Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Unterlassungsanspruch gegen vereinbarungswidrige Nutzung und Vollstreckung

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen UR II 124/87)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 12804/87)

 

Tenor

I. Die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 5. November 1990 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Antragsgegnerin die Nutzung ihres Teileigentums als Gaststätte, Café oder Imbißstube durch sie selbst oder Dritte ab 2. April 1991 untersagt ist.

II. Von den gerichtliche und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 1/5 und die Antragsgegnerin 4/5 zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 30 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Der Antragstellerin gehören die Teileigentumseinheiten Nrn. 11 und 12 im ersten Obergeschoß, die von einem Mieter als Arztpraxis auch in den Abendstunden genutzt werden. Das im Erdgeschoß darunter liegende Teileigentum Nr. 10 gehört der Antragsgegnerin; in ihm wird von ihren Mietern eine Imbißstube (Bistro) mit Öffnungszeiten bis nach 22.00 Uhr betrieben. Das Teileigentum Nr. 10 ist in dem Vertrag, durch den das Wohnungs- und Teileigentum begründet wurde, als Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Erdgeschoß gelegenen Laden bezeichnet. In dem neben dem Teileigentum Nr. 10 liegenden Teileigentum wird innerhalb der Ladenschlußzeiten eine Bäckerei (Konditorei) mit Kaffee-Ausschank betrieben.

Auf Antrag der Antragstellerin hat das Amtsgericht am 22.5.1987 der Antragsgegnerin untersagt, ihr Teileigentum als Gaststätte, Café oder Imbißstube zu nutzen oder nutzen zu lassen (Nr. I) und sie verpflichtet, ihren Mietern eine über die Nutzung als Laden hinausgehende Nutzung nach Ablauf eines Monats ab Rechtskraft zu untersagen und die Räumung zu betreiben, falls sich die Mieter nicht daran halten (Nr. II). Das Landgericht hat durch Beschluß vom 5.11.1990 die Nr. II des amtsgerichtlichen Beschlusses aufgehoben und im übrigen die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin.

II.

Die Rechtsmittel sind im wesentlichen unbegründet.

1. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts ausgeführt:

Die Beschreibung des Teileigentums der Antragsgegnerin in dem Begründungsvertrag enthalte eine Zweckbestimmung als Laden. Mit ihr sei der Betrieb einer Gaststätte nicht zu vereinbaren. Der damit gegebene Unterlassungsanspruch der Antragstellerin gehe nicht dadurch verloren, daß der Laden vermietet sei. Auch der Umstand, daß in der benachbarten Bäckerei (Konditorei) das Aufstellen von Tischen und Stühlen geduldet werde, führe zu keinem anderen Ergebnis. Auch wenn die Antragstellerin die einzige sei, die sich an der zweckbestimmungswidrigen Nutzung störe, könne sie Unterlassung verlangen.

Die Nr. II der amtsgerichtlichen Entscheidung könne keinen Bestand haben, weil sich die Mieter der Antragsgegnerin ihr gegenüber auf die Einhaltung des Mietvertrags berufen könnten.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Vorinstanzen haben der Antragsgegnerin zu Recht untersagt, ihr Teileigentum als Gaststätte, Café oder Imbißstube zu nutzen oder nutzen zu lassen (§ 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB).

(1) Die Nutzung des Teileigentums Nr. 10 als Imbißstube (Bistro) widerspricht der in dem Begründungsvertrag getroffenen Zweckbestimmung des Teileigentums als Laden. Insoweit wird auf den Beschluß des Senats vom 28.6.1989 (WuM 1989, 524) Bezug genommen. Die Antragstellerin kann daher eine der Zweckbestimmung entsprechende und damit die Unterlassung einer entgegenstehenden Nutzung verlangen.

(2) In seinem weiteren Beschluß vom 11.4.1990 (BayObLGZ 1990, 107 = NJW-RR 1990, 978) hat der Senat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 95, 137) ausgeführt, eine in § 14 Abs. 7 der Gemeinschaftsordnung vorgesehene Abänderung der Zweckbestimmung durch Mehrheitsbeschluß scheitere daran, daß die Antragstellerin durch sie unbillig benachteiligt würde. Auch auf diese Entscheidung wird Bezug genommen.

(3) Zu Recht haben die Vorinstanzen der Antragsgegnerin untersagt, ihr Teileigentum in der genannten Weise selber zu nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen. Der Unterlassungsanspruch richtet sich auch dann gegen die Antragsgegnerin als Wohnungseigentümerin, wenn sie ihr Teileigentum nicht selbst nutzt, sondern durch Mieter nutzen läßt; auch in diesem Fall ist sie Störer i. S. des § 1004 BGB. Die Unterlassungspflicht der Antragsgegnerin schließt die Pflicht ein, dahin tätig zu werden, daß die unzulässige Nutzung des Teileigentums durch ihre Mieter unterbunden wird (BayObLG NJW-RR 1987, 463/464; vgl. auch BayObLG WuM 1989, 197/198).

(4) Dem Unterlassungsverlangen der Antragstellerin ka...

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