Leitsatz (amtlich)

1. Die Prüfungspflicht des Registergerichts bei der Anmeldung einer Kapitalerhöhung gegen Einlage gemäß § 182 ff. AktG erstreckt sich auch auf die Frage, ob der gesamte Vorgang gesetzes- und satzungsgemäß abgelaufen ist. Bestehen Zweifel, so hat das Gericht von Amts wegen Ermittlungen anzustellen und Beweise zu erheben.

2. Wird im Rahmen einer Kapitalerhöhung durch Vereinbarung zwischen den Aktionären (Investors-Agreement) eine Zuzahlungspflicht der Neuaktionäre begründet, so kann das Registergericht die Vorlage dieser Vereinbarung fordern, um zu prüfen, ob eine Pflicht zur Leistung einer Einlage über den geringsten Ausgabebetrag hinaus begründet worden ist.

 

Normenkette

FGG § 12; AktG §§ 182-183, 188

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 20.12.2001; Aktenzeichen 17 HK T 21699/01)

AG München

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 20. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Hauptversammlung der betroffenen Aktiengesellschaft beschloß am 27.6.2001 insgesamt vier Barkapitalerhöhungen, deren Eintragung in das Handelsregister vom verfahrensbevollmächtigten Notar beantragt wurde. Beschlossen wurden Erhöhungen des Grundkapitals der Gesellschaft von 677.200 DM um 3.175 DM (Barkapitalerhöhung I), um weiteren 1.435 DM (Barkapitalerhöhung II), um weitere 42.060 DM (Barkapitalerhöhung III) sowie um weitere 62.940 DM jeweils durch Ausgabe neuer, auf den Namen lautender Stückaktien. Zuvor hatten sich die Erwerber der neuen Aktien aus den beiden letztgenannten Kapitalerhöhungen in einem Investors-Agreement gegenüber den bisherigen Aktionären zur Zahlung eines Aufpreises auf den Nennbetrag der Aktien verpflichtet.

Das Amtsgericht bat mit Zwischenverfügung vom 27.9.2001 um Vorlage des Investors-Agreements. Mit Schreiben vom 15.11.2001 erläuterte das Amtsgericht seine Zwischenverfügung dahingehend, daß aufgrund der schuldrechtlich getroffenen Absprachen von der Vereinbarung eines Aufgeldes zum Nennbetrag der Aktien ausgegangen werde, so daß an der Wirksamkeit der Kapitalerhöhungsbeschlüsse Zweifel bestünden. Es müsse mit Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden, wenn der gerichtlichen Anforderung nicht binnen gesetzter Frist entsprochen werde.

Gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts in der Fassung des Schreibens vom 15.11.2001 legte der verfahrensbevollmächtigte Notar namens und im Auftrag der Betroffenen Beschwerde ein. Er beantragte ferner Teilvollzug der Kapitalerhöhungsbeschlüsse I und II. Hierzu werde versichert, daß diese Kapitalerhöhungen ohne dingliches oder schuldrechtliches Agio, also ausschließlich zu pari, vorgenommen worden seien.

Das Amtsgericht gab dem Antrag auf Teilvollzug statt; im übrigen wurde der Beschwerde nicht abgeholfen. Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen mit Beschluß vom 20.12.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Betroffenen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde der Gesellschaft ist zulässig. Der Urkundsnotar ist gemäß § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG postulationsfähig.

III.

Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, ohne die Vorlage des Investors-Agreements könne nicht ausgeschlossen werden, daß die dort begründeten Verpflichtungen der neuen Aktionäre als gewollte Einlagen zu betrachten seien. Nach der Gesamtkonstruktion der beschlossenen Kapitalerhöhungen liege dies sogar nahe. Erzielte Aufgelder aber seien von der Gesellschaft gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB zwingend als Kapitalrücklagen auszuweisen. Durch die Verschleierung der den Rücklagen zuzuführenden Forderungen, die als Sacheinlagen zu behandeln seien, sei die Erfüllung der bilanzrechtlichen Anforderungen nicht mehr gewährleistet. Darüber hinaus widerspreche die eingeschlagene Verfahrensweise den Grundsätzen der Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft. Auch die Kontrolle der Einhaltung des § 36a Abs. 2 Satz 1 AktG sei nicht gewährleistet. Die Anforderung des § 185 Abs. 1 Ziff. 2 AktG sei ebensowenig eingehalten wie die entsprechende Anmeldeverpflichtung aus § 188 Abs. 3 Nr. 2 AktG. Aufgrund der Tatsache, daß vorliegend offensichtlich ein echtes Agio vereinbart worden sei, könne auf die genannten Erfordernisse auch nicht verzichtet werden. Die Einwilligung der betroffenen (Alt-)Aktionäre könne hier nicht rechtfertigend wirken. Im übrigen würden durch die Duldung von „Dunkelzonen” bei der Zeichnung neuer Aktien unkontrollierbaren Vermögenszuständen der Gesellschaft Räume eröffnet.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) im Ergebnis stand

a) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Erstbeschwerde gegen die Zwischenverfügung des Registergerichts als zulässig angesehen (vgl. Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 19 Rn. 16). Die Zwischenverfügung beanstandet eine Anmeldung zum Handelsregister und greift damit in die Rechte der Betroffenen ein.

b) Das Registergericht war befugt, die V...

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