Nach der nicht mehr geltenden Bestimmung des § 49 Abs. 2 WEG a. F. konnten dem Verwalter die Kosten insbesondere eines Anfechtungsverfahrens auferlegt werden, wenn er dieses aufgrund groben Verschuldens zu verantworten hatte.

§ 49 Abs. 2 WEG a. F. ist mit Inkrafttreten des WEMoG deshalb entfallen, weil seit jeher ein materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter geltend gemacht werden konnte, auch wenn diesem nur einfache Fahrlässigkeit zum Vorwurf zu machen war. Überdies hatten die Gerichte von der Möglichkeit des § 49 Abs. 2 WEG a. F. ohnehin nur zurückhaltend Gebrauch gemacht.

 
Praxis-Beispiel

Beispiele für grobes Verschulden

Eine Verfahrenskostenbelastung auf Grundlage von § 49 Abs. 2 WEG a. F. erfolgte insbesondere in folgenden Fällen:

  • grob fehlerhafte Protokollierung des Abstimmungsergebnisses[1] oder Ermittlung des Abstimmungsergebnisses;[2]
  • Ladungsmangel hat sich auf Beschlussfassung ausgewirkt[3], insbesondere ungenügende Bezeichnung der TOPs im Einberufungsschreiben.[4] Ankündigung der Verwalterwiederbestellung und Beschlussfassung über Neubestellung eines anderen Verwalters ohne Vergleichsangebote;[5]
  • Ausübung einer Stimmrechtsvollmacht bei der Beschlussfassung über die Verwalterentlastung bei zusätzlicher Ergänzungsladung 2 Tage vor der Eigentümerversammlung;[6]
  • Verkündung eines erkennbar nichtigen Beschlusses;[7]
  • Initiierung inhaltsgleicher Beschlüsse, die bereits mehrfach gerichtlich für ungültig erklärt wurden;[8]
  • Beschlussfassung unter dem TOP "Sonstiges"/"Verschiedenes", soweit nicht bereits im Ladungsschreiben Beschlussgegenstände ausreichend bezeichnet wurden;[9]
  • fehlende Beschlussfähigkeit;[10]
  • kein Bedenkenhinweis vor Fassung eines nichtigen Beschlusses[11]; nicht ausreichender Bedenkenhinweis;[12]
  • Beschlussfassung in der Versammlung einer Teileigentümergemeinschaft, für die offensichtlich keine Beschlusskompetenz besteht;[13]
  • Verwalter macht bei Abstimmung über seine Entlastung von ihm erteilten Vollmachten Gebrauch;[14]
  • Beschlussverkündung unter Missachtung formeller Beschlussvoraussetzungen (doppelt qualifizierte Mehrheit in den Fällen der §§ 16 Abs. 4, 22 Abs. 2 WEG, vereinbarte Mehrheitserfordernisse; keine Allstimmigkeit bei benachteiligender baulicher Veränderung[15]); nicht jedoch bei Verkündung eines Negativbeschlusses bei mehrheitlich positiver Abstimmung über eine allzustimmungspflichtige bauliche Veränderung;[16] auch nicht bei Verkündung eines positiven Beschlusses bei fehlender Allstimmigkeit, soweit auf Anfechtungsrisiken hingewiesen wurde;[17]
  • dauerhafte Änderung des Kostenverteilungsschlüssels bei Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums mit Befugnis der Wohnungseigentümer, nach Gutdünken Fensteranstrich oder Fensteraustausch vornehmen zu lassen mit unterschiedlichen Farbgestaltungen oder unterschiedlichen Eigenschaften der Fenster, wie z. B. Materialien oder Wärmedämmungseigenschaften;[18]
  • Abstimmungsergebnis ist auch nicht aus der Versammlungsniederschrift ermittelbar;[19] keine Verfahrenskostenbelastung des Verwalters allerdings bei "Vorratsanfechtung" weil die Versammlungsniederschrift nicht innerhalb der Anfechtungsfrist gefertigt wurde (Einsichtnahme in Beschluss-Sammlung);[20]
  • Nichtbeachtung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung;[21]
  • im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen wird Auswahlermessen auf Verwalter delegiert, keine ordnungsmäßige Finanzierung der Sanierungsmaßnahme;[22] m. E. droht stets eine Verfahrenskostenbelastung des Verwalters, wenn im Rahmen der Beschlussfassung über Sanierungsmaßnahmen nicht die wesentlichen Grundlagen geschaffen werden (Ermittlung des Sanierungsumfangs: kein "ca.-Aufwand"[23] + Leistungsverzeichnis erstellen (lassen) + mind. 3 Vergleichsangebote einholen;[24]
  • falscher Kostenverteilungsschlüssel wird der Jahresabrechnung zugrunde gelegt;[25]
  • grob fehlerhafte Jahresabrechnung;[26]
  • erneut fehlerhafte Erstellung der Jahresabrechnung entgegen gerichtlicher Entscheidung im Vorprozess;[27]
  • Verstöße gegen elementare Grundsätze der Finanzverwaltung (Zweckentfremdung der Instandhaltungsrücklage, keine verzinsliche Anlage der Instandhaltungsrücklage auf gesondertem Konto;[28]
  • Verweigerung der Einsicht in die Abrechnungsunterlagen, sodass der Genehmigungsbeschluss über die Jahresabrechnung angefochten werden muss.[29]

Zu berücksichtigen ist, dass ein Kostenregress der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in den vorgenannten Fällen unproblematisch zu realisieren wäre, da dem Verwalter jeweils grobe Fahrlässigkeit zum Vorwurf zu machen war. Wie eingangs ausgeführt, haftet er aber bereits bei einfacher Fahrlässigkeit.

[1] LG Köln, Urteil v. 5.1.2011, 29 S 69/10.
[2] LG Berlin, Urteil v. 14.5.2010, 55 T 89/09 WEG.
[4] LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 17.2.2011, 14 T 359/11, ZWE 2011 S. 227; KG Berlin, Urteil v. 18.7.2006, 24 W 33/05, ZMR 2006 S. 794; OLG Schleswig, Urteil v. 20.1.2006, 2 W 24/...

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