Leitsatz

  1. Besonderer Hinweis für Verwalter: Erstmals obergerichtlich entschieden, dass Verwalter-Entlastungsbeschlüsse ganz generell nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen!
  2. Korrekte Beschlussfassung, den Aufwand für von einzelnen Eigentümern erwünschte Kopien aus den Verwaltungsunterlagen mit 0,50 EUR pro DIN A4-Kopie zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer in Rechnung stellen zu können
 

Normenkette

( , § 21 Abs. 4 WEG)

 

Kommentar

  1. Bei einem Tagesordnungsbeschrieb"Verwalterbestellung" ist der Gegenstand der Beschlussfassung eine ausreichende Grundlage für die Beschlussfassung über die Bestellung und zusätzlich auch die Vergütung des Verwalters, was für jeden durchschnittlichen Wohnungseigentümer einsichtig ist (BayObLG, ZMR 2000, 858).
  2. Auch der beschlossene Betrag von 0,50 EUR pro Kopie für Unterlagen, die ein einzelner Eigentümer fordert, ist nicht unangemessen hoch, da neben den Sachkosten auch der Arbeitsaufwand zu berücksichtigen ist. Nicht zu beanstanden ist insoweit auch die Auslegung des Beschlusses, dass die Kopiekosten nur derjenige Eigentümer zu tragen hat, der entsprechende Kopien vom Verwalter verlangt.
  3. Im vorliegenden Fall nach Hauptsacheerledigung musste auch nur noch summarisch zur Kostenentscheidung über die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses des Verwalters mitentschieden werden, mit anderen Worten also über die Frage, ob ohne Hauptsacheerledigung ein solcher Verwalterentlastungsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hätte. Insoweit hält der Senat an früherer Auffassung nicht mehr fest und kommt neuerlich zum Ergebnis: Entlastung des Verwalters bedeutet grundsätzlich Anspruchsverzicht der Eigentümer in Form eines negativen Schuldanerkenntnisses; zu einem solchen Verzicht sind Eigentümer nicht verpflichtet; auch hat ein Verwalter grundsätzlich keinen Anspruch darauf, entlastet zu werden (vgl. OLG Düsseldorf, WuM 1996, 723; BayObLG, ZWE 2000, 183; ZMR 2001, 567). Ein Verzicht der Eigentümer auf mögliche Ansprüche gegen einen gegen Entgelt gewerblich tätigen Verwalter, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten, entspricht nicht dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen (vgl. § 21 Abs. 4 WEG). Hinzu kommt, dass vielfach den Eigentümern vom Verwalter auch noch abverlangt wird, eine Haftung für einfache Fahrlässigkeit auszuschließen (hierzu OLG Hamm, NZM 2001, 49/53) oder doch betragsmäßig zu begrenzen, in der Regel auf die Versicherungssumme, die häufig nicht ausreichend ist. Nicht nachvollziehen vermag der Senat auch die Ansicht, es könne im wohlverstandenen Interesse der Eigentümer liegen, mögliche Ansprüche auf Ersatz eines ihnen vom Verwalter schuldhaft zugefügten Schadens aufzugeben, nur um das Verhältnis zu einem tüchtigen Verwalter nicht zu trüben, also den Verwalter "bei Laune zu halten" (so Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Verwaltungsbeirat in der Wohnungseigentümergemeinschaft, Rn. 243; Staudinger/Bub, WEG, § 28 Rn. 562; s. auch OLG Schleswig, ZMR 2002, 382). Ein solcher Verzicht ist den Eigentümern nicht zuzumuten. Es obliegt dem Verwalter, sich gegen Schadensersatzansprüche ausreichend zu versichern. Dass eine Entlastung dem "wohlverstandenen Interesse" des Verwalters dient (so Gottschalg in Deckert, ETW, Gr. 4, Rn. 1268a), liegt auf der Hand. Daran ist aber die Ordnungsgemäßheit eines Eigentümerbeschlusses nicht zu messen. Maßgebend für die Beurteilung, ob ein Eigentümerbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ist das Interesse der Eigentümer (§ 21 Abs. 4 WEG). Wenn es "dringend empfohlen" wird, einen vertraglichen Anspruch auf Entlastung zu begründen (so Deckert, a.a.O.), so geschieht dies allein im Interesse des Verwalters zum Nachteil der Wohnungseigentümer. Von solchen Überlegungen kann sich ein Gericht nicht leiten lassen. Auch eine im Vordringen begriffene Meinung in Rechtsprechung und Literatur verneint deshalb zu Recht die Entlastung des Verwalters als nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend, und zwar unabhängig davon, ob Anhaltspunkte für Schadensersatzansprüche bestehen (AG Kerpen, ZMR 1998, 376; AG Köln, ZMR 2002, 793; Köhler, ZMR 1999, 293 und ZMR 2001, 865; Demharter, ZWE 2001, 256 und ZMR 2002, 369; Riecke, WE 2002, 197; Sauren, Praxislexikon Wohnungseigentum, Stichwort Entlastung, S. 98; offen gelassen BayObLG, ZMR 2001, 567). Ob im vorliegenden Fall der Eigentümerbeschluss über die Verwalterentlastung überhaupt oder nur unter einschränkenden Voraussetzungen (Gültigkeitsprüfung des Bestellungsbeschlusses neuerlich durch das LG; deshalb Zurückverweisung) zur Ungültigkeit führt, muss hier im Rahmen der noch zu treffenden Kostenentscheidung nicht abschließend entschieden werden.
  4. Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens 10.000,- EUR.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 19.12.2002, 2Z BR 104/02, BayObLGZ 2002 Nr. 72)

Anmerkung
  1. Zunächst darf nochmals darauf hingewiesen werden, dass die Wirkung eines Entlastungsbeschlusses bei unterstellter genereller Gültigkeit auch nach bisher herrschender Rechtsme...

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