Einkommensteuerberechnung als solche sei ohne Rücksicht darauf durchzuführen, daß der Gemeinschuldner mit Eröffnung des Konkursverfahrens das Verfügungsrecht über die Masse verloren habe. Bei der Gewinnermittlung sei auch - entgegen der Ansicht des Konkursverwalters - nicht vom Unterschiedsbetrag zwischen der Bilanz zum 31. Dezember 1957 und der Konkurseröffnungsbilanz auszugehen, da in dieser die stillen Reserven noch nicht aufgelöst worden seien. Der Veräußerungsgewinn sei deshalb in vollem Umfange einzusetzen. Zu den Massekosten gehörten aber nur Steuern, die aus der Verwaltung der Masse entstanden seien, nicht Steuern auf Gewinne, die etwa der Gemeinschuldner außerhalb des Konkurses erzielt habe. Falls beide Arten von Einkünften vorlägen, müsse aufgeteilt werden. Für diese Aufteilung sei nicht maßgebend, wann die Einnahmen erzielt seien, sondern auf wessen Tätigkeit die Schaffung der aufzulösenden stillen Reserven zurückzuführen sei. Hier seien diese Reserven durch die gewerbliche Tätigkeit des Gemeinschuldners, nicht dagegen durch die Tätigkeit des Konkursverwalters entstanden. Also sei eine Bilanz zum Konkurseröffnungstag zu erstellen, in der die stillen Reserven analog § 16 Abs. 3 EStG zu bewerten seien. Da nach den getroffenen Feststellungen durch die Tätigkeit des Konkursverwalters keine Gewinne mehr erzielt worden seien, sondern die Gewinne nur auf die Auflösung der stillen Reserven zurückzuführen seien, sei der Konkursverwalter von der Einkommensteuer freizustellen, soweit sie als Massekosten geltend gemacht werde. Wie das Finanzamt die errechnete Einkommensteuer nunmehr geltend zu machen habe, sei nicht zu entscheiden.

Gegen diese Entscheidung haben der Konkursverwalter und der Vorsteher des Finanzamt Rb. eingelegt.

Der Konkursverwalter beantragt, unter Abänderung der Vorentscheidung die Konkursmasse von der Einkommensteuer 1958 nicht nur, soweit diese als Massekosten gefordert wird, sondern allgemein freizustellen. Er trägt vor, das Finanzgericht sei nicht auf die Frage eingegangen, ob von den im Konkursverfahren erzielten Erlösen überhaupt Einkommensteuer verlangt werden könne. Deshalb sei er durch die Entscheidung beschwert.

Der Vorsteher des Finanzamts beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Berufung des Konkursverwalters als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Er bittet ferner, die Rb. des Konkursverwalters als unzulässig zu verwerfen. Er ist der Ansicht, für die Aufteilung der Einkommensteuerforderung sei - entgegen der Ansicht des Finanzgerichts - maßgebend, in welchem Zeitraum die für die Gewinnermittlung maßgeblichen betrieblichen Ereignisse fielen, wann also hier die Vermögensgewinne entstanden seien. Die Rb. des Konkursverwalters sei unzulässig, weil dieser durch die Entscheidung nicht beschwert sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts mußte zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung und Zurückverweisung an das Finanzamt führen.

I. Das Finanzgericht geht von dem richtigen Grundsatz aus, daß die Eröffnung des Konkursverfahrens in steuerrechtlicher Hinsicht keine Trennung des Vermögens des Gemeinschuldners und der Konkursmasse bewirkt, daß vielmehr der Gemeinschuldner Steuerschuldner bleibt und bei der Ermittlung der Einkünfte im Jahre der Konkurseröffnung die vom Gemeinschuldner außerhalb des Konkurses bezogenen und die vom Konkursverwalter für die Konkursmasse erzielten Einkünfte zusammenzurechnen sind. Das hat der Reichsfinanzhof (entgegen seiner früheren Rechtsprechung) seit der Entscheidung VI 687/37 vom 22. Juni 1938 (RStBl 1938 S. 669) in ständiger Rechtsprechung angenommen. Der Bundesfinanzhof hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (Urteil des erkennenden Senats IV 135/51 U vom 12. September 1951 (BStBl 1951 III S. 192, Slg. Bd. 55 S. 477).

