Leitsatz (amtlich)

Auch für einen Betroffenen, der im Rahmen des strafrechtlichen Maßregelvollzuges untergebracht ist und deshalb notfalls gegen seinen Willen zwangsbehandelt werden kann, ist eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge erforderlich, wenn er geschäftsunfähig und damit nicht selbst dazu in der Lage ist, in seine Behandlung einzuwilligen.

 

Normenkette

BGB § 1896 Abs. 1, § Abs. 2 S. 1; StGB § 63; StVollzG §§ 136, 138; UnterbrG Art. 28

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Beschluss vom 11.06.2002; Aktenzeichen 32 T 812/01)

AG Schwandorf (Aktenzeichen XVII 57/92)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Amberg vom 11.6.2002 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Betroffene, der zur Zeit im Rahmen eines Maßregelvollzugs gem. § 63 StGB untergebracht ist, steht nach einem schweren Verkehrsunfall seit vielen Jahren unter Betreuung. Mit Beschluss des AG vom 12.7.2001 wurde die jetzige Betreuerin für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge, Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post bestellt.

Gegen diesen Beschluss wandte sich der Betroffene mit dem Ziel, die Aufhebung der Betreuung und die Entlassung der bestellten Betreuerin zu erreichen. Hilfsweise beantragte er die Bestellung eines bestimmten anderen Betreuers. Mit Beschluss vom 24.7.2001 half das AG den Beschwerden nicht ab. Auch gegen diesen Nichtabhilfebeschluss legte der Betroffene Beschwerde und sofortige Beschwerde ein.

Das LG hat beide Beschwerden am 11.6.2002 und am gleichen Tage in einem weiteren Beschluss einen Ablehnungsantrag des Betroffenen zurückgewiesen, den dieser nach Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens gegen den Sachverständigen gerichtet hatte.

Der Betroffene hat weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG vom 11.6.2002 eingelegt und für den Fall der Verfristung des Rechtsmittels Abänderungsanträge bezüglich des angefochtenen Beschlusses bzw. der Beschlüsse vom 12.7.2001 und 2)4.7.2001 angekündigt.

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 27 Abs. 1 FGG), aber nicht begründet.

1. Das Rechtsmittel des Betroffenen richtet sich gegen den Beschluss des LG vom 11.6.2002, in welchem die Beschwerden des Betroffenen gegen den Beschluss des AG vom 12.7.2001 und gegen den Nichtabhilfebeschluss vom 24.7.2001 zurückgewiesen worden sind. Es richtet sich nicht gegen den Beschluss des LG vom gleichen Tage, in welchem der Ablehnungsantrag des Betroffenen gegen den Sachverständigen abgelehnt worden ist. Dies ergibt eine Auslegung der Rechtsmittelschrift des Betroffenen. In dieser ist ausdrücklich nur von der Anfechtung eines Beschlusses die Rede. Das Rechtsmittel ist als weitere Beschwerde bezeichnet und kündigt für den Fall der Verfristung Abänderungsanträge für diejenigen Beschlüsse an, welche der Beschwerdeentscheidung des LG zugrunde liegen. Hieraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass die Beschwerdeentscheidung des LG angefochten werden soll.

2. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG vom 12.7.2001 sei unbegründet. Das AG habe zu Recht die Verlängerung der Betreuung angeordnet, da die Voraussetzungen für eine Betreuung weiterhin gegeben seien. Der Betroffene könne aufgrund einer psychischen Krankheit seine Angelegenheiten teilweise nicht mehr selbst besorgen und seinen Willen nicht mehr frei bestimmen. Der dem Gericht als zuverlässig und sachkundig bekannte Gutachter, welcher Leiter der Forensischen Psychiatrie einer Psychatrischen Klinik und Poliklinik mit Konsiliardienst sei, habe überzeugend ausgeführt, dass der Betroffene an einer paranoiden Schizophrenie, episodisch mit stabilem Residuum, sowie an einer leicht bis mittelgradig ausgeprägten hirnorganischen Beeinträchtigung aufgrund eines Schädelhirntraumas leide. Ob eine weitere bereits vor dem Unfall beschriebene Persönlichkeitsproblematik immer noch eine Rolle spiele, könne nicht mehr mit letzter Sicherheit eruiert werden. Auch wenn sich nach der Diagnose eines Bezirksklinikums die Symptomatik allein durch das Frontalhirnsyndrom erklären lasse, bestehe kein Anlass an der Richtigkeit der gutachtlichen Feststellung zu zweifeln, ganz abgesehen davon, dass auch nach dieser Diagnose von einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auszugehen sei. Deshalb müsse auch kein weiteres Gutachten eines außerbayerischen Gutachters eingeholt werden. In den beschriebenen Aufgabenkreisen sei die Betreuung auch erforderlich. Das gelte auch für die Gesundheitsfürsorge, weil der Betroffene trotz seines Befindens im Maßregelvollzug nicht bloßes Objekt ärztlicher Behandlung sei. Da der Betroffene nach den Feststellungen des Sachverständigen geschäftsunfähig sei, könne er keinem Dritten Vollmacht zur Besorgung seiner Angelegenheiten erteilen. Selbst wenn er aber dem von ihm vorgeschlagenen Betreuer im Jahre 2000 oder 2001 eine weiter gehende Vollmacht als zur Vertretung im Räumungsverfahren ertei...

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