Leitsatz (amtlich)

1. Ein Vorsorgebevollmächtigter hat kein eigenständiges Beschwerderecht gegen die Bestellung eines Betreuers für seinen Vollmachtgeber (Abweichung von OLG Zweibrücken FGPrax 2002, 260); er kann nur im Namen des Betroffenen Rechtsmittel gegen die Bestellung und Auswahl des Betreuers einlegen.

2. Trotz wirksamer Vorsorgevollmacht ist die Bestellung eines Betreuers dann erforderlich, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Vorsorgebevollmächtigte die Vorsorgevollmacht missbraucht.

 

Normenkette

BGB §§ 164, 1896 Abs. 2, § 1897 Abs. 4; FGG § 20 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 3706/02)

AG Laufen (Aktenzeichen XVII 79/02)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 6.11.2002 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Für die Betroffene ist seit 8.4.2002 eine Berufsbetreuerin bestellt mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge, Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung des Heim-, Pflegevertrages, Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post sowie Entscheidung über Fernmeldeverkehr.

Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte, eine ehemalige Mitarbeiterin der Betroffenen, am 12.4.2002 Beschwerde ein. Sie beruft sich auf eine ihr von der Betroffenen erteilte umfassende notarielle Vorsorgevollmacht vom 24.9.2001, nach welcher ihr Generalvollmacht von der Betroffenen erteilt worden ist, und sie für den Fall, dass eine Betreuung trotz der Vorsorgevollmacht erforderlich sein sollte, zur Betreuerin für die Betroffene bestellt werden soll. In einem Schreiben vom 6.5.2002 an das AG erklärte die Betreuerin den Widerruf der Vorsorgevollmacht vom 24.9.201. Das LG hat die Beschwerde am 6.11.2002 als unzulässig verworfen.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer weiteren Beschwerde, mit der sie erreichen will, dass kein Betreuer für die Betroffene, hilfsweise, dass sie selbst zur Betreuerin bestellt wird.

II. Die weitere Beschwerde ist unabhängig von der Frage, ob der Beteiligten überhaupt ein Beschwerderecht zusteht, wegen der sie belastenden Beschwerdeentscheidung des LG zulässig (vgl. BayObLG v. 7.11.1991 – BReg. 3 Z 118/91, FamRZ 1992, 341; v. 13.12.1995 – 3Z BR 249/95, FamRZ 1996, 968 [969]). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Der Beteiligten stehe kein Beschwerderecht aus § 69g Abs. 1 S. 1 FGG zu, da sie nicht zu dem dort aufgeführten Personenkreis naher Verwandter zähle. Ein Beschwerderecht ergebe sich auch nicht aus § 20 Abs. 1 FGG, weil die Beteiligte durch die Anordnung der Betreuung nicht in eigenen Rechten betroffen sei. Unter Rechten i.S.d. § 20 Abs. 1 FGG seien alle subjektiven Rechte zu verstehen. Die Erteilung einer Vollmacht durch eine andere Person begründe kein subjektives Recht auf Beibehaltung dieser Vollmacht, da die Vollmacht jederzeit widerrufen werden könne. Eine Rechtsverletzung könne auch nicht darin gesehen werden, dass die Bevollmächtigte nicht als Betreuerin ausgewählt werde, obwohl dies für den Fall einer Betreuerbestellung in der Vollmachtsurkunde vorgesehen war.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand, § 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO.

a) Ein Beschwerderecht der Beteiligten aus § 69g Abs. 1 FGG scheidet aus. Sie gehört nicht zu dem in dieser Vorschrift genannten Personenkreis. Der Vorsorgebevollmächtigte ist dort nicht aufgeführt.

b) Auch aus § 20 Abs. 1 FGG ergibt sich kein Beschwerderecht der Beteiligten.

aa) Recht im Sinn des § 20 Abs. 1 FGG ist jedes durch Gesetz verliehene oder durch die Rechtsordnung anerkannte, von der Staatsgewalt geschützte private oder öffentliche subjektive Recht, dagegen nicht schon ein rechtliches oder berechtigtes (wirtschaftliches, ideelles oder sonstiges) Interesse (vgl. BayObLG v. 7.11.1991 – BReg. 3 Z 118/91, FamRZ 1992, 341 [342]; v. 13.12.1995 – 3Z BR 249/95, FamRZ 1996, 968 [969]m.w.N.; Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 9. Aufl., § 20 FGG Rz. 5, 7; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 20 Rz. 7, 8; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 20 Rz. 4). Der Begriff der Beeinträchtigung verlangt, dass die angefochtene Entscheidung unmittelbar nachteilig in die Rechtsstellung des Beschwerdeführers eingreift, indem sie dessen Recht aufhebt, beschränkt oder mindert, die Ausübung des Rechts stört oder erschwert (vgl. BayObLG v. 13.12.1995 – 3Z BR 249/95, FamRZ 1996, 968 [969]; Bassenge, § 20 Rz. 8; Keidel/Kahl, § 20 Rz. 12; Jansen, § 20 Rz. 7).

bb) Ob dem Vorsorgebevollmächtigten nach diesen Grundsätzen ein eigenes Beschwerderecht gegen die Anordnung einer Betreuung zusteht, die auch den Bereich der ihm durch die Vollmacht eröffneten Geschäfte betrifft, ist umstritten. Der Bevollmächtigte leitet seine Rechtsstellung aus fremdem Recht her. Daher nimmt die h.M. an, dass die Vollmacht kein eigenes subjektives Recht des Bevollmächtigten begründet (vgl. BayObLG v. 15.9.2000 – 1Z BR 75/00, FamRZ 2001, 453 [454]m.w.N. zum Streitstand; Palandt...

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