II. Am Konkursverfahren nimmt der Steuergläubiger in gleicher Weise - mit gleichen Rechten und Pflichten - teil wie jeder andere Gläubiger. Hinsichtlich der Steuerforderungen ist dabei zu unterscheiden zwischen solchen, die im letzten Jahr vor der Eröffnung des Verfahrens auf Grund der Tätigkeit des Gemeinschuldners fällig geworden sind oder nach § 65 der Konkursordnung (KO) als fällig gelten, und solchen, die erst nach Konkurseröffnung durch die Tätigkeit des Konkursverwalters entstanden sind. Die ersteren Forderungen sind als (privilegierte) Konkursforderungen (ß 61 Ziff. 2 KO) zur Konkurstabelle anzumelden und gegebenenfalls im Verfahren des § 146 Abs. 1 KO festzustellen. Insoweit ist der Erlaß eines Steuerbescheides unzulässig, da eine Befriedigung von Gläubigern nur innerhalb des Konkurses und nur mittels des für den Konkurs vorgeschriebenen Verfahrens (Anmeldung) erfolgen kann (ß 3 Abs. 1 KO; Urteil des Reichsfinanzhofs Gr. S. 1/26 S vom 25. Oktober 1926, RStBl 1926 S. 337).

Die erst nach der Konkurseröffnung durch die Tätigkeit des Konkursverwalters entstehenden Forderungen dagegen sind als Ausgaben für die Verwertung der Masse Kosten im Sinne des § 58 Ziff. 2 KO (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I 316/39 vom 19. März 1940, RStBl 1940 S. 422, und Urteil des Bundesfinanzhofs V 199/56 U vom 4. Juli 1957, BStBl 1957 III S. 282, Slg. Bd. 65 S. 131), die gegen den Konkursverwalter durch Steuerbescheid geltend gemacht werden müssen.

III. Unstreitig hat der Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung keine Gewinne mehr erzielt, und es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß er noch nach Konkurseröffnung außerhalb des Konkurses Einkünfte gehabt hat. Es kommt daher lediglich darauf an, wie der durch die Betriebsveräußerung erzielte Gewinn zu behandeln ist.

Der Konkursverwalter geht selbst davon aus, daß ein einkommensteuerpflichtiger Gewinn vorläge, falls er als Konkursverwalter den Betrieb des Gemeinschuldners fortgeführt hätte. (Das entspricht der Rechtsprechung - vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs VI 687/37 vom 22. Juni 1938, RStBl 1938 S. 669, und I 89/38 vom 13. Juli 1938, RStBl 1938 S. 843 -.) Er meint nur, im Falle der Einstellung des Betriebes könne in der bloßen Versilberung der Masse keine einkommensteuerpflichtige Tätigkeit mehr erblickt werden und außerdem widerspreche die Heranziehung der Masse zur Einkommensteuer dem Grundgedanken des Konkurses, der auf Befriedigung der Konkursgläubiger abziele.

In tatsächlicher Hinsicht ist unstreitig, daß der Gewerbebetrieb des Gemeinschuldners spätestens im Zeitpunkt der Konkurseröffnung eingestellt war. Damit hatte die gewerbliche Betätigung des Gemeinschuldners (und des an seine Stelle getretenen Konkursverwalters) im Sinne des Gewerbesteuerrechts ihr Ende gefundene, weil jede werbende Tätigkeit aufgehört hatte (Urteil des Reichsfinanzhofs VI 330/40 vom 20. November 1940, RStBl 1941 S. 225).

