Leitsatz

In einem Beschluss kann zur Konkretisierung der getroffenen Regelung auf ein außerhalb der Niederschrift befindliches Dokument Bezug genommen werden, wenn dieses zweifelsfrei bestimmt ist.

 

Normenkette

§§ 23 Abs. 1, 24 Abs. 7 WEG

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer beschließen im Jahr 2008, "die für die einzelnen Kostenpositionen in der Abrechnung 2007 verwandten Verteilerschlüssel auch für zukünftige Abrechnungen zu verwenden".
  2. Im Jahr 2013 genehmigen die Wohnungseigentümer die Abrechnung 2012. Dort werden die in der Abrechnung 2007 verwendeten 6 Umlageschlüssel zugrunde gelegt. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor.
  3. Das Amtsgericht erklärt den Beschluss für unwirksam. Auf die Berufung der Wohnungseigentümer weist das Landgericht die Klage hingegen ab. Die in der Abrechnung zugrunde gelegten Umlageschlüssel basierten auf dem gemäß §§ 16 Abs. 3, 21 Abs. 3 WEG gefassten Beschluss aus dem Jahr 2008 über eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostenverteilung. Dieser Beschluss sei nicht nichtig. Dem stehe nicht entgegen, dass die Umlageschlüssel im Beschlusstext selbst nicht wiedergegeben würden, sondern auf ein externes Schriftstück verwiesen werde. Die Zulässigkeit der Bezugnahme setze nur voraus, dass dem protokollierten Beschlusstext eindeutig zu entnehmen sei, auf welches Schriftstück Bezug genommen werde, und dass dieses einen hinreichend bestimmten Regelungsgehalt habe. Mit der Revision will K die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.
 

Die Entscheidung

  1. Die Revision hat keinen Erfolg! Nach § 16 Abs. 3 WEG könnten die Wohnungseigentümer hinsichtlich der in der Vorschrift näher bezeichneten Betriebs- und Verwaltungskosten den bestehenden Umlageschlüssel durch Mehrheitsbeschluss ändern, soweit die Änderung einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspreche. Hier hätten die Wohnungseigentümer im Jahr 2008 den Beschluss gefasst, den bisher geltenden gesetzlichen Umlageschlüssel zu ändern.
  2. Die Wirksamkeit dieses Beschlusses werde nicht deshalb infrage gestellt, weil der künftige Maßstab nicht in dem Beschlusstext selbst wiedergegeben, sondern insoweit auf den in der Abrechnung 2007 verwendeten Umlageschlüssel Bezug genommen werde. Der Inhalt eines Beschlusses müsse, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 4 WEG an Beschlüsse gebunden sei, inhaltlich bestimmt und klar sein. Es bestehe ein Interesse des Rechtsverkehrs, die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen der Beschlussformulierung entnehmen zu können. Dies bedeute aber nicht, dass sich der Text eines Beschlusses zur Konkretisierung der getroffenen Regelung nicht auf Dokumente außerhalb der Niederschrift beziehen dürfte. Es sei vielmehr allgemein anerkannt, dass der Wortlaut des Beschlusses zur näheren Erläuterung inhaltlich Bezug auf Urkunden oder Schriftstücke nehmen dürfe (Hinweis unter anderem auf Hügel/Elzer, WEG, 1. Auflage 2015, § 23 Rn. 86 und § 24 Rn. 103), wie dies beispielsweise bei der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan oder die Abrechnung und häufig auch bei "Sanierungsbeschlüssen" nach Kostenvoranschlag oder auf der Grundlage eines Gutachtens geschehe. Nehme ein Beschluss auf ein Dokument Bezug, das weder Teil des Beschlusstextes noch der Niederschrift sei, erfordere es das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt sei (Hinweis unter anderem auf Hügel/Elzer, WEG, 1. Auflage 2015, § 23 Rn. 85). Nur dann sei sichergestellt, dass ein Dritter, insbesondere ein Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers dem Beschluss entnehmen könne, welchen Inhalt er habe. Die Publizität der auch gegen Sonderrechtsnachfolger wirkenden Beschlüsse werde dadurch gewährleistet, dass – jedenfalls bei Beschlüssen, die (wie hier) die Gemeinschaftsordnung aufgrund einer gesetzlichen oder vereinbarten Öffnungsklausel ändern – das in Bezug genommene Schriftstück auch in die Beschluss-Sammlung oder eine Anlage zu dieser aufzunehmen ist, wenngleich dies keine konstitutive Wirkung für das Zustandekommen des Beschlusses habe (Hinweis unter anderem auch Schultzky in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 24 Rn. 176).
  3. Nach diesen Grundsätzen sei im Fall die Bezugnahme bestimmt genug. Aus der Niederschrift der Versammlung aus dem Jahr 2008 ergebe sich, dass die Wohnungseigentümer die Gesamt- und Einzelabrechnung für das Jahr 2007 beschlossen und anschließend den weiteren Beschluss gefasst hatten, den in der Abrechnung 2007 verwendeten Umlageschlüssel auch den zukünftigen Abrechnungen zugrunde zu legen. Das in Bezug genommene Dokument sei auch verständlich und klar.
 

Kommentar

Anmerkung

Beschlüsse müssen – vor allem, wenn sie etwas über den Tag hinaus ordnen und eine Anordnung treffen – bestimmt sein. Ein Beschluss ist "bestimmt", wenn er aus sich heraus genau klar, eindeutig und widerspruchsfrei erkennen lässt, was gilt. Einem Beschluss fehlt hingegen Bestimmtheit, wenn er keine sinnvolle, in sich geschlossene und verständliche Regelung enthält. Damit ein Be...

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