Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Beseitigung baulicher Veränderungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat keine eigene Rechtspersönlichkeit; daran hat auch die Entscheidung des BGH vom 29.1.2001 (NJW 2001, 1056) zur Rechts- und Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft nichts geändert. Deshalb sind bei einem von den Wohnungseigentümern angestrengten Verfahren diejenigen Wohnungseigentümer namentlich zu bezeichnen, die der Gemeinschaft zur Zeit der Antragstellung angehören. Es ist Sache der Antragsteller, dazu gegebenenfalls eine aktuelle Eigentümerliste vorzulegen (Anschluß an BayObLG ZMR 2001, 363).

2. Das Aufstellen eines Gartenhäuschens sowie die Anbringung eines hölzernen Flechtzauns (Lamellenzauns) auf einer Dachterrasse stellt regelmäßig eine bauliche Veränderung dar, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf.

3. Ein Eigentümerbeschluß, nach dem ein Wohnungseigentümer Dachaufbauten belassen darf, führt nicht ohne weiteres dazu, daß sich dessen Rechtsnachfolger für eigene Dachaufbauten auf den geschaffenen optischen Zustand berufen kann.

 

Normenkette

BGB § 1004; WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 1; ZPO §§ 50, 253, 313

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 14 T 4186/00)

AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 015/00 WEG)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3. April 2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerde Verfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerde verfahren wird auf 8.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Wohnung der Antragsgegnerin befindet sich im obersten, dem 6. Geschoß des zu der Anlage gehörenden Blocks 2. Zum Sondereigentum gehört auch eine auf dem Flachdach befindliche Terrasse.

Die Gemeinschaftsordnung (GO) enthält in § 3 und § 7 folgende Regelungen:

§ 3

Gegenstände des Sondereigentums

Innerhalb der Räume seines Sondereigentums kann jeder Miteigentümer deren Bestandteile verändern, beseitigen oder solche einfügen, soweit dadurch nicht das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines Miteigentums über das nach dieser Ordnung und nach § 14 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt, die äußere Gestaltung sowie die Zweckbestimmung der Gebäude verändert und die Stabilität und Solidität derselben gefährdet wird.

§ 7

Bauliche Veränderungen

Verbesserungen und Veränderungen einzelner Gebäudeteile, die im Sondereigentum stehen, dürfen weder die Stabilität noch das Äußere des Hauses oder seiner gemeinschaftlichen Teile verändern oder beeinträchtigen. Sie dürfen auch nicht andere Gemeinschafter behindern oder im Gemeingebrauch beschränken. Ebensowenig darf das Sondereigentum anderer Miteigentümer dadurch nachhaltig gestört oder geschädigt werden. Bauliche Veränderungen am Sondereigentum … bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verwalters. …

Die Zustimmung des Verwalters kann bei Vorliegen wichtiger Gründe widerrufen werden, insbesondere wenn Auflagen nicht erfüllt werden. Bauliche Veränderungen, soweit diese nicht auf einer öffentlich-rechtlichen Auflage beruhen, oder luxuriöse Aufwendungen am gemeinsamen Eigentum bedürfen der einstimmigen Zustimmung sämtlicher Miteigentümer, soweit diese in der zu diesem Zweck einberufenen Miteigentümerversammlung anwesend oder vertreten sind.

Einer der früheren Eigentümer des Wohnungseigentums der Antragsgegnerin hatte auf der Dachterrasse ein hölzernes Saunahaus errichtet und Pflanzkübel aufgestellt. Wegen deren Entfernung kam es zu Auseinandersetzungen in der Eigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 3.10.1986 wurde zunächst darüber beraten, ob die Gemeinschaft gegenüber dem Voreigentümer Kosten geltend machen solle, die durch das Errichten der Sauna ohne Genehmigung und das Abräumen der Dachterrasse zur Durchführung einer Dachreparatur angefallen waren. Schließlich wurde mehrheitlich „nach Abwägung aller Kriterien” folgender bestandskräftiger Beschluß gefaßt:

In Anlehnung an den Beschluß …, in dem der Abbruch der Sauna auf der Dachterrasse abgelehnt wurde, wird der Verwalter beauftragt, wie in § 7 der Gemeinschaftsordnung geregelt, Herrn P. (damaliger Eigentümer) die Genehmigung für die Errichtung bzw. in diesem Falle Stehenlassen der Sauna zu erteilen. Des weiteren wird festgelegt, daß Herr P. in Zukunft das Abräumen der Sauna und Pflanzkübel usw. jeweils in Eigenleistung bzw. auf eigene Kosten durchführt, wobei die Arbeiten jeweils rechtzeitig angekündigt werden müssen, damit in zumutbarer Frist die Räumung der Dachterrasse möglich ist. Der Verwalter wird beauftragt, mindestens alle zwei Jahre die Dachterrasse dahingehend zu überprüfen, ob die Pflanzkübel ordnungsgemäß aufgestellt wurden. Falls Zweifel insbesondere unter Belastungsgesichtspunkten bestehen, hat der Verwalter einen Sachverständigen hinzuzuziehen.

Herr P. wird an die Wohnung...

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