Leitsatz

Berechtigter Unterlassungsanspruch im Fall der Befestigung eines Zettels diffamierenden Inhalts an der Wohnungstür einer Miteigentümerin

 

Normenkette

§§ 823, 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Unstreitig hatte die Beklagte an der Wohnungseingangstür der Klägerin außenseitig einen handschriftlichen Zettel mit Tesafilm befestigt, der Hinweise auf "Ihr unverschämtes, egoistisches Herumschlagen von Türen in den frühen Morgenstunden" enthielt.
  2. Die beklagte Eigentümerseite besitzt keinen Anspruch darauf, ein solches Schreiben mit beleidigendem Inhalt gegen die Klägerin öffentlich zugänglich zu machen. Sie kann sich auch dann nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen, wenn die zugrunde liegenden Vorwürfe zutreffen sollten. Insoweit hat die Beklagte andere Wege zu beschreiten. Wenn ebenso auf dem Zettel auch die Rede davon ist, dass die Klägerin den Hausfrieden "durch ihre 6-monatigen Renovierungsarbeiten sowie auch noch danach durch viele Vorfälle bis aufs äußerste beeinträchtigt" habe, handelt es sich bei diesen Äußerungen um solche wertenden Charakters, die geeignet sind, die Beklagte zu diffamieren. Das Anheften eines für jeden vorbeigehenden Passanten sicht- und lesbaren Zettels dient allein dem Zweck, die Gegenseite ohne ersichtliche Rechtfertigung hierfür in Misskredit zu bringen. Da Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden kann, war dem Unterlassungsantrag stattzugeben.
Anmerkung

Sicher handelt es sich bei einer solchen Zettelbefestigung und erstem Hinweis auf "unverschämtes egoistisches Herumschlagen in den frühen Morgenstunden" um eine im Wohnungseigentumsrecht unzulässige Beleidigung, die in dieser Weise auch öffentlich gemacht wurde (lesbar auch von Mietbewohnern und fremden Dritten im Haus); eine solche Vorgehensweise entspricht sicher auch nicht Rücksichtnahmepflichten der Eigentümer untereinander i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG. Wenn allerdings hinsichtlich der in den Gründen erwähnten weiteren Äußerung auf dem besagten Zettel auch von "Äußerungen wertenden Charakters und Eignung, die Beklagte zu diffamieren" gesprochen wird, dürfte meiner Auffassung nach in diesem Begründungssatz das Wörtchen "nicht" (wertenden Charakters) fehlen. Wertungen einer etwa empfundenen Beeinträchtigung dürfen nämlich noch nicht ohne Weiteres als widerrechtliche Diffamierungen mit nachfolgender Unterlassungsanspruchsmöglichkeit angesehen werden. Dass überdies "Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden könne", wird in den Gründen der Entscheidung ebenfalls nicht näher begründet.

Dennoch sollten solche Störhinweise nicht auf diesem Weg erfolgen; eine ggf. berechtigte Beschwerde hätte hier auch in den Briefkasten der betreffenden Störerin als erste Abmahnung eingeworfen werden können; auch andere Bewohner hätten hier telefonisch oder auf schriftlichem Wege mitinformiert werden können.

 

Link zur Entscheidung

AG München, Urteil vom 13.04.2012, 481 C 2412/12 WEGAG München, Urteil v. 15.5.2012, 481 C 2412/12 WEG

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