Daß ein Betrieb aufgehört hat, Gewerbebetrieb zu sein, bedeutet aber noch nicht, daß er auch im einkommensteuerrechtlichen Sinne nicht mehr als bestehend behandelt werden müßte, daß also einkommensteuerbare Vorfälle nicht mehr eintreten könnten. Das zeigt schon § 16 Abs. 3 EStG, der die Aufgabe eines Gewerbebetriebs der Veräußerung des Betriebs gleichstellt und den bei der Aufgabe erzielten Veräußerungsgewinn der - wenn auch ermäßigten - Besteuerung unterwirft. So hat der Bundesfinanzhof mehrfach ausgesprochen, daß auch ein aufgelöster Gewerbebetrieb einkommensteuerrechtlich als fortbestehend behandelt werden kann (Urteile des Bundesfinanzhofs IV 368/55 U vom 7. März 1957, BStBl 1957 III S. 209, Slg. Bd. 64 S. 556; I 294/56 U vom 10. Sept. 1957, BStBl 1957 III S. 414, Slg. Bd. 65 S. 468; I 5/61 U vom 26. September 1961, BStBl 1961 III S. 517, Slg. Bd. 73 S. 689).

Darüber hinaus sind Veräußerungsgewinne des einkommensteuerrechtlich als fortbestehend zu behandelnden Betriebs in Fällen, in denen mit der Betriebsaufgabe nicht unmittelbar auch die Verwirklichung der vorhandenen Werte erfolgt, sondern in denen eine allmähliche Liquidation stattfindet, nicht nach §§ 16 Abs. 3, 34 EStG als steuerbegünstigte Gewinne, sondern als laufende Gewinne im Sinne des § 15 EStG zu behandeln.

Die Anwendung dieser allgemeinen (nicht auf den Fall des Konkurses speziell bezogenen) Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt zu folgendem Ergebnis:

Der Betrieb des Gemeinschuldners galt in einkommensteuerrechtlicher Beziehung als fortbestehend.

Die Aufgabe des Betriebes (spätestens) zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung war nicht mit der unmittelbaren Veräußerung der Vermögenswerte verbunden; diese wurden vielmehr erst allmählich veräußert; hierbei erzielte Gewinne waren also keine tarifbegünstigten Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 16 Abs. 3, 34 EStG.

Wendet man diese allgemeinen steuerlichen Grundsätze an, wie es das Finanzgericht auch hat tun wollen, so kann man nicht andererseits das Entstehen einer Einkommensteuerschuld verneinen mit der vom Finanzgericht gewählten Begründung, die durch Veräußerung von Betriebsvermögen entstandenen Einkünfte seien nicht aus der Verwaltung der Masse entstanden (ß 58 Ziff 2 KO), sondern aus der gewerblichen Tätigkeit des Gemeinschuldners vor der Konkurseröffnung. Bei dieser Begründung würde man bei allen durch die Veräußerung des Betriebsvermögens nach Geschäftsaufgabe erzielten Gewinnen sagen müssen, diese Gewinne seien durch die bisherige Tätigkeit des Betriebsinhabers erzielt worden. Selbst wenn das der Fall wäre (es stimmt z. B. nicht bei zwischenzeitlich durch die Konjunktur erfolgten Wertsteigerungen), so mißt das Gesetz jedenfalls diesen Erwägungen keinerlei Bedeutung bei. Für die Frage, ob ein Veräußerungsgewinn erzielt ist, ist nicht maßgebend, wodurch er erzielt ist, sondern lediglich, ob der realisierte Wert den Buchwert übersteigt.

Dabei ist nach allgemeinen Grundsätzen die Steuerschuld entstanden zu dem Zeitpunkt in dem sich der den Gewinn realisierende Betriebsvorgang abspielt, und ist der Gewinn erst dann in der Weise festzustellen, daß der bisher zu Buch stehende Wert und der Veräußerungspreis (vgl. § 16 Abs. 3 EStG) verglichen werden.

