Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersetzung der Zustimmung gemäß § 1365 Abs. 2 BGB. Zugewinngemeinschaft; hier: Notwendigkeit der Zustimmung des anderen Ehegatten zur Teilungsversteigerung und Ersetzung der Zustimmung durch das Vormundschaftsgericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Macht der Miteigentumsanteil an einem Grundstück das ganze oder nahezu ganze Vermögen eines im gesetzlichen Güterstand, der Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten aus, bedarf dieser für den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft der Zustimmung des anderen Ehegatten.

2. Zur Ersetzung der Zustimmung durch das Vormundschaftsgericht.

3. Ob die Teilungsversteigerung den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, richtet sich nach dem Familieninteresse und erfordert eine Abwägung der Interessen aller Familienangehörigen unter Berücksichtigung aller Umstände.

 

Normenkette

BGB §§ 1365, 753 Abs. 1 S. 1; ZVG § 180

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 08.09.1995; Aktenzeichen 13 T 4738/95)

AG München (Aktenzeichen 703 X 5/93)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 8. September 1995 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die ihm im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 400.000 DM festgesetzt.

Die weitere Geschäftswertbeschwerde der Antragstellerin wird verworfen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind miteinander verheiratet und zu gleichen Teilen Miteigentümer eines mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücks.

Da die Eheleute sich über einen Verkauf des Anwesens wie auch über eine Übernahme des Miteigentumsanteils des jeweils anderen Ehegatten nicht einigen können, strebt die Antragstellerin die Teilungsversteigerung des Anwesens an und hat beantragt, die vom Antragsgegner hierzu verweigerte Zustimmung zu ersetzen.

Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 16.9.1994 zurückgewiesen und den Geschäftswert für das Verfahren am 9.1.1995 auf 400.000 DM festgesetzt.

Die von der Antragstellerin gegen beide Beschlüsse eingelegten Beschwerden hat das Landgericht am 8.9.1995 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der weiteren Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist, soweit sie die vom Amtsgericht getroffene und vom Landgericht bestätigte Festsetzung des Geschäftswerts zum Gegenstand hat, unzulässig, da sie nicht zugelassen worden ist (§ 31 Abs. 3, § 14 Abs. 3 Satz 2 KostO).

Im übrigen ist das Rechtsmittel zulässig, hat jedoch keinen Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leben die Eheleute seit Dezember 1992 in dem Reihenhaus getrennt. Das Scheidungs- und Folgeverfahren ist nach Aufhebung des vom Amtsgericht erlassenen Scheidungsurteils durch das Oberlandesgericht wieder beim Amtsgericht anhängig. Die Antragstellerin betreut die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder (geboren im Jahr 1979 und 1982). Durch das Amtsgericht wurden ihr die vormalige Ehewohnung und dem Antragsgegner die durch Kündigung mittlerweile freigewordene Einliegerwohnung sowie der Spitzboden zur alleinigen Benutzung zugewiesen. Der volljährige Sohn bewohnt ein Zimmer im Untergeschoß.

Das Einkommen des Antragsgegners beläuft sich auf monatlich ca. 2.500 DM. Für die beiden minderjährigen Kinder zahlt er monatlich je 368 DM Unterhalt. Die Antragstellerin, der aus dem Nachlaß ihrer verstorbenen Mutter ein Betrag von ca. 20.000 DM zusteht, ist nicht berufstätig. Ihre Unterhaltsklage ist rechtskräftig abgewiesen. Aufgrund der angeführten Aufteilung des Wohnhauses ist sie von den Stadtwerken inzwischen zur Entrichtung von Abschlagszahlungen für Strom, Gas und Wasser in Höhe von monatlich 460 DM aufgefordert worden. Der Antragsgegner, der früher sämtliche Nebenkosten trug, verlangt insoweit nunmehr getrennte Bezahlung.

Die Antragstellerin möchte das Anwesen verwerten, um sich ein eigenes Leben aufzubauen. Über den erzielbaren Erlös sind die Eheleute jedoch uneins. Während die Antragstellerin von einer Größenordnung von 1,5 Mio. DM ausgeht, beziffert der Antragsgegner den Wert des Anwesens auf 800.000 DM.

2. Das Landgericht hat weiter ausgeführt:

Das Amtsgericht habe die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zur Teilungsversteigerung mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt.

Die Teilungsversteigerung des verfahrensgegenständlichen Anwesens entspreche nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung.

Dabei sehe das Gericht durchaus das Interesse der Antragstellerin auf Führung eines sorgenfreien und finanziell geregelten Lebens. So habe die zwischenzeitliche Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute eine zusätzliche finanzielle Einengung auf selten der Antragstellerin zur Folge gehabt. Andererseits seien jedoch die Geldmittel auch schon während des Zusammenlebens der Eheleute äußerst knapp gewesen. Die Familie sei von den jeweiligen Eltern unterstützt worden. Der Antragstellerin sei...

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