Leitsatz

  1. Beschlussfassung über den Kauf von Rauchwarnmeldern ist jedenfalls nicht wegen mangelnder Beschlusskompetenz nichtig
  2. Materielle Ausschlussfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ist von Amts wegen zu berücksichtigen
  3. Keine Zustellung "demnächst" wegen verspäteter Zahlung des Gerichtskostenvorschusses
 

Normenkette

§§ 5 Abs. 2, 10 Abs. 6 Satz 3, 21 Abs. 5 Nr. 2, 22 Abs. 2, 23 Abs. 4, 46 Abs. 1 WEG; § 97 BGB

 

Kommentar

  1. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist der Mehrheitsbeschluss über den gemeinschaftlichen Kauf von Rauchwarnmeldern zur Installation in den Wohnräumen, deren Finanzierung aus der Rücklage, Installation der Melder, Abschluss eines Wartungsvertrags und Kostenverteilung für jährliche Wartungen nach Eigentumseinheiten nicht nichtig. Der Beschluss verstößt weder gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes noch gegen die guten Sitten, greift auch nicht in den Kernbereich des Wohnungseigentums ein und überschreitet auch nicht die Grenzen der Beschlusskompetenz einer Gemeinschaft. Ein anderes Ergebnis rechtfertigt sich auch nicht nach dem klägerischen Vortrag, dass er als Eigentümer bereits in seiner Einheit Rauchmelder angebracht habe und ein weiterer Einbau als unzulässiger Eingriff in seine Eigentumsrechte zu werten sei. Verwiesen wird insoweit auf die bereits erfolgte Kammerentscheidung zu einem ähnlich gelagerten Fall (LG Hamburg, Urteil v. 2.3.2011, ZMR 2011 S. 387).
  2. Von einer Erfolgschance einer Ungültigkeitserklärung des angefochtenen Beschlusses wäre nur bei Verstoß des Beschlusses gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung zu sprechen gewesen. Dies war allerdings vorliegend nicht mehr zu entscheiden, da der Kläger die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 nicht eingehalten hatte und der Beschluss damit bestandskräftig wurde. Die materielle Ausschlussfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 ist in jeder Lage des Verfahrens auch von Amts wegen zu berücksichtigen.

    Vorliegend kam es aus klägerseitigem Verschulden nicht zu einer Zustellung "demnächst" i.S.d. § 167 ZPO, da sich der Kläger nicht entsprechend über den Fortgang seines eingeleiteten Verfahrens rechtzeitig erkundigt und auch zu spät den Gerichtskostenvorschuss einbezahlt hatte (zwischen gerichtlicher Anforderung des Kostenvorschusses und dessen Eingang bei Gericht lag ein Zeitraum von mehr als 14 Tagen).

  3. Allerdings wurde die Revision dieser Streitsache zur grundsätzlich bedeutsamen Frage der Beschlusskompetenz der Gemeinschaft zur Installation von Rauchwarnmeldern zugelassen.
Anmerkung

Der BGH wird nun im Hinblick auf beide Hamburger Entscheidungen (v. 2.3.2011 und dieser v. 5.10.2011) zu klären haben, ob tatsächlich Beschlusskompetenz der Gemeinschaft für den Einbau von Rauchwarnmeldern (nicht Brandschutzmeldeanlagen) existiert, auch unter Berücksichtigung vorgenommener eventueller Geräteinstallationen bereits durch einzelne Sondereigentümer. Dabei wird auch zu klären sein, ob insoweit von einer gemeinschaftsbezogenen Pflicht im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 3 (Verkehrssicherungspflicht) auszugehen ist. Möglich ist auch eine Differenzierung dieser Pflichten je nach landesrechtlich unterschiedlich zu erfüllender öffentlich-rechtlicher Pflichten. Nach der neuerlichen Heizkörper-Entscheidung des BGH v. 8.7.2011 ist sicher auch ein klärendes Wort zu erwarten, ob es sich bei den Rauchwarnmeldern um Bestandteile des Gebäudes handeln kann, die nicht sondereigentumsfähig sind, oder ob lediglich von Zubehör i.S.d. § 97 BGB auszugehen ist oder ob Einbau und Betrieb solcher Warnmelder gar nicht über eine sachenrechtliche Zuordnung gelöst werden müssen.

 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil v. 5.10.2011, 318 S 245/10 mit zugelassener Revision

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