Nun glaubt das Finanzgericht, eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen mit den Besonderheiten des Konkursverfahrens begründen zu können. Es führt aus, die Zurechnung einer Steuerforderung zu den Massekosten setze voraus, daß sie "aus der Verwaltung der Masse entstanden" sei, d. h. daß es sich um Einkünfte handle, die der Verwaltung des Konkursverwalters unterlägen. Es verweist dabei auf § 58 Ziff. 2 KO und meint, daß die stillen Reserven schon zur Zeit der Konkurseröffnung (in der Konkurseröffnungsbilanz) aufzulösen seien, weil die Schaffung dieser Reserven auf die gewerbliche Betätigung vor der Konkurseröffnung und nicht die Verwaltung durch den Konkursverwalter zurückzuführen sei.

Diese Begründung findet in dem angezogenen § 58 Ziff. 2 KO keine Rechtfertigung. Es kann zunächst keinem Zweifel unterliegen, daß die von dem Konkursverwalter verkauften Wirtschaftsgüter und die durch den Verkauf realisierten Veräußerungsgewinne seiner Verwaltung unterliegen, so daß also die vom Finanzgericht aufgestellte Voraussetzung erfüllt ist. Es ist auch richtig, daß die Steuerschuld "aus der Verwaltung der Masse entstanden" sein muß (in § 58 Ziff. 2 KO heißt es genauer, daß es sich um "Ausgaben für die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse " handeln muß). Der weitere Schluß des Finanzgerichts, daß die Schaffung der stillen Reserven (nicht nur die Entstehung der Steuerschuld) auf die Tätigkeit des Konkursverwalters zurückgehen müsse, ist aus dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Es kann nur noch fraglich sein, ob andere Besonderheiten des Konkursrechts eine von den normalen steuerrechtlichen Regeln abweichende Behandlung von Veräußerungsgewinnen während des Konkursverfahrens rechtfertigen. Das ist nicht der Fall.

Der Konkursverwalter macht geltend, einkommensteuerliche Gesichtspunkte könnten überhaupt hier nicht angewendet werden, weil keine freiwillige Betätigung des Gemeinschuldners vorliege, sondern eine zwangsweise Liquidierung des Geschäftsvermögens. Bei einem Liquidationsvergleich (ß 7 Abs. 4 der Vergleichsordnung) oder bei einer Einzelbefriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung käme niemand auf den Gedanken, den Erlös für Vermögensgegenstände des Schuldners als einkommensteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn anzusehen.

Die Behauptung stellt aber in Wirklichkeit das als bewiesen hin, was erst zu beweisen ist. Denn in beiden Fällen ist es ebenso fraglich, ob die Steuerschuld nicht doch entsteht, wie im Falle der Verwertung von Betriebsvermögen im Konkurs. Es ist nicht einzusehen, weshalb im Falle der zwangsweisen Verwertung eines Wirtschaftsgutes durch Zwangsvollstreckung, das bei der Versteigerung einen höheren Wert als den Buchwert erzielt, dem Steuerpflichtigen dieser Wertzuwachs in Form eines Veräußerungsgewinns nicht zuzurechnen sein sollte.

Weiter führt der Konkursverwalter aus, durch die Besteuerung des Veräußerungsgewinns würden die Konkursgläubiger benachteiligt. Der Vortrag des Konkursverwalters ist hier insofern nicht folgerichtig, als er selbst einräumt, daß bei Fortführung einer werbenden Tätigkeit Einkommensteuer zu entrichten sei, in welchem Falle aber die Konkursgläubiger auch benachteiligt sind. Es kann nun keinen Unterschied machen, ob der einkommensteuerpflichtige Gewinn in einem auf eine werbende Tätigkeit zurückzuführenden Vermögenszuwachs oder in einem Veräußerungsgewinn besteht. In beiden Fällen fließt der zur Befriedigung der Gläubiger bereitstehenden Masse ein Wert zu, und in beiden Fällen müssen die Gläubiger einen Teil des Gewinns abgeben. Allerdings besteht insofern ein Unterschied, als der Wert der den Gläubigern verbliebenen Masse schon bei der Konkurseröffnung festliegt, während sich die Masse durch einen Gewerbeertrag noch erhöht.

