Leitsatz (amtlich)

1. Die Einladung zu einer Mitgliederversammlung eines Vereins mit mehr als achtzig Mitgliedern, in welcher grundlegende Beschlüsse, auch zur Abwahl des Vorstands, anstehen, für einen Termin in der Hauptferienzeit ist jedenfalls dann nicht verkehrsüblich und damit unangemessen, wenn nach vorheriger schriftlicher Erklärung des 1. Vorstandsvorsitzenden der Verein grundsätzlich keine Mitgliederversammlungen in den Schulferien abhält und kein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt.

2. Ein Fall besonderer Dringlichkeit, der eine Einladung zu diesem Termin rechtfertigen könnte, liegt nicht allein deshalb vor, weil der Vorstand offensichtlich der Einberufung einer Mitgliederversammlung durch hierzu gerichtlich ermächtigte Vereinsmitglieder zuvorkommen will.

3. Die in der zu einem nicht angemessenen Termin einberufenen Versammlung gefassten Beschlüsse sind nichtig, weil die unzumutbare Erschwerung der Teilnahme einer fehlenden Einladung gleichzusetzen ist, sofern nicht feststeht, dass sie auch bei einer ordnungsgemäßen Einladung gleich lautend gefasst worden wären.

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 22.03.2004; Aktenzeichen 16 T 7048/03)

AG Nürnberg (Aktenzeichen VR 2300)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 22.3.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat den Antragstellern die im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beträgt 3.000 Euro.

 

Gründe

I. Mit Schreiben vom 2.4.2003 an den 1. Vorsitzenden des Antragsgegners, eines eingetragenen Vereins, der nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt 88 Mitglieder hatte, haben 19 dieser Mitglieder unter Darlegung von Gründen gefordert, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Deren Zweck wurde durch Benennung folgender Tagesordnungspunkte angegeben:

"- Aussprache des Vorstandes vor und mit den Mitgliedern

- Entlastung des Vorstandes

- Abklärung der Kassenprüfung

- Abwahl des Vorstandes

- Neuwahl des Vorstandes

- Sonstiges".

Mit Schreiben vom 5.5.2003 beantragten dieselben 19 Vereinsmitglieder beim AG die Ermächtigung zur Einberufung einer Versammlung gem. § 37 Abs. 2 BGB mit dieser Tagesordnung, weil der Vorstand des Antragsgegners ihrer Aufforderung nicht nachgekommen sei.

Der 1. Vorsitzende des Antragsgegners teilte dem Gericht mit Schreiben vom 13.5.2003 mit, dass dem Verlangen der betreffenden Mitglieder entsprochen worden sei durch Einberufung einer Versammlung für den 25.5.2003 mit folgender Tagesordnung:

"- Bericht des Vorstandes einschließlich Kassenbericht für das Jahr 2002 und aktueller Kassenlage

- Aussprache vor und mit den Mitgliedern

- Entlastung des Vorstandes

- Neuwahl zurückgetretener Vorstandsmitglieder

- Wahl von zwei Kassenprüfer(innen)".

Am 16.5.2003 erklärte der Antragsteller zu 1) mündlich ggü. dem Registergericht, dass zu der bevorstehenden Versammlung offensichtlich nicht alle Mitglieder eingeladen worden seien; er selbst habe kein unmittelbar an ihn gerichtetes Einladungsschreiben erhalten. Außerdem entspreche die darin genannte Tagesordnung nicht den von der Minderheit geforderten Punkten. Er bat wiederum um Ermächtigung zur Einberufung einer Versammlung.

Mit gerichtlichem Schreiben vom selben Tag wurde der 1. Vorsitzende des Antragsgegners unter Mitteilung der genannten Rügen über dieses erneute Verlangen in Kenntnis gesetzt. Er wurde auf die mangelnde Beschlussfähigkeit einer Mitgliederversammlung bei nicht ordnungsgemäßer Einladung hingewiesen. Das Gericht beabsichtige daher, den Antragsteller zu 1) wie beantragt zu ermächtigen. Der Antragsgegner erhielt erneut Gelegenheit zur Stellungnahme.

Mit Schreiben vom 27.5.2003 übersandte dieser die Niederschrift der zwei Tage zuvor durchgeführten Mitgliederversammlung. Die Tagesordnung der Versammlung entsprach der Ankündigung des 1. Vorsitzenden in der Einladung. Der Antragsgegner teilte weiter mit, er vermöge keine wesentliche Abweichung ggü. der von den Mitgliedern geforderten Tagesordnung zu erkennen. Sollte ihm eine anders lautende Mitteilung des Gerichts zugehen, werde er innerhalb von 14 Tagen eine erneute Mitgliederversammlung einberufen. Allerdings halte der Verein grundsätzlich keine Versammlungen während der Schulferien ab.

Mit Beschluss vom 10.7.2003 hat das Registergericht die Antragsteller zur Einberufung einer Mitgliederversammlung des Vereins ermächtigt und deren Vorsitz dem Beteiligten zu 2, einem Vereinsmitglied, übertragen. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsgegner sofortige Beschwerde ein und kündigte an, am 10.8.2003 eine außerordentliche Mitgliederversammlung nunmehr mit der von den Antragstellern verlangten Tagesordnung einzuberufen. Weiterhin beantragte er, die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen.

Nachdem die Mitgliederversammlung vom 10.8.2003 stattgefunden hatte, beabsichtigten die Antragsteller ihrerseits, für den 11.9.2003 zu einer außerorde...

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