Leitsatz

Besteht ein Sondernutzungsrecht, ist dieses nach § 146 Abs. 1 ZVG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 ZVG von der Beschlagnahme des Wohnungseigentums umfasst.

 

Normenkette

§ 13 Abs. 2 Satz 1 WEG

 

Das Problem

  1. Zwangsverwalter Z verwaltet ein Wohnungseigentum. Das Amtsgericht setzt die Vergütung von Z für die Zeit vom 1.7.2012 bis zum 31.8.2013 einschließlich der Auslagen und der Mehrwertsteuer auf 28.741,36 EUR fest.
  2. Gegen diese Festsetzung legt der Gläubiger G, der die Zwangsverwaltung beantragt hatte, mit der Begründung Beschwerde ein, Einspeisevergütungen aus der "Aufdachfotovoltaikanlage", deren erzeugter Strom ausschließlich in das öffentliche Netz eingespeist werde, dürften nicht in die Bemessungsgrundlage für Z's Vergütung eingestellt werden.
  3. Das Landgericht weist die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass es sich bei der Fotovoltaikanlage um Zubehör des zu versteigernden Grundstücks handle und die Einspeisevergütung daher in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen sei. Dagegen wendet sich der Beteiligte mit der Rechtsbeschwerde.
 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssten den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben. Fehlten tatsächliche Feststellungen, sei dies ein Verfahrensmangel, der von Amts wegen zu berücksichtigen sei und die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich ziehe. So liege es hier. Das Landgericht gebe lediglich den amtsgerichtlichen Beschluss über die Festsetzung der Vergütung sowie den dagegen erhobenen Einwand wieder, bei der Fotovoltaikanlage handle es sich um eine bewegliche Sache, die nicht Zubehör des Grundstücks sei. Die Eigentumsverhältnisse am Grundstück würden ebenso wenig dargestellt wie der Inhalt des die Zwangsverwaltung anordnenden Beschlusses; damit sei der Gegenstand der Zwangsverwaltung nicht ersichtlich. Ferner fehle es an der Darlegung des Hintergrunds der Errichtung und des Betriebs der Fotovoltaikanlage. Ohne diese tatsächlichen Feststellungen könne die Frage, ob die Einspeisevergütungen bei der Berechnung der Verwaltervergütung zu berücksichtigen sind, nicht beantwortet werden.
  2. Die Zurückverweisung gebe dem Landgericht Gelegenheit, sich mit der Sache auch unter Berücksichtigung der Angaben in der Rechtsbeschwerdebegründung zu befassen. In der Rechtsbeschwerdebegründung führe K aus, dass dem von Z verwalteten Wohnungseigentum ein Sondernutzungsrecht für das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende gesamte "Dach über den Trakten 1, 2 und 3 für die Fotovoltaikanlage" zugeordnet sei. Bestehe das Sondernutzungsrecht, sei dieses nach § 146 Abs. 1 ZVG i.V.m. § 20 Abs. 2 ZVG auch von der Beschlagnahme des Wohnungseigentums umfasst. In diesem Fall sei es Aufgabe des Zwangsverwalters, die Erträge aus dem Sondernutzungsrecht einzuziehen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Auf immer mehr Dächern von Häusern, die in Wohnungseigentum aufgeteilt sind, befinden sind Fotovoltaikanlagen. Ist die Fotovoltaikanlage Bestandteil des Gebäudes, steht sie im Eigentum sämtlicher Wohnungseigentümer. Handelt es sich um ein "Scheinbestandteil", steht es im Eigentum ihres Erbauers.
  2. Scheinbestandteil ist eine Fotovoltaikanlage, wenn sie nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden ist. Der Wille, die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck vorzunehmen, ist vor allem dann zu bejahen, wenn der Grundstückseigentümer – also die Wohnungseigentümer (für diese muss aber nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handeln) – dem Anlagenbetreiber von Anfang an schuldrechtlich ein vorübergehendes Nutzungsrecht an dem Grundstück eingeräumt hat (z.B. Miet- oder Pachtvertrag) und die Verbindung mit dem Grundstück/Gebäude in Ausübung dieses Nutzungsrechts erfolgt ist. Eine Fotovoltaikanlage kann daneben auch dann Scheinbestandteil sein, wenn die Verbindung mit dem Grundstück von Anfang an in Ausübung eines dinglichen Rechts vorgenommen worden ist (z.B. Nießbrauch, Dienstbarkeit). Dies können dem Dritten nur die Wohnungseigentümer einräumen. Sie können die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zwar ermächtigen. Dies muss aber jeder Wohnungseigentümer für sich tun. Praktisch verbreitet ist in diesem Zusammenhang vor allem die Errichtung in Ausnutzung einer Dienstbarkeit.
  3. Steht die Fotovoltaikanlage im gemeinschaftlichen Eigentum, kann daran zugunsten eines Wohnungseigentümers ein Sondernutzungsrecht begründet werden. Für einen Dritten ist das nicht möglich.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Steht die Fotovoltaikanlage im gemeinschaftlichen Eigentum, ist sie vom Verwalter zu verwalten. Die Kosten und Lasten der Fotovoltaikanlage sind von allen Wohnungseigentümern zu tragen – wenn nichts anderes vereinbart ist.

Muster: Begründung eines Sondernutzungsrechts

Den jeweiligen Eigentümern der Sondereigentumseinheit ___ wird das Recht eingeräumt, auf der ___ Dachfläche eine Fotovoltaikanlage auf ihre Kosten und Gefahr zu errichten sowie die dazugehörigen technischen Nebenanlagen, Kabel- und Einspeisevorrichtungen am b...

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