Gerade der vorliegende - selten vorkommende - Fall der restlosen Befriedigung aller Konkursgläubiger zeigt, wie Veräußerungsgewinne, die meist ohne besondere Mühe zu erzielen sind, den Konkursgläubigern zustatten kommen können. Es erscheint nicht gerechtfertigt, den Steuerfiskus von der Teilnahme an diesen Gewinnen auszuschließen.

IV. Im Gegensatz zum Finanzgericht sind daher die vom Konkursverwalter erzielten Veräußerungsgewinne als laufende Gewinne im Sinne des § 15 EStG zu behandeln.

Wegen der Höhe des Gewinns sind noch weitere Ermittlungen durch das Finanzamt anzustellen. Während das Finanzamt von einem Veräußerungsgewinn von 86.155,60 DM ausgeht, wollte das Finanzgericht offensichtlich einen solchen von 83.954,59 DM zugrunde legen. Es erscheint nicht völlig aufgeklärt, ob die Differenz von 2.201,01 DM auf Forderungsausfälle zurückzuführen ist. Die in der Konkurseröffnungsbilanz ausgewiesenen Debitoren treten in der Bilanz vom 31. Dezember 1958 nicht mehr auf. Das Finanzamt hat deshalb unterstellt, daß die Außenstände hätten eingezogen werden können. Der Konkursverwalter hatte dagegen vorgetragen, der Erlös aus Debitoren betrage nur 2.435,47 DM. Diese letztere Feststellung ist auch vom Finanzamt in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 1962 vor dem Finanzgericht als richtig anerkannt worden. Es bleibt also zu klären, ob der Differenzbetrag endgültig verloren und damit als gewinnmindernd zu berücksichtigen ist. Ferner ist festzustellen, inwieweit in den Massekosten auch dem Gemeinschuldner und seiner Familie gewährte Zuwendungen (ß 58 Ziff. 3 KO) enthalten sind, die als gewinnerhöhende Entnahmen zu behandeln wären. Auch wird noch der Behauptung des Konkursverwalters nachgegangen werden müssen, außer den Massekosten sei noch ein weiterer Aufwand dadurch entstanden, daß die Sparkasse außer der am Anfang ausgewiesenen Schuld von 37.841 DM weitere Ansprüche gestellt habe, die von dem Käufer des Grundstücks unter Anrechnung auf den Kaufpreis von 115.000 DM beglichen worden seien. Endlich wird auch zu prüfen sein, ob die vom Konkursverwalter in seinem Schriftsatz vom 9. Jan. 1962 erwähnten Mieteinnahmen bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind.

