Leitsatz

Das für die Beschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers, der im Wege der Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter erreichen will, bemisst sich nach seinem – im Zweifel nach Miteigentumsanteilen zu bestimmenden – Anteil an der Schadensersatzforderung; ebenso beschränkt sich das wirtschaftliche Interesse daran, eine Kostenmehrbelastung (hier durch die beschlossene Erhöhung einer Kostenobergrenze) zu verhindern, auf den Anteil des Wohnungseigentümers an den Mehrkosten.

 

Normenkette

EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO § 9 Satz 1; WEG §§ 21 Abs. 8, 26

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer beschließen für die Hausreinigung aller Treppenhäuser eine Kostenobergrenze von in Höhe 40.000 EUR. Vor diesem Hintergrund schließt der Verwalter mit Wirkung zum 1. Januar 2014 mit 3 Reinigungsfirmen Dienstverträge über die Treppenhausreinigung ab. Die Reinigungsfirmen können als Vergütung jährlich insgesamt 46.800 EUR verlangen.
  2. Im Jahr 2015 findet ein Antrag, einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter wegen der Mehrbelastung geltend zu machen und die Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden feststellen zu lassen, keine Mehrheit (Negativbeschluss). Einem Antrag, die Kostenobergrenze rückwirkend zum 1. Januar 2014 auf 46.800 EUR anzuheben, wird hingegen mehrheitlich zugestimmt.
  3. Gegen diese beiden Beschlüsse wendet sich Wohnungseigentümer K im Wege der Anfechtungsklage. Zugleich will er im Wege der Beschlussersetzungsklage (§ 21 Abs. 8 WEG) erreichen, dass der Antrag, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, beschlossen wird; hilfsweise verlangt der klagende Wohnungseigentümer die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu dem insoweit beantragten Vorgehen. Das Amtsgericht weist die Klage ab, das Landgericht die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurück. Gegen die damit verbundene Nichtzulassung der Revision richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofes bereits unzulässig.
 

Die Entscheidung

  1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteige nicht 20.000 EUR (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Es komme nicht auf die Mehrbelastung aller Wohnungseigentümer bzw. auf die Gesamtforderung gegen den Verwalter an. Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers, der im Wege der Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter erreichen wolle, bemesse sich vielmehr nach seinem – im Zweifel nach Miteigentumsanteilen zu bestimmenden – Anteil an der Schadensersatzforderung; ebenso beschränke sich das wirtschaftliche Interesse daran, eine Kostenmehrbelastung (hier durch die beschlossene Erhöhung der Kostenobergrenze) zu verhindern, auf den Anteil des Wohnungseigentümers an den Mehrkosten.
  2. Die Höhe des jeweils auf ihn entfallenden Anteils habe K in seiner Beschwerde nicht dargelegt; auch lasse sich die Höhe des Miteigentumsanteils weder der angefochtenen Entscheidung noch der Beschwerdebegründung entnehmen. Angesichts der Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft – 351 Wohnungseigentumsrechte – dürfte freilich auszuschließen sein, dass K's Anteil insgesamt die Grenze von 20.000 EUR überschreite – selbst wenn entsprechend § 9 ZPO ein Zeitraum von 3,5 Jahren und damit eine Gesamtforderung von 47.600 EUR (jeweils 23.800 EUR für Klageanträge) zugrunde zu legen sein sollte.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Soweit die anzufechtende Entscheidung nach dem 31. Dezember 2015 verkündet worden ist, kann mittlerweile in jeder WEG-Sache nach Maßgabe des § 26 Nr. 8 EGZPO eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer muss also 20.000 EUR übersteigen – wenn das Berufungsgericht die Berufung nicht verworfen hat (Hügel/Elzer, WEG, 1. Aufl. 2015, § 62 Rn. 15). Vor diesem Hintergrund nimmt es nicht Wunder, dass der V. Zivilsenat die letzten Monate verstärkt mit der Frage, wie der Rechtsmittelführer beschwert ist, befasst ist. Seine Tendenz – die sich auch im Fall zeigt und die aus Gründen des Selbstschutzes verständlich ist – liegt darin, die Beschwer als eher gering anzusehen.
  2. Dogmatisch überzeugend ist das Ergebnis freilich – jedenfalls hier – nicht. Der Verwalter hat seine Amtspflichten verletzt, indem er – sollte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus den Verträgen mit den Dienstleistern gebunden sein, was fraglich ist, da eine Ermächtigung zu den Vertragsschlüssen nicht erkennbar ist – entgegen der Weisung der Wohnungseigentümer bei Vertragsschluss die Kostenobergrenze überschritten hatte. Es liegt also ein Schaden von insgesamt 23.800 EUR (§ 9 Satz 1 ZPO: 3,5 x 6.800 EUR) vor – sollte die Dienstleistung "Treppenhausreinigung" für 40.000 EUR am Markt erhältlich gewesen sein. Diesen Gesamtschaden will K, wie auch die Beschlussersetzungsklage zeigt, verfolgt sehen – nicht seinen Ante...

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