1 Leitsatz

Die Kosten der Fällung eines morschen, nicht mehr standsicheren Baumes sind grundsätzlich umlagefähige Kosten der Gartenpflege i. S. v. § 2 Nr. 10 BetrKV.

2 Normenkette

§ 2 Nr. 10 BetrKV

3 Das Problem

Eine Wohnungsgenossenschaft und die Mieterin einer Wohnung streiten über die Umlage von Kosten für eine Baumfällung. Im Mietvertrag ist vereinbart, dass die Mieterin die auf ihre Wohnung entfallenden Betriebskosten trägt.

Die Vermieterin hatte eine über 40 Jahre alte Birke auf dem Grundstück fällen lassen, weil der Baum morsch und nicht mehr standfest war. Die Kosten von 2.500 EUR legte sie im Rahmen der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter um.

Von den Kosten des Baumfällens entfielen auf die Mieterin 415 EUR. Nachdem sie zunächst die sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebende Nachzahlung, die im Wesentlichen auf den Kosten der Baumfällung beruhte, unter Vorbehalt geleistet hatte, fordert sie nun Rückzahlung der anteiligen Baumfällkosten. Sie meint, die Vermieterin hätte diese Kosten nicht als Kosten der Gartenpflege umlegen dürfen.

Die Frage, ob Baumfällkosten umlagefähige Betriebskosten sind, war bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt.

4 Die Entscheidung

Die Klage auf Rückzahlung hat keinen Erfolg. Die Kosten der Fällung des morschen und nicht mehr standsicheren Baumes gehören zu den umlagefähigen "Kosten der Gartenpflege" i. S. v. § 2 Nr. 10 BetrKV.

Diese Vorschrift umfasst die Kosten der Pflege von zum Wohnanwesen gehörenden gemeinschaftlichen Gartenflächen, die nicht dem Vermieter oder anderen Mietern zur alleinigen oder der Öffentlichkeit zur allgemeinen Nutzung überlassen sind. Ob der Mieter diese Gartenfläche auch tatsächlich nutzt, ist unerheblich.

Die Fällung und Beseitigung eines nicht mehr standfesten Baumes ist regelmäßig eine objektiv erforderliche Maßnahme der Gartenpflege. Zwar sind in § 2 Nr. 10 BetrKV Baumfällarbeiten nicht ausdrücklich genannt, jedoch die Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen. Bäume sind Gehölze in diesem Sinne. Die Erneuerung setzt das vorherige Entfernen voraus, sodass das Entfernen nicht ausdrücklich genannt werden musste.

Die Baumfällkosten sind keine – nicht umlagefähigen – Instandsetzungskosten i. S. v. § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV. Aufwendungen für Instandsetzung und Instandhaltung werden durch Reparatur und Wiederbeschaffung verursacht und müssen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs erbracht werden, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen. Instandsetzung und Instandhaltung betreffen deshalb Mängel an der Substanz der Immobilie oder ihrer Teile. Mit dem Fällen eines Baumes wird nicht notwendigerweise ein Mangel der Mietsache beseitigt.

Auch wenn der Vermieter durch das Fällen eines nicht mehr standfesten Baumes seiner Verkehrssicherungspflicht genügt, handelt es sich nicht um Instandhaltungskosten. Die Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten ist als rein haftungsrechtlicher Gesichtspunkt kein maßgebendes Kriterium zur Abgrenzung zwischen Instandhaltungs- und Betriebskosten.

Der Einordnung der Baumfällkosten als Betriebskosten steht auch nicht entgegen, dass diese nicht jährlich oder in festgelegten Abständen entstehen. Bei Pflanzen und Gehölzen ist Erneuerungsbedarf in zeitlicher Hinsicht nicht in dem Maße vorhersehbar wie bei anderen Betriebskosten, da es sich bei Pflanzen und Gehölzen um Lebewesen handelt und sie daher nicht ohne Weiteres mit den anderen, auf baulichen und technischen Gegebenheiten beruhenden Betriebskosten vergleichbar sind. § 2 Nr. 10 BetrKV unterscheidet auch nicht zwischen kurz- und langlebigen Gehölzen. Damit sind der Entstehung von "Kosten der Gartenpflege" längere, nicht sicher vorherbestimmbare Zeitintervalle immanent.

Schließlich sind die Kosten einer Baumfällung für einen Mieter, der die mit Bäumen versehene Gartenanlage nutzen und damit vom entsprechenden Wohnwert profitieren kann, auch vorhersehbar.

Das LG Berlin bestätigte das amtsgerichtliche Urteil, das eine Auskunftspflicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bejahte. Auf eine Einsichtnahme in das Grundbuch kann der Mieter nicht verwiesen werden, weil nicht nur der Eigentümer Vermieter sein kann, sondern auch jemand, der schuldrechtlich ermächtigt worden ist, Mietverträge im eigenen Namen zu schließen. Der Mieter hat daher einen Anspruch gegen die Hausverwaltung auf Mitteilung von Name und Anschrift des Vermieters, unter der dieser erreichbar ist und ggf. auch verklagt werden kann.

5 Entscheidung

BGH, Urteil v. 10.11.2021, VIII ZR 107/20

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