Leitsatz

§ 21 Abs. 7 WEG erfasst nicht die Einführung von Vertragsstrafen für Verstöße gegen Vermietungsbeschränkungen; ein darauf bezogener Beschluss ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 7

 

Das Problem

  1. Die Gemeinschaftsordnung sieht vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Ausübung eines Gewerbebetriebs oder Berufs in der Wohnung nur mit Zustimmung des Verwalters berechtigt ist. Die Zustimmung kann nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Dasselbe gilt sinngemäß für die erforderliche Zustimmung zur Vermietung, Verpachtung oder sonstigen Gebrauchsüberlassung.
  2. In der Versammlung im Juni 2012 wird folgender Beschluss gefasst:

    1. Miteigentümer, die ohne die erforderliche Zustimmung der Verwalterin einen Mietvertrag über eine Wohnung abschließen (…), sind verpflichtet, der Gemeinschaft einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 500 EUR zu zahlen. Die Zahlungspflicht erhöht sich auf mindestens 2.000 EUR und höchstens 4.000 EUR für jeden angefangenen Monat der Gebrauchsüberlassung, wenn ein wichtiger Grund für die Versagung der Zustimmung vorlag (…).
    2. Die Verwalterin soll bei ihrer Entscheidung über eine Zustimmung grundsätzlich davon ausgehen, dass aufgrund mehrjähriger Erfahrungen in unserer Wohnungseigentumsanlage (…) ein wichtiger Grund für die Versagung der Zustimmung vorliegt, wenn die Nutzer voraussichtlich nur kurzzeitig (bis zu 3 Monate) in der Anlage anwesend sein werden (…).
  3. Gestützt auf die Behauptung, Wohnungseigentümer B habe seine Wohnung in 6 Fällen ohne Zustimmung des Verwalters kurzzeitig an arabische Gäste ("Medizintouristen") vermietet, verlangt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von B die Zahlung von jeweils 2.000 EUR (insgesamt also 12.000 EUR) nebst Zinsen. Das Amtsgericht (AG) gibt der Klage statt. Das Landgericht (LG) ändert das Urteil und weist die Klage ab. Es verneint eine Zahlungspflicht, weil der als Grundlage dienende Beschluss wegen fehlender Beschlusskompetenz als nichtig anzusehen sei. Denn ein Verstoß gegen Unterlassungsverpflichtungen habe nicht den Eintritt des Verzugs, sondern Unmöglichkeit zur Folge. Ebenso wenig diene die Zahlungspflicht dem Ausgleich für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums i.S.v. § 21 Abs. 7 WEG. Sie habe vielmehr, wie sich auch aus der Staffelung der Beträge ergebe, "Strafcharakter".
  4. Dagegen wendet sich K mit der Revision zum Bundesgerichtshof (BGH). Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Zu Recht und mit zutreffender Begründung sehe das LG den Beschluss mangels Beschlusskompetenz als nichtig an.

 

Kommentar

  1. Nach § 23 Abs. 1 WEG würden durch Beschlussfassung solche Angelegenheiten geordnet, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach einer Vereinbarung die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden könnten; andernfalls bedürfe es einer Vereinbarung. Sei eine Angelegenheit weder durch das Wohnungseigentumsgesetz noch durch Vereinbarung der Beschlussfassung unterworfen, fehle es an einer Beschlusskompetenz. Ein dennoch gefasster Beschluss sei nichtig.
  2. Als Grundlage für eine Beschlusskompetenz komme im Fall die Bestimmung des § 21 Abs. 7 WEG in Betracht. Dieser Vorschrift zufolge könnten die Wohnungseigentümer die Regelung der Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen. Ob diese seit dem 1. Juli 2007 geltende Vorschrift und namentlich die Ermächtigung zur Regelung der Folgen des Verzugs als Grundlage dafür dienen könne, durch Beschluss eine Vertragsstrafe bei einem Verstoß gegen Vermietungsbeschränkungen einzuführen, sei umstritten. In der Gesetzesbegründung werde dies im Wege einer beispielhaften Erläuterung befürwortet. Dem sei die Literatur jedoch nur vereinzelt gefolgt. Ganz überwiegend würden die Erwägungen der Gesetzesbegründung in diesem Punkt als Versehen eingeordnet, weil die Einbeziehung von Unterlassungspflichten mit dem Wortlaut der Vorschrift unvereinbar sei (Hinweis u.a. auf Elzer in BeckOK WEG, Stand 1.2.2019, § 21 Rn. 385).
  3. Nach Ansicht des Senats erfasse § 21 Abs. 7 WEG nicht die Einführung von Vertragsstrafen für Verstöße gegen Vermietungsbeschränkungen; ein darauf bezogener Beschluss sei mangels Beschlusskompetenz nichtig. Ob § 21 Abs. 7 WEG überhaupt die Beschlusskompetenz für die Einführung von Vertragsstrafen entnommen werden könne, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen, bedürfe dabei keiner Entscheidung. Auszugehen sei nämlich von der Überlegung, dass Vertragsstrafen, die auf die Einhaltung von Vermietungsbeschränkungen bezogen seien, Verstöße gegen eine Unterlassungspflicht sanktionieren sollen. Der Wohnungseigentümer solle es unterlassen, Vermietungen vorzunehmen, wenn die erforderliche Zustimmung des Verwalters nicht vorliege. Fallgestaltungen dieser Art erfasse der Wortlaut des § 21 Abs. 7 WEG eindeutig nicht. Soweit den Wohnungseigentümern in § 21 Abs. 7 Alt. 1 WEG erlaubt werde, "die Art und Weise von Zahlungen,...

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