Als wichtige Gründe, die den Ausbildenden u. U. zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigen, kommen insbesondere schwerwiegende und wiederholte Verstöße gegen die dem Auszubildenden während der Berufsausbildung obliegenden gesetzlichen Pflichten in Betracht.[1] Der Auszubildende ist gesetzlich u. a. verpflichtet,

  • die ihm im Rahmen seiner Berufsausbildung aufgetragenen Verrichtungen sorgfältig auszuführen,
  • an Ausbildungsmaßnahmen (z. B. Berufsschulunterricht) teilzunehmen, für die er freigestellt wird,
  • den Weisungen des Ausbildenden oder der Ausbilder zu folgen,
  • die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten,
  • Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln,
  • über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren.

Eine außerordentliche (fristlose) Kündigung gegenüber dem Auszubildenden kann außerdem bei Vorliegen folgender Umstände gerechtfertigt sein:

  • schwerwiegende Vermögensdelikte gegenüber dem Ausbildenden oder Arbeitskollegen,
  • schwere Beleidigungen und Verleumdungen des Ausbildenden oder der Ausbilder,
  • ernsthafte und wiederholte Störungen des Betriebsfriedens oder der betrieblichen Ordnung,
  • nach Ablauf der Probezeit eingetretene Ungeeignetheit des Auszubildenden (z. B. infolge einer Krankheit oder eines Unfalls).

Das Arbeitsgericht Siegburg hat am 17.3.2022[2] entschieden, dass eine fristlose Kündigung des Auszubildenden gerechtfertigt sein kann, wenn sich ein gesunder Auszubildender krankschreiben lässt, um einer Prüfung fernzubleiben, da der Auszubildende hierdurch eine schwere Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten begeht. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

Das LAG Hamm hat am 10.10.2012[3] entschieden, dass der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses wirksam sein kann, wenn der Auszubildende auf seiner Facebook-Seite seinen Arbeitgeber als "Menschenschinder" und "Ausbeuter" und seine zu verrichtende Tätigkeit als "dämliche Scheiße" bezeichnet. Derartige Äußerungen stellen eine grobe Beleidigung des Ausbildenden dar, selbst wenn dieser für Außenstehende mangels Namensnennung nicht identifizierbar ist. Das BAG hat die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss verworfen.[4] Eine außerordentliche Kündigung kann auch in Form einer Verdachtskündigung ausgesprochen werden. Voraussetzung ist, dass ein dringender Tatverdacht gegen den Auszubildenden gegeben ist und der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht.[5]

Außerhalb des Ausbildungsverhältnisses begangene Straftaten (z. B. Verkehrs- oder Vermögensdelikte) berechtigen den Ausbildenden nur dann zur außerordentlichen Kündigung, wenn hierdurch das Berufsausbildungsverhältnis konkret berührt wird (z. B. im Vertrauensbereich oder im Bereich der betrieblichen Verbundenheit der Mitarbeiter untereinander).

Tatsachen, die von der Rechtsprechung als wichtiger Grund für eine Kündigung seitens des Ausbildenden anerkannt worden sind:

  • häufiges Zuspätkommen
  • unentschuldigtes Fernbleiben
  • Nichteinhalten der Zeitkontrolle
  • wiederholtes Erschleichen oder Übertreten des Urlaubs
  • verspätetes Abliefern der Berichtshefte trotz Abmahnung
  • Nichteinhalten von Ausbildungszeiten
  • mehrfaches unentschuldigtes Versäumen des Berufsschulunterrichts

Eine fristlose Kündigung setzt i. d. R. eine vorherige Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nur dann nicht, wenn der Auszubildende, obwohl ihm die Gefährdung des Ausbildungsverhältnisses klargemacht wurde, jede Einsicht in die Tragweite seines Verhaltens vermissen lässt oder wenn eine Hinnahme des Verhaltens durch den Ausbildenden offensichtlich ausgeschlossen ist.

[2] ArbG Siegburg, Urteil v. 17.3.2022, 5 Ca 1849/21.
[4] BAG, Beschluss v. 20.3. 2013, 6 AZN 2420/12.

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