Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Nachteilige bauliche Veränderung durch nachträgliches Anbringen von Außenrollladen

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen UR II 666/88)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 1990/90)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1 – 6 und 8 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 4. Dezember 1990 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner zu 1 – 6 und 8 haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus vier Häusern bestehenden Wohnanlage. Die Häuser sind architektonisch aufeinander abgestimmt. Jedes Haus hat ein Erdgeschoß und zwei Obergeschosse. Die Fenster der Wohnungen in den Erdgeschossen wurden bei Errichtung der Wohnanlage mit Außenrolläden versehen. Die Antragsgegner sind Eigentümer einer jeweils im Obergeschoß gelegenen Wohnung; sie ließen nachträglich jeweils ein oder mehrere Fenster und die Balkone ihrer Wohnung mit Außenrolläden versehen, die in ihrer Ausführung den im Erdgeschoß vorhandenen Rolläden in etwa entsprechen.

Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die an ihren Wohnungen nachträglich angebrachten Außenrolläden an den Fenstern und den Balkonen entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherstellen zu lassen. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 29.12.1989 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 4.12.1990 unter Zurückweisung des Antrags und der sofortigen Beschwerde im übrigen die Antragsgegner zu 1 bis 6 und 8 verpflichtet, die Rolläden (einschließlich Rollädenkästen und -schienen) an bestimmten näher bezeichneten Fenstern ihrer jeweiligen Wohnung zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1 bis 6 und 8.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Aufgrund des durchgeführten Augenscheins und der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen stehe fest, daß durch das nachträgliche Anbringen der Rolläden insoweit eine technische und optische Verbesserung gegenüber dem früheren Zustand eingetreten sei, als in einem jeweils architektonisch abgrenzbaren, in sich geschlossenen Bauabschnitt sämtliche Fenster im 1. und 2. Obergeschoß mit Rolläden versehen worden seien. Der optische Gesamteindruck werde jedoch gestört, soweit innerhalb eines solchen Bauabschnitts nur vereinzelt Rolläden, z. B. nur in einem der beiden Obergeschosse oder an einzelnen Fenstern eines Geschosses, angebracht worden seien. Diese Rolläden müßten gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 22, §14 Nr. 1 WEG beseitigt werden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Der Antragsteller hat einen Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang.

a) Das Anbringen der Außenrolläden ist als bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG anzusehen. Darunter ist nicht nur eine Veränderung vorhandener Gebäudeteile, sondern jede auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums zu verstehen, wenn sie über eine ordnungsmäßige Instandsetzung und Instandhaltung hinausgeht.

Die Antragsgegner zu 1 bis 6 und 8 haben durch das Anbringen der Außenrolläden das Erscheinungsbild der Wohnanlage umgestaltet. Diese Umgestaltung ist auf Dauer angelegt; sie betraf auch das Gemeinschaftseigentum (vgl. KG DWE 1988, 62). Es handelte sich ferner nicht um eine Maßnahme der ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG (vgl. dazu BayObLGZ 1990, 28/31). Zwar mag das Anbringen von Außenrolläden in Obergeschoßwohnungen von vielen aus Sicherheits-, Verdunkelungs- und Wärmehaltungsgründen als wünschenswert angesehen werden, gleichwohl ist eine solche Maßnahme weder allgemein üblich noch führt sie zu einer solchen Verbesserung der Wohnqualität, daß sie als modernisierende Instandsetzung anerkannt werden könnte.

b) Die von den Rechtsbeschwerdeführern angebrachten Außenrolläden bedeuten für den Antragsteller einen über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehenden Nachteil. Unter einem Nachteil im Sinn dieser Vorschrift ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Ein solcher Nachteil kann sich auch aus einer architektonischen Veränderung des äußeren Gesamteindrucks der Wohnanlage ergeben. In der Rechtsprechung wird zum Teil die Auffassung vertreten, daß bauliche Veränderungen, die das architektonische Bild verändern, auch dann der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfen, wenn sie möglicherweise den optischen Eindruck des Bauwerks verbessern oder wenn die Veränderungen nach Auffassung des Tatrichters als nicht störend oder gar als architektonisch und ästhetisch geglückt zu bezeichnen sind (OLG Zweibrücken NJW-RR 1987, 1358; ZMR 198...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge