Zusammenfassung

 
Begriff

Berufsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung liegt vor, wenn für vor dem 2.1.1961 geborene Versicherte die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Menschen mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die relevanten gesetzlichen Normen im Übergangsrecht sind §§ 240 und 302b SGB VI.

Arbeitsrecht

1 Arbeitsvertragliche und tarifliche Regelungen

Bei einer Berufsunfähigkeit stellt sich die Frage nach den arbeitsrechtlichen Auswirkungen, vor allem in Bezug auf den Bestand und Inhalt des Arbeitsverhältnisses.

Vorrangig ist zu klären, ob der Arbeitsvertrag oder tarifliche Vorschriften Regelungen für den Fall der Berufsunfähigkeit vorsehen. Mögliche Regelungen können z. B. eine Auflösung oder auch lediglich ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses bewirken.

 
Praxis-Beispiel

Tarifliche Regelung in § 33 TVöD

In § 33 TVöD sind die Beendigung und das Ruhen des Arbeitsverhältnisses bei Berufsunfähigkeit geregelt.

Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist.[1] Eine solche auflösende Bedingung, wonach das Arbeitsverhältnis bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung automatisch endet, ist rechtswirksam.[2]

Das Arbeitsverhältnis endet aber nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers nur eine Rente auf Zeit gewährt wird. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum des Rentenbezugs.[3]

Ruht das Arbeitsverhältnis, entfallen lediglich die sich aus dem Arbeitsverhältnis wechselseitig ergebenden Hauptleistungspflichten. Dagegen bleiben die Nebenpflichten bestehen. Zu den im ruhenden Arbeitsverhältnis weitergeltenden Pflichten gehört auch die in § 241 Abs. 2 BGB verankerte Rücksichtnahmepflicht. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG kann es diese Pflicht gebieten, dass der Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer, der aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage ist, die vom Arbeitgeber aufgrund des Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglichen Rahmens erneut konkretisiert, sodass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird.[4] Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitteilt, wie er sich seine weitere Beschäftigung vorstellt. Unter Umständen kann es geboten sein, auf den Wunsch des Beschäftigten nach einer Vertragsanpassung einzugehen. Das gilt insbesondere dann, wenn anderenfalls dem Beschäftigten die Erbringung seiner Arbeitsleistung nicht mehr möglich ist.[5]

2 Kündigung aufgrund Berufsunfähigkeit

Stehen keine vertraglichen oder tariflichen Vereinbarungen entgegen, kann die Berufsunfähigkeit den Arbeitgeber unter Umständen zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen.

Die Kündigung ist im Falle lang anhaltender Krankheit sozial gerechtfertigt[1], wenn

  • eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorliegt,
  • eine darauf beruhende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen festzustellen ist und
  • eine Interessenabwägung ergibt, dass die betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen.[2] Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist dabei in aller Regel ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen.

Die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz – ggf. auch zu geänderten Bedingungen – schließt eine krankheitsbedingte Kündigung dabei aber aus. Wenn eine Umsetzungsmöglichkeit besteht, führt die Krankheit nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen.[3]

 
Hinweis

Krankheitsbedingte Kündigung und bEM

Der Arbeitgeber muss vor dem Ausspruch einer Kündigung zudem prüfen, ob die Arbeitsunfähigkeit durch eine betriebliche Wiedereingliederung überwunden werden kann. Er ist unter den Voraussetzungen des § 167 Abs. 2 SGB IX zur Durchführung eines bEM verpflichtet. Die fehlende Durchführung eines bEM ist zwar per se noch kein form...

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