Die Frist zur Erhebung der Anfechtungsklage beträgt gemäß § 45 Satz 1 WEG einen Monat. Sie beginnt mit der Beschlussverkündung zu laufen und kann weder durch Vereinbarung verlängert oder verkürzt werden. Ebenso kann das Beschlussanfechtungsrecht durch Vereinbarung weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden. Denn die Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren unterliegen nicht der Disposition der Wohnungseigentümer.

 

Vereinbartes "Vorschaltverfahren"?

Enthalten Teilungserklärung und/oder Gemeinschaftsordnung eine Vereinbarung, wonach bei Streitigkeiten unter den Wohnungseigentümern vor Klageerhebung ein Schlichtungsversuch mithilfe des Verwalters und/oder Verwaltungsbeirats durchzuführen ist, gilt dies nicht für Anfechtungsklagen.[1] Der Grund ist plausibel: Zum einen würde die Anfechtungsfrist unzumutbar verkürzt, zum anderen können weder Verwalter noch Verwaltungsbeirat den streitgegenständlichen Beschluss aufheben.

Die Klagefrist ist als sog. materielle Ausschlussfrist auch nicht durch das Gericht verlängerbar. Entsprechendes gilt für die Frist zur Begründung der Anfechtungsklage. Die Fristversäumnis führt daher nicht zur Unzulässigkeit der verfristet erhobenen Anfechtungsklage bzw. der nicht rechtzeitig erfolgten Begründung, sondern zu deren Unbegründetheit.

 
Praxis-Beispiel

Fristberechnung

Die Wohnungseigentümerversammlung findet am Dienstag, den 20.4.2021 statt. Die Beschlussanfechtungsfrist endet am Donnerstag, den 20.5.2021 um 24 Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die Anfechtungsklage bei Gericht eingegangen sein.

Im Hinblick auf das Fristende ist jedoch auch § 193 BGB zu beachten, der die Fälle regelt, in denen das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt.

 
Praxis-Beispiel

Fristberechnung bei Fristende an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag

Die Wohnungseigentümerversammlung findet am Mittwoch, den 15.4.2021 statt. Die Monatsfrist würde nach § 188 Abs. 2 BGB am Samstag, den 15.5.2021 ablaufen. § 193 BGB regelt, dass das Fristende stets auf den nächsten Werktag fällt, soweit der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag fällt. Fristende für das Einreichen einer Anfechtungsklage ist demnach Montag, der 17.5.2021.

Rechtshängigkeit der Klage

Gewahrt ist die Monatsfrist streng genommen nur dann, wenn innerhalb dieser Frist Rechtshängigkeit eintritt. Die Rechtshängigkeit setzt aber voraus, dass die Klage dem Gegner, also der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, zugestellt ist. Die Klageerhebung allein führt nur zur sog. "Anhängigkeit". Für diesen Fall fingiert § 167 ZPO die Rechtshängigkeit der Klage bereits mit Klageerhebung, soweit die Klage dem Gegner "alsbald" zugestellt wird. Eine "alsbaldige" Zustellung ist dann erfolgt, wenn der Kläger alles ihm Zumutbare für die Zustellung getan hat und der Rückwirkung keine schutzwürdigen Belange des Gegners entgegenstehen.[2]

Gerichtskostenvorschuss

Den Gerichtskostenvorschuss gemäß § 12 Abs. 1 GKG für die Anfechtungsklage muss der Kläger dabei nicht von sich aus mit der Klage einzahlen, er kann vielmehr die Anforderung durch das Gericht abwarten. Nach Anforderung durch das Gericht muss er die Gerichtskosten jedoch unverzüglich – binnen 2 Wochen[3] – einzahlen. Auch dann, wenn eine Anforderung durch das Gericht nicht erfolgt, darf der Kläger nicht untätig bleiben, sondern muss nach ca. 3 Wochen beim Gericht nachfragen. Auf eine entsprechende Vorschusszahlung durch seinen Rechtsschutzversicherer darf der Kläger nicht warten. Der klagende Wohnungseigentümer hat i. d. R. innerhalb einer Erledigungsfrist von einer Woche den angeforderten Gerichtskostenvorschuss einzuzahlen. Der Zeitraum kann sich nach den Umständen des Einzelfalls angemessen verlängern.[4]

Zustellungsverzögerungen

Führen Mängel in der Klageschrift zur Zustellungsverzögerung, so beruhen diese in aller Regel auf einer Nachlässigkeit, sodass von einer "alsbaldigen" Zustellung regelmäßig nicht mehr gesprochen werden kann. Dies ist insbesondere bei falschem Namen und/oder falscher Anschrift der Fall. Auch das Nichtbeifügen der erforderlichen Abschriften ist nachlässig.[5]

 

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Nicht selten sind in der Praxis die Fälle, in denen der Kläger nicht innerhalb der Monatsfrist des § 45 Satz 1 WEG Anfechtungsklage erheben kann. Beruht das Fristversäumnis nicht auf einem Verschulden des Klägers, kann ihm gemäß § 45 Satz 2 WEG i. V. m. §§ 233 ff. ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann aber dann nicht gewährt werden, wenn der anfechtende Wohnungseigentümer die Anfechtungsfrist deshalb versäumt, weil ihm die Versammlungsniederschrift noch nicht zugegangen ist und er nicht innerhalb der Klagefrist Einsicht in die Beschluss-Sammlung genommen hat. Dann ist das Fristversäumnis verschuldet.[6]

 

Beschlussersetzungsantrag bei Anfechtung eines Negativbeschlusses

Hat ein Wohnungseigentümer zunächst nur Anfechtungsklage gegen einen Negativbeschluss erhoben, kann er auch ...

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