Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Recht auf Einsicht in Abrechnungsbelege sowie Beschlussungültigkeit bei sog. Rechnungsabgrenzungen sowie Vereinbarung für Bestands- und Erfolgsabrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegenüber dem Recht jedes Wohnungseigentümers auf Einsicht in die der Jahresabrechnung zugrunde liegenden Belege kann sich der Verwalter nicht auf tatsächliche Schwierigkeiten berufen, die sich bei der Geltendmachung des Einsichtsanspruchs durch die zahlreichen Eigentümer einer großen Wohnanlage für ihn ergeben. Im Rahmen der Einsichtnahme hat der Wohnungseigentümer Anspruch auf Aushändigung von Fotokopien; die Kosten dafür sind dem Verwalter zu erstatten.

2. Ein Eigentümerbeschluß des Inhalts, daß in der Jahresabrechnung bei „wichtigen” Ausgabepositionen Rechnungsabgrenzungen vorgenommen werden dürfen, entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung und ist auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären.

 

Normenkette

BGB §§ 226, 242, 259 Abs. 1; WEG § 28 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 27.10.1999; Aktenzeichen 14 T 3888/99)

AG Erlangen (Urteil vom 31.03.1999; Aktenzeichen 10 UR II 53/98)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin zu 1 hat die Gerichtskosten aller Rechtszüge zu tragen. Sie hat dem Antragsteller zwei Drittel der im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten sowie die gesamten außergerichtlichen Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten. Die Kostenentscheidung des Landgerichts sowie der Beschluß des Amtsgerichts Erlangen vom 31. März 1999 werden insoweit abgeändert.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 13.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 2 sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage mit 155 Wohnungen, die von der Antragsgegnerin zu 1 verwaltet wird. Auf Antrag des Antragstellers erklärte das Amtsgericht mit Beschluß vom 8.7.1998 einen Eigentümerbeschluß vom 12.4.1997 für ungültig, mit dem die Wohnungseigentümer die von der Antragsgegnerin zu 1 erstellte Jahresabrechnung für 1996 anerkannt und ihr Entlastung erteilt hatten. In den Entscheidungsgründen führte das Amtsgericht aus, in der Jahresgesamtabrechnung fehlten die Einnahmen der Eigentümergemeinschaft aus den Zahlungen der Miteigentümer sowie der Stand sämtlicher Konten der Wohnungseigentümer zu Beginn und zum Ende des Abrechnungszeitraums. Ferner beanstandete das Amtsgericht, daß im Abrechnungszeitraum getätigte aber das Vorjahr betreffende Ausgaben in Höhe von 4.969,72 DM ausgebucht und andererseits Ausgaben aus dem Vorjahr in Höhe von 11.713 DM, die dem Wirtschaftsjahr zuzuordnen seien, in die Gesamtabrechnung eingebucht worden seien. Die Mängel der Abrechnung seien so schwerwiegend, daß die berechtigten Ansprüche des Antragstellers auf Vollständigkeit und Klarheit nur mit einer Neuerstellung erfüllt werden könnten. Der Beschluß des Amtsgerichts wurde rechtskräftig.

Zur Eigentümerversammlung vom 28.11.1998 übersandte die Antragsgegnerin zu 1 den Wohnungseigentümern die unveränderte Gesamtabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1996 mit zwei Anlagen. Die als Ergänzung zur Abrechnung bezeichnete Anlage enthielt eine Einnahmen-/Ausgabenübersicht sowie die Kontenstände zu Beginn und zum Ende des Wirtschaftsjahrs. In der Anlage „Einnahmen/Ausgabenentwicklung 1996” ist unter Nr. 4 „Rechnungsabgrenzung” aufgeführt:

Hausmeister/Reinigung für 12/95 bezahlt im Jan. 1996

DM

-

4.969,72

Wasser/Kanalgebühren für 1996 bezahlt im Dez. 1995

DM

+

11.713,00

Rundungsdifferenzausgleich Gutschrift für 1996

DM

-

4,00

Gesamt

DM

+

6.739,28

In der Eigentümerversammlung vom 28.11.1998 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich:

Die Gemeinschaft erkennt die Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 1.1.1996 bis 31.12.1996 an und erteilt der Verwalterin Entlastung. Außerdem wird beschlossen, daß Abrechnungen in wichtigen Ausgabepositionen (z. B. Wasser/Kanal/Strom/Hausmeister/Heizung) unabhängig von der Rechnungstellung sachgerecht abgegrenzt und im Wirtschaftsjahr erbrachte Leistungen auch diesem soweit möglich zugeordnet werden, besonders um korrekte Mietabrechnungen zu ermöglichen. Im Falle eines Antrags auf Aufhebung dieses Beschlusses verzichtet die Gemeinschaft auf Zustellungen und die Verwaltung trägt evtl. Verfahrenskosten, so daß der Gemeinschaft keine Kosten entstehen.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Ferner hat er beantragt, die Antragsgegnerin zu 1 zu verpflichten, ihm Einsicht in sämtliche Unterlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft betreffend die Wirtschaftsjahre 1995, 1996, 1997 und 1998 zu gewähren und auf sein Verlangen gegen Kostenerstattung Kopien zu fertigen. In der mündlichen Verhandlung hat der Antragsteller diesen Antrag auf die Wirtschaftsjahre 1995 bis 1997 beschränkt. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 31.3...

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