Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, durch die die Erhebung der Ehelichkeitsanfechtungsklage durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes genehmigt wird, kann auch noch nach Erhebung der Ehelichkeitsanfechtungsklage auf Beschwerde eines Beteiligten überprüft und geändert werden.

2. Hat der Vertreter des Minderjährigen mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Ehelichkeitsanfechtungsklage erhoben und wird die Genehmigung später im Beschwerdeverfahren aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben, so ist die Anfechtung nicht allein deshalb offensichtlich unzulässig, weil das Vormundschaftsgericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, die erneute Genehmigung erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist erteilt.

3. Zu den Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung zur Anfechtung der Ehelichkeit, wenn die Ehe der Eltern des Kindes geschieden ist, die Mutter eine neue Ehe eingegangen ist und ihr nunmehriger Ehemann, der nicht der leibliche Vater des Kindes ist, dieses adoptieren möchte.

 

Normenkette

BGB §§ 203, 1596 Abs. 2, § 1597 Abs. 1, § 1831; FGG § 12; BGB §§ 55, 62-63

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 21.09.1995; Aktenzeichen 4 T 4751/94)

AG Rosenheim (Aktenzeichen X 177/92)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 21. September 1995 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 3 hat den Beteiligten zu 1 und 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der im Jahr 1985 geborene Beteiligte zu 1 ist der Sohn der Beteiligten zu 2. Er wurde geboren, während die Mutter mit dem Beteiligten zu 3 verheiratet war. Die Ehe ist seit 1992 rechtskräftig geschieden. Das Sorgerecht für das Kind wurde der Mutter übertragen.

Nach einem von der Mutter vorgelegten Gutachten ist der Beteiligte zu 3 mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht der Vater des Kindes. Die Mutter ist jedoch nicht bereit, den wahren Erzeuger, der ihr bekannt ist, gegenüber dem Gericht zu benennen. Sie ist seit längerem eine Verbindung mit einem anderen Mann eingegangen und hat diesen 1993 geheiratet. Der Beteiligte zu 1 lebt zusammen mit einem 1992 geborenen Kind des Ehepaares und einer Schwester aus der Ehe der Mutter mit dem Beteiligten zu 3 in der neuen Familie. Der nunmehrige Ehemann der Mutter möchte den Beteiligten zu 1 adoptieren. Er hat zu notarieller Urkunde vom 5.7.1995 einen entsprechenden Antrag gestellt. Die Mutter hat der Adoption zugestimmt, der Beteiligte zu 3 verweigert seine Zustimmung.

Mit Schriftsatz vom 21.9.1992 hat die Mutter als Vertreterin des Beteiligten zu 1 beantragt, die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes zu genehmigen. Das Vormundschaftsgericht hat am 16.11.1992 diese Genehmigung erteilt. Daraufhin hat die Mutter am 8.12.1992 namens des Kindes die Anfechtungsklage eingereicht. Dieses Verfahren ruht derzeit. Nach der Zustellung der Klage hat der Beteiligte zu 3 gegen die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Genehmigung aus formalen Gründen aufgehoben. Nach weiteren Ermittlungen hat das Vormundschaftsgericht mit Beschluß vom 9.12.1994 die Erhebung der Anfechtungsklage erneut genehmigt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 3 hat das Landgericht mit Beschluß vom 21.9.1995 zurückgewiesen. Der Beteiligte zu 3 hat weitere Beschwerde eingelegt. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist unabhängig davon statthaft, ob die Erstbeschwerde im Hinblick auf § 62 i.V.m. § 55 Abs. 1 FGG ausgeschlossen war (vgl. BayObLGZ 1963, 1/3 und 1988, 367). Die Beschwerdeberechtigung (§ 29 Abs. 4, § 20 Abs. 1 FGG) des Beteiligten zu 3 ergibt sich schon daraus, daß das Landgericht seine Erstbeschwerde zurückgewiesen hat (Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 27 Rn. 10 m.w.N.).

2. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die beabsichtigte nicht offensichtlich unzulässige Anfechtung der Ehelichkeit entspreche dem Interesse des Kindes. Zwar stehe aufgrund der Angaben der Mutter fest, daß der leibliche Vater bisher zu dem Kind keine persönlichen Beziehungen aufgebaut habe und dies auch in Zukunft nicht zu erwarten sei. Jedoch beabsichtige der nunmehrige Ehemann der Mutter, das Kind mit deren Einwilligung zu adoptieren. Das Kind habe zu ihm eine enge persönliche Beziehung entwickelt und stehe der Adoption positiv gegenüber. Es lebe in dem neuen Familienverband und sei in diesen eingebettet. Den seit einiger Zeit abgebrochenen Kontakt zu dem Beteiligten zu 3 vermisse das Kind nicht. Da der Beteiligte zu 3 seine Einwilligung zu der Adoption verweigere, sei die Ehelichkeitsanfechtung als vorbereitender Schritt in dieser Richtung erforderlich und liege im Interesse des Kindes. Überragende finanzi...

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