Leitsatz (amtlich)

Es bestehen ernstliche Zweifel, ob eine Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft durch die Vertreter einer Organisation begangen werden kann, die ihr zugeflossene Spenden ohne Wissen des Spenders an politische Parteien weitergeleitet hat.

 

Orientierungssatz

1. Ausführungen zur mittelbaren Täterschaft i.S. des § 25 StGB.

2. Die Eigenschaft einer Steuer, hinterzogen oder leichtfertig verkürzt zu sein, haftet dieser Steuer als solcher an. Es kommt nicht darauf an, wer die Steuer hinterzogen oder verkürzt hat, sondern (nur) darauf, daß sie hinterzogen oder verkürzt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 4.3.1980 VII R 88/77).

3. Die Verjährung des Körperschaftsteueranspruchs aus dem Veranlagungszeitraum 1972 richtet sich gemäß Art. 97 § 10 Abs. 1 Satz 2 EGAO 1977 nach den Vorschriften der Reichsabgabenordnung.

4. NV: Anders als im Revisionsverfahren (§ 120 Abs. 2 S. 2 FGO) fehlen im Beschwerdeverfahren Vorschriften, die einen bestimmten Antrag vorschreiben. Für die Zulässigkeit der Beschwerde genügt es, daß die Beschwerdeschrift das Begehren des Beschwerdeführers eindeutig erkennen läßt.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2-3; EGAO 1977 Art. 97 § 10 Abs. 1 S. 2; AO § 144 Abs. 1 S. 2; StGB § 25; AO 1977 § 370; FGO § 128

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) hatte 1972 dem ... (im folgenden: "Seminar") 10 000 DM gespendet. Die Antragstellerin hat den Betrag bei der Ermittlung ihres Einkommens gemäß § 11 Nr.5 Buchst.a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der im Streitjahr (1972) geltenden Fassung als Ausgabe abgezogen. Das "Seminar" war durch Bescheid des zuständigen Finanzamts vom 16.März 1961 wegen Förderung der Volksbildung als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt und von der Körperschaftsteuer befreit (§ 4 Abs.1 Nr.6 KStG).

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Antragstellerin für das Streitjahr erklärungsgemäß durch vorläufigen Bescheid (§ 100 Abs.1 der Reichsabgabenordnung --AO--) zur Körperschaftsteuer. Eine Außenprüfung bei der Antragstellerin führte für das Streitjahr zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen; das FA erklärte den Steuerbescheid für endgültig.

Aufgrund von Feststellungen der Staatsanwaltschaft Bonn erließ das FA einen gemäß § 173 Abs.1 Nr.1 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Körperschaftsteuerbescheid, mit dem es den Spendenbetrag als nicht abziehbare Ausgabe dem Gewinn der Antragstellerin hinzurechnete und die Körperschaftsteuer entsprechend erhöhte.

Die Antragstellerin beantragte beim FG, die Vollziehung der angefochtenen Bescheide auszusetzen, nachdem das FA ein entsprechendes Begehren abgelehnt hatte.

Das FA hat dem widersprochen.

Das FG hat dem zulässigen Antrag entsprochen und die Vollziehung des angefochtenen Körperschaftsteuerbescheides 1972 hinsichtlich bestimmter Abgabenbeträge ausgesetzt.

Gegen den Beschluß hat das FA Beschwerde eingelegt.

++/ Einen Antrag hat das FA nicht gestellt. /++

(Sachverhalt gekürzt)

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Beschwerde des FA ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen. Das FG hat in seiner Entscheidung im Ergebnis zutreffend ... das Bestehen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Körperschaftsteuer-(Änderungs-)Bescheides bejaht und die Vollziehung dieses Steuerbescheides in bestimmter Höhe ausgesetzt.

++/ I. Das Fehlen eines bestimmten Antrags des FA macht dessen Beschwerde nicht unzulässig. Anders als im Revisionsverfahren (vgl. § 120 Abs.2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) fehlen im Beschwerdeverfahren Vorschriften, die einen bestimmten Antrag vorschreiben. Im Streitfall genügt es, daß die Beschwerdeschrift des FA dessen (verfahrensrechtliches) Begehren eindeutig erkennen läßt: Die Entscheidung des FG soll aufgehoben werden, soweit durch sie die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides ausgesetzt worden ist. /++

II. Das FG hat ... zu Recht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides bejaht und gewichtige Gründe angeführt, die für eine Verjährung des geltend gemachten Steueranspruches sprechen können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61261

BStBl II 1988, 211

BFHE 148, 222

BFHE 1987, 222

BB 1987, 176

BB 1987, 176-177 (ST)

DB 1987, 312-313 (ST)

DStR 1987, 122-122 (S)

DStZ 1987, 124-126 (ST)

HFR 1987, 225-226 (ST)

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