Leitsatz

Das OLG Dresden hat sich in dieser Entscheidung mit der Bemessung von Freibeträgen bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auseinandergesetzt und hierbei auf eine großzügige Einzelfallprüfung abgestellt.

 

Sachverhalt

Das AG hatte dem Beschwerdeführer für das Scheidungsverfahren zunächst ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt. Nach Beendigung des Scheidungsverfahrens war sein Einkommen wegen Wechsels der Arbeitsstelle erheblich gestiegen. Er hatte in dem Ort seiner Arbeitsstelle ein Zimmer gemietet. Die einfache Entfernung zwischen seinem Wohnsitz und seiner Arbeitsstelle betrug 460 km. Der Beschwerdeführer fuhr alle zwei Wochen nach Hause.

Im Hinblick auf die gestiegenen Einkünfte des Beschwerdeführers ordnete das Familiengericht mit Beschluss vom 26.8.2010 die Zahlung monatlicher Raten von 135,00 EUR an und berücksichtigte hierbei die für den Beschwerdeführer entstehenden Kosten zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstelle sowie die Kosten der doppelten Haushaltsführung nicht.

Gegen den Beschluss vom 26.8.2010 hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt.

Sein Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG hob den Beschluss des AG auf. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers erlaubten keine Ratenzahlungen, da das nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzende monatliche Einkommen weniger als 15,00 EUR betrage. Es könne daher dahinstehen, ob seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse sich ggü. dem Zeitpunkt der ratenfreien Prozesskostenhilfebewilligung wesentlich verbessert hätten.

Ebenso wie das erstinstanzliche Gericht ging auch das OLG von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Beschwerdeführers von insgesamt 2.412,00 EUR aus, von dem Partei- und Erwerbstätigenfreibeträge abzusetzen seien. Das OLG folgte dem erstinstanzlichen Gericht auch hinsichtlich eines weiteren Abzugsbetrages von insgesamt 1.105,00 EUR, den der Beschwerdeführer monatlich zur Tilgung von Darlehen aufbrachte.

Anders als das AG setzte das OLG auch einen Teil der Stromkosten ab, da der Strom für Heizzwecke benötigt werde und die Kosten hierfür nicht vom Parteifreibetrag abgedeckt seien.

Abzugsfähig als Kosten der Unterkunft seien auch die Kosten für Grundsteuer und Schornsteinfeger sowie an Versicherungsbeiträgen die Kosten für die Wohngebäude- und die Haftpflichtversicherung.

Anders als das AG hielt das OLG auch die Kosten der doppelten Haushaltsführung für abzugsfähig, während AG und Staatskasse die Auffassung vertraten, die Abzugsfähigkeit dieser Kosten könne sich allenfalls nach der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch richten. Danach sei die Berücksichtigung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Kosten nur ganz eingeschränkt möglich. Dieser Auffassung folgte das OLG nicht.

Unter Hinweis darauf, dass die Frage, ob die Durchführungsverordnung die Zivilgerichte bei Prüfung der Bedürftigkeit binde, in Literatur und Rechtsprechung streitig sei, vertrat das OLG die Auffassung, die Durchführungsverordnung biete zwar einen Anhaltspunkt für die Bemessung des Freibetrages, binde die Zivilgerichte jedoch nicht. Dies ergebe sich aus Wortlaut, Gesetzesbegründung, Gesetzgebungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der §§ 114, 115 ZPO deutlich.

Bei den Fahrtkosten stellte das OLG nicht auf die Kappungsgrenze gemäß § 3 VI Nr. 2 der Durchführungsverordnung zu § 96 SGB XII ab, die bei einem Einsatzbetrag von 5,20 EUR je Entfernungskilometer zu unangemessenen Absetzungsbeträgen gelange. Das OLG stellte auf die einzelfallbezogene Angemessenheit ab und verglich sein Ergebnis mit den Vorgaben der Leitlinien und Tabellen der übrigen OLG. Einen absetzbaren Betrag von 387,00 EUR (1840 + 95 × 0,20 EUR) hielt es für angemessen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Dresden, Beschluss vom 25.10.2010, 24 WF 914/10

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