V. Man könnte an eine Berichtigung des Steuerbescheides zugunsten des Konkursverwalters denken.

In der (älteren) Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteil VI A 690/34 vom 5. Februar 1936, RStBl 1936 S. 555) und vom überwiegenden Teil der Literatur (Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10 d Anm. 3; weitere Angaben bei Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 10 d Anm. 4) wird die Ansicht vertreten, von den während des Konkursverfahrens erzielten Gewinnen könne ein Verlust nicht abgezogen werden (ß 10 d EStG), soweit die Verluste auf Schulden entfielen, die voraussichtlich vom Gemeinschuldner nicht getilgt werden würden. Denn diese Schulden belasteten ihn wirtschaftlich nicht. Die genannte Entscheidung des Reichsfinanzhofs liegt zeitlich vor der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 687/37, in der der Reichsfinanzhof seine bisher ständig vertretene Ansicht aufgab, daß durch die Konkurseröffnung eine Trennung zwischen dem Vermögen des Gemeinschuldners und der Konkursmasse eintrete. Der Reichsfinanzhof vertritt seit dieser Entscheidung aus dem Jahre 1938 die Ansicht, daß die Veranlagung zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr einheitlich erfolgen müsse und die vom Gemeinschuldner im gleichen Veranlagungszeitraum vor der Konkurseröffnung oder nach der Konkurseröffnung außerhalb des Konkurses erzielten Einkünfte und die vom Konkursverwalter erzielten Einkünfte zusammenzurechnen seien. Bei dieser Gelegenheit führte der Reichsfinanzhof aus, bei seiner früheren Rechtsprechung hätte der Gemeinschuldner die etwa nach Konkurseröffnung erzielten überschüsse nicht durch die vorher entstandenen Verluste ausgleichen können. Das widerspreche dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Der Reichsfinanzhof wollte also offenbar einen Verlustausgleich zulassen. In der Tat wäre es inkonsequent, das Vermögen des Gemeinschuldners einer einheitlichen Besteuerung zu unterwerfen und ihm gleichzeitig zu versagen, einen Verlustausgleich vorzunehmen.

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs VI 66/59 U vom 17. Februar 1961 (BStBl 1961 III S. 230, Slg. Bd. 72 S. 630) steht dem bezeichneten Ausgleich nicht entgegen. Damals handelte es sich um den Fall, daß ein Erbe nach Eröffnung des Nachlaßkonkurses den Verlust abziehen wollte. Da der Erbe ohnehin nur beschränkt haftete, war allerdings nicht damit zu rechnen, daß er zur Zahlung herangezogen werden würde.

Im übrigen sind nach der unwidersprochen gebliebenen Behauptung des Finanzamts die Gläubiger restlos befriedigt worden, so daß es schon an der Voraussetzung fehlt, daß der Gemeinschuldner voraussichtlich seine Schulden nicht wird bezahlen können.

VI. Die Rb. des Konkursverwalters ist unzulässig (ß 232 AO).

Der Konkursverwalter hatte beim Finanzgericht beantragt, die Masse von der Einkommensteuer 1958 freizustellen. Das Finanzgericht hat in seiner Entscheidung lediglich ausgesprochen, daß der Konkursverwalter von der Einkommensteuer 1958 freizustellen sei, soweit diese von ihm als Massekosten gefordert werde. In den Gründen hat es dann ausgeführt, die an sich bestehende Steuerforderung sei als Konkursforderung anzumelden. Darin liegt zwar eine Nichtbescheidung des weitergehenden Antrages des Konkursverwalters. Eine sachliche Entscheidung über eine sonst mögliche Geltendmachung der Steuerforderung konnte aber vom Standpunkt des Finanzgerichts folgerichtig nicht ergehen, weil die von ihm angenommene Konkursforderung nach der erfolgten Aufhebung des Steuerbescheides in dem völlig anderen Verfahren des § 146 KO hätte festgestellt werden müssen. Nachdem das Finanzgericht den Steuerbescheid aufgehoben hatte, war keine Grundlage für eine Heranziehung des Konkursverwalters zur Einkommensteuer 1958 mehr vorhanden, so daß der Konkursverwalter im Endergebnis - vorläufig - alles erreicht hatte, was er anstrebte. Die Ansicht des Finanzgerichts, es liege eine Konkursforderung vor, war zwar nachteilig für den Konkursverwalter, weil auch dann die Masse belastet werden würde. Diese nachteilige Feststellung war aber nur in den Gründen der Entscheidung enthalten. In einer solchen Feststellung liegt in der Regel keine Beschwer, es sei denn, daß sie für andere Steuern oder steuerliche Verwaltungsmaßnahmen bindend wäre (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 270/34 vom 20. Februar 1935, RStBl 1935 S. 460), was hier ersichtlich nicht der Fall ist.

Der Konkursverwalter war daher durch die Vorentscheidung nicht beschwert, so daß sein Rechtsmittel unzulässig ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411013

BStBl III 1964, 70

BFHE 1964, 172

BFHE 78, 172

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