Leitsatz

  1. Berechtigtes "Ausfrieren" eines Miteigentümers (einer Erbbauberechtigten-Bruchteilsgemeinschaft) wegen hoher "Hausgeldschulden"
  2. Gültiger Ermächtigungsbeschluss zur Anspruchsverfolgung
 

Normenkette

§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG; § 273 Abs. 1 BGB

 

Kommentar

  1. Der nachhaltige Zahlungsrückstand des Mitglieds einer nicht rechtsfähigen Gemeinschaft (Erbbaurechts-Bruchteilsgemein-schaft mit Einfamilienhausbebauung der Grundstücke und gemeinschaftlicher Versorgung aller Häuser mit Heizwärme und warmem Wasser) berechtigt deren Mitglieder zur Verhängung einer Versorgungssperre gem. § 273 Abs. 1 BGB (vgl. hierzu h.R.M. zum Wohnungseigentumsrecht sowie Gaier, ZWE 2004, 109). Die Konnexität der hier zurückgehaltenen Leistung mit der (Zahlungs-)Verpflichtung, zu deren Durchsetzung das Zurückbehaltungsrecht ausgeübt wird, folgt aus der für alle Mitglieder der Gemeinschaft bestehenden Berechtigung zur Teilhabe an den gemeinschaftlichen Leistungen und der damit korrespondierenden Pflicht zur Erfüllung der jedem Mitglied der Gemeinschaft gegenüber allen anderen Mitgliedern bestehenden Verpflichtungen (dies wird im Urteil des OLG Köln v. 15.3.2000, 2 U 74/99, NJW-RR 2001, 301/302 und von Wolicki in Köhler/Bassenge, Teil 19 Rn. 378 verkannt).
  2. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts bedarf eines Beschlusses der Mitglieder der Gemeinschaft; weiterhin kann die Versorgung mit Heizwärme nur bei einem erheblichen Zahlungsrückstand rechtmäßig sein (z.B. mit mehr als 6 Monatsbeträgen des hier zu zahlenden "Hausgelds"). Weiterhin muss dem Vollzug einer solchen Sperre eine Androhung vorausgehen, sofern nicht um den Vollzug - wie hier - prozessiert wird.
  3. Der bestandskräftige Beschluss der Eigentümer, einzelne Mitglieder der Bruchteilsgemeinschaft allgemein zur Geltendmachung von Forderungen der Gemeinschaft zu ermächtigen, ist wirksam. Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - analog dem WEG eine "Gemeinschaftsordnung" erlassen wurde. Selbst wenn ein Verwalter zur Geltendmachung solcher Zahlungsansprüche in Prozessstandschaft ermächtigt wurde, steht ein solches Recht unter dem Beschlussvorbehalt der Ermächtigung durch die Gemeinschaft. Die Bruchteilsberechtigten (Erbbauberechtigten) sind also sowohl in ihrer Entscheidung, ob und in welcher Höhe sie Ansprüche geltend machen wollen, als auch in ihrer Entscheidung, wen sie zur Geltendmachung ermächtigen wollen, frei. Sie können mithin auch durch Mehrheitsbeschluss einen Dritten, insbesondere einzelne Erbbauberechtigte zur Geltendmachung von Ansprüchen ermächtigen.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 10.06.2005, V ZR 235/04BGH v. 10.6.2005, V ZR 235/04, NZM 16/2005, 626 = ZWE 4/2005, 438 = ZMR 11/2005, 880

Anmerkung

Vgl. auch zu einer solchen Versorgungssperre ausführlich Scheidacker, NZM 2005, 281 und zur Inhaltskontrolle eines bestandskräftigen Beschlusses über eine Versorgungssperre OLG München v. 23.2.2005, 34 Wx 5/05, NZM 2005, 304 sowie Vortrag Deckert, auftrags des ESW Deutschland (Fischen 2005 am 26.10.2005) sowie OLG Oldenburg v. 3.1.2005, 5 W 151/04, ETW Gr. 2, S. 6143.

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