Leitsatz

Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine dem Unterhaltsschuldner gewährte arbeitsrechtliche Abfindung im Rahmen der Bedarfsermittlung für die Aufstockung des aufgrund des Verlustes des früheren Arbeitsplatzes reduzierten Einkommens des Unterhaltsschuldners herangezogen werden kann.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten waren geschiedene Eheleute und hatten drei in den Jahren 1992, 1994 und 1997 geborene gemeinsame Kinder, die im Haushalt der Mutter lebten.

Der zu leistende Kindesunterhalt war tituliert durch Jugendamtsurkunden, die der Antragsteller im August 2007 auf jeweils 190 % des jeweiligen Regelbetrages und der jeweiligen Altersstufe der damals geltenden RegelbetragVO abzüglich hälftigen Kindergeldes errichtet hatte.

Nach kurzer Arbeitslosigkeit hatte der Antragsteller eine neue Arbeitsstelle angetreten und verdiente seither ca. um 1/3 weniger als an seiner alten Arbeitsstelle. Er hat daraufhin mit der Abänderungsklage die Herabsetzung des Kindesunterhalts ab Januar 2008 geltend gemacht und sich auf sein gesunkenes Einkommen berufen.

Von seinem Arbeitgeber war die Kündigung seines langjährigen Arbeitsverhältnisses als Verkaufsleiter ausgesprochen worden. Im Hinblick auf eine von ihm angestrengte Kündigungsschutzklage war dem Kläger eine Abfindung von netto 33.663,00 EUR gewährt worden.

Das AG hatte der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten wurde der Unterhalt nur in geringem Umfang herabgesetzt und die Abänderungsklage überwiegend abgewiesen. Dagegen richtete sich die Revision, die der Kläger auf den Zeitraum ab September 2009 beschränkte. Die Parteien stritten in der Revisionsinstanz nur noch über die Berücksichtigung der vom Kläger nach dem Verlust seiner früheren Arbeitsstelle erhaltenen Abfindung.

 

Entscheidung

Die Revision blieb ohne Erfolg.

Der BGH wies zunächst darauf hin, dass Abfindungen arbeitsrechtlich unterschiedlichen Zwecken dienen könnten wie z.B. dem Ausgleich zukünftiger Lohneinbußen aufgrund eines Sozialplans bzw. aus Anlass der Aufhebung eines Arbeitsvertrages oder als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage.

Allein aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lasse sich jedoch für die unterhaltsrechtliche Behandlung nichts herleiten.

Die Abfindung dürfe nicht herangezogen werden, wenn der Unterhaltspflichtige im Anschluss an das geänderte Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle angetreten habe, mit der er ein mit der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen erziele. Könne der Unterhaltspflichtige jedoch sein früheres Einkommen nicht mehr erzielen, sei die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten Einkommens einzusetzen. Dies gelte insbesondere, wenn der Unterhaltspflichtige Arbeitslosengeld beziehe, das erheblich unter seinem bisherigen Einkommen liege. In einem solchen Fall diene die Abfindung als Ersatz für das weggefallene Arbeitseinkommen, ggf. bis zum Eintritt in das Rentenalter. Habe der Unterhaltspflichtige ein neues Arbeitsverhältnis erlangt und bleibe sein Einkommen hinter dem früheren zurück, sei je nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ob eine teilweise Aufstockung angemessen sei, um die Abfindung auf einen längeren Zeitraum zu verteilen.

Selbst wenn Abfindungen unterhaltsrechtlich berücksichtigt werden müssten, bedeute dies nicht, dass sie notwendig zur kompletten Aufstockung zu verwenden seien. Insoweit führte der BGH aus, dass der konkrete Abfindungsbetrag vielmehr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls für einen angemessenen Zeitraum verteilt werden müsse. Demzufolge sei eine Abfindung bei einem älteren Unterhaltspflichtigen im Zusammenhang mit seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben grundsätzlich auf die gesamte Zeit bis zu seinem Rentenbeginn zu verteilen, da sie dazu diene, seine bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Eintritt in das Rentenalter aufrechtzuerhalten (BGH BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.1.1987 - IVb ZR 89/85, FamRZ 1987, 359, 360; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl., § 1 Rz. 29 f., 93).

Auch bei dauerhafter Arbeitslosigkeit oder bei fehlender Aussicht auf eine künftige Einkommenserhöhung könne im Einzelfall eine nur teilweise Aufstockung im Rahmen der richterlichen Angemessenheitsprüfung geboten und die Abfindung auf einen längeren Zeitraum zu verteilen sein. Auf welchen Zeitraum die Abfindung im Einzelfall umzulegen sei, unterliege der tatrichterlichen Beurteilung.

Die vornehmlich für den Ehegattenunterhalt aufgestellten Grundsätze hätten Geltung entsprechend auch für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs von Kindern nach der Düsseldorfer Tabelle. Vergleichbar mit dem Ehegattenunterhalt werde der Unterhaltsbedarf von wirtschaftlich nicht selbständigen Kindern regelmäßig vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleitet. Die für den Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zu Kindern geltenden unterhaltsrechtlichen Obliegenheit ständen je...

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