Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Frage, ob und wann ein Erbe Kenntnis vom Anfall der Erbschaft sowie vom Grund der Berufung zur Erbfolge erlangt hat, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Das Rechtsbeschwerdegericht ist daher an die Feststellung des Gerichts der Tatsacheninstanz gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO gebunden, wenn diese Feststellungen nicht verfahrenswidrig zustande gekommen sind, wenn der Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde, alle geeigneten Beweise erhoben wurden (§ 12 FGG) und wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerfrei ist.

 

Normenkette

FGG § 27 Abs. 1 S. 2; ZPO § 561 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 14.05.1993; Aktenzeichen 13 T 2263/93)

AG Schwabach (Aktenzeichen VI 606/92)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. Mai 1993 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 5 hat die den Beteiligten zu 1 bis 4 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 2 250 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der am 3.3.1992 verstorbene Erblasser hat keine letztwillige Verfügung hinterlassen. Als gesetzliche Erben kommen seine Witwe (Beteiligte zu 1) sowie seine drei Kinder (Beteiligte zu 2 bis 4) in Betracht. Ein Aktivnachlaß wurde nicht festgestellt.

Die Beteiligte zu 5, eine Kundenkreditbank, hat mit gleichlautenden Schreiben vom 14.8.1992 gegenüber den Beteiligten zu 1 bis 4 eine Nachlaßverbindlichkeit von rund 4 600 DM aus einer Darlehensgewährung geltend gemacht. Darin heißt es: „Wie wir in Erfahrung gebracht haben, sind Sie Erbin/Erbe geworden. Aus einer Kreditgewährung steht unserer Mandantin noch eine Forderung zu.” Am 14.10.1992 hat die Beteiligte zu 5 beim Nachlaßgericht unter Vorlage eines gegen den Erblasser gerichteten Vollstreckungsbescheids vom 22.7.1982 beantragt, den Beteiligten zu 1 bis 4 eine Frist zur Erstellung eines Nachlaßverzeichnisses zu setzen. Der Antrag wurde den Beteiligten zu 1 bis 4 am 3.11.1992 mitgeteilt.

Die Beteiligten zu 1 bis 4 haben am 23.11.1992 die Erbschaft zur Niederschrift des Nachlaßgerichts ausgeschlagen und dabei angegeben, sie hätten erst am 3.11.1992 durch anwaltliche Beratung Kenntnis vom Anfall der Erbschaft, vom Grund der Berufung zur Erbfolge und von der Überschuldung des Nachlasses erhalten.

Das Nachlaßgericht (Rechtspfleger) hat mit Beschluß vom 15.1.1992 den Antrag auf Bestimmung einer Inventarfrist abgelehnt. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel der Beteiligten zu 5 ist dem Nachlaßrichter zur Entscheidung über die Abhilfe und von ihm dem Landgericht vorgelegt worden. Dieses hat mit Beschluß vom 14.5.1993 die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz eingelegte „sofortige weitere Beschwerde” der Beteiligten zu 5. Den Beteiligten zu 1 bis 4 wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Rechtsmittel ist als unbefristete weitere Beschwerde (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG) statthaft. Gegen eine Verfügung, durch die der Antrag eines Nachlaßgläubigers auf Bestimmung einer Inventarfrist gemäß § 1994 Abs. 1 Satz 1 BGB abgelehnt wird, findet nicht die befristete Beschwerde gemäß § 77 Abs. 1 FGG statt, sondern die unbefristete Beschwerde (vgl. § 19 Abs. 1, § 29 Abs.2 FGG; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 6. Aufl. § 77 Anm. 1 b bb; Keidel/Winkler FGG 13. Aufl. § 77 Rn. 9). Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 5 ergibt sich für die weitere Beschwerde schon aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde (§ 29 Abs. 4, § 20 FGG; BayObLGZ 1992, 162/163 m.w.Nachw.). Für die Erstbeschwerde folgt sie aus der Zurückweisung des Antrags auf Bestimmung einer Inventarfrist (§ 20 Abs.2 FGG; § 1994 Abs. 1 Satz 1 BGB); denn als antragsberechtigte Nachlaßgläubigerin ist sie hierdurch in ihrer Rechtsstellung nachteilig betroffen (vgl. Keidel/Kahl § 20 Rn.49).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Beteiligten zu 1 bis 4 hätten die Erbschaft am 23.11.1992 rechtzeitig und wirksam ausgeschlagen, da sie erst am 3.11.1992 durch eine anwaltliche Belehrung Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erlangt hätten. Die von der Beteiligten zu 5 unter dem 14.8.1992 an die Beteiligten zu 1 bis 4 gerichteten Schreiben mit der bloßen Behauptung, sie seien Erben geworden, seien nicht geeignet, die erforderliche Belehrung über die Rechtslage zu vermitteln. Von juristischen Laien könne nicht das Wissen erwartet werden, daß sie auch bei Fehlen eines Vermögens als Erben behandelt würden.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß der auf § 1994 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BGB gestützte Antrag eines Nachlaßgläubigers, dem Erben eine Inventarfrist zu bestimmen (vgl. BayObLGZ 1992, 162/164 f.), vom Nachlaßgericht abzulehnen ist, wenn die Erben die Erbschaf...

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