Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

AG Kaufbeuren (Aktenzeichen UR II 59/92)

LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 687/93)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 25. Juni 1993 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus 60 Wohnungen bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Jede Wohnung hat einen offenen Balkon (Loggia).

Die im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums eingetragene Gemeinschaftsordnung (GO) enthält u.a. folgende Bestimmungen:

§ 3 Abs. 1:

… Zum Sondereigentum gehören … die zu den einzelnen Wohnungen gehörenden Balkone und die dazu gehörigen Keller.

Abs. 4:

Veränderungen an den Außenseiten der zum Sondereigentum gehörenden Bestandteile dürfen nur mit Mehrheitsbeschluß der Eigentümerversammlung vorgenommen werden, es sei denn, diese Veränderungen werden im Rahmen der erforderlichen Instandhaltung oder Instandsetzung vorgenommen.

§ 16 Abs. 1 Satz 7:

Die Wohnungseigentümerversammlung ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten ist.

Abs. 2 Satz 3:

Zu Beginn der Wohnungseigentümerversammlung ist vom Verwalter die ordnungsgemäße Einberufung und die Beschlußfähigkeit der Versammlung festzustellen.

Am 29.7.1982 beschlossen die auf der Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer (544,53/1000 Miteigentumsanteile) einstimmig, „daß künftige Wohnungseigentümer-Versammlungen unabhängig von der Höhe der vertretenen Miteigentumsanteile (abweichend von der in § 25 Abs. 3 WEG vorgesehenen Regelung) beschlußfähig sein sollen.” Der Beschluß wurde nicht angefochten.

Die Antragsteller versahen in der Folgezeit den Balkon ihrer Wohnung Nr. 17 mit einer dreiteiligen Verglasung, die innerhalb der Balkonbrüstung angebracht ist.

In der Eigentümerversammlung vom 28.7.1992 beschlossen die Wohnungseigentümer unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges”, daß die Balkonverglasung zu entfernen sei, falls nicht bis 31.12.1992 eine Baugenehmigung dafür nachgereicht werde.

Die Antragsteller beantragten beim Amtsgericht, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Als sich abzeichnete, daß das Amtsgericht schon wegen ungenügender Bezeichnung des Beschlußgegenstands in der Einladung diesem Antrag stattgeben werde, was mit Beschluß vom 2.11.1992 auch geschehen ist, berief die weitere Beteiligte für den 15.10.1992 eine außerordentliche Eigentümerversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Maßnahmen wegen der B'schen Balkonverglasung” ein. Es folgt in der Einladung eine kurze Darstellung des Eigentümerbeschlusses vom 28.7.1992 und des Anfechtungsverfahrens vor dem Amtsgericht.

In der Eigentümerversammlung am 15.10.1992 faßten die anwesenden Wohnungseigentümer mit großer Mehrheit folgenden Beschluß:

Den Eigentümern der Wohnung Nr. 17 wird auferlegt, dem Verwalter bis spätestens 31.12.92 die Genehmigung der zuständigen Baubehörde für die eigenmächtig angebrachte Balkonverglasung vorzulegen oder eine offizielle Bestätigung der Baubehörde, daß hierfür eine formelle Baugenehmigung nicht erforderlich ist. – Andernfalls ist die Balkonverglasung bis Jahresende 1992 wieder zu entfernen. Erfolgt das nicht, ist der Verwalter beauftragt, namens und in Vollmacht der Wohnungs-Eigentümergemeinschaft rechtliche Schritte einzuleiten und hierfür einen Anwalt zu bestellen.

Aufgrund der Eintragungen in der Anwesenheitsliste der Versammlung vom 15.10.1992 war die Verwalterin zunächst davon ausgegangen, daß 454,77/1000 Miteigentumsanteile vertreten waren, eine Nachprüfung soll ergeben haben, daß 567,78/1000 Miteigentumsanteile vertreten waren.

Am 13.11.1992 haben die Antragsteller beim Amtsgericht beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 15.10.1992 für ungültig zu erklären. Diesem Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 5.3.1993 entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluß vom 25.6.1993 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag der Antragsteller abgewiesen. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde erstreben die Antragsteller die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.

II.

Das Rechtsmittel der Antragsteller ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Entgegen der Auffassung der Antragsteller sei der Gegenstand der Beschlußfassung in der Einladung zum 15.10.1992 ausreichend bezeichnet worden. Es sei auch nicht zu beanstanden, daß die Verwalterin eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen habe. Eine besonders dringliche Angelegenheit, von der § 19 GO die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung abhängig mache, habe vorgelegen, da vor der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts über den Eigentümerbeschluß vom 28....

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