Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts für die Bestellung von Schiedsrichtern für ein Schiedsverfahren zwischen einer Privatperson und einer Anstalt öffentlichen Rechts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts für die Bestellung von Schiedsrichtern für ein Schiedsverfahren zwischen einer Privatperson und einer Anstalt öffentlichen Rechts wegen Streitigkeiten über Vergütungsansprüche aus einem zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien, dem Erblasser einerseits und einer öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft andererseits, geschlossenen Vertrag.

2. Im Verfahren der Schiedsrichterbestellung bedarf es keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die zugrunde liegende Schiedsvereinbarung gültig ist und sich auf den streitigen Anspruch erstreckt. Insofern genügt es vielmehr zu prüfen, ob die Schiedsvereinbarung offensichtlich unwirksam ist oder offensichtlich den inmitten stehenden Streit nicht betrifft.

 

Normenkette

BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, § 124; BayDelV § 3 Nr. 45; BayGZVJu § 7; HGB § 4; ZPO §§ 12, 17, 38, 40, 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1, § 1025 Abs. 3, § 1035 Abs. 4-5, § 1043 Abs. 1 S. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 5 S. 1

 

Tenor

I. Zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen strittiger Ansprüche der Antragstellerin auf Stromvergütung für den Zeitraum ab Januar 2017 aus dem Vertrag zwischen der Gemeinde W. und dem Sägewerksbesitzer G. St. vom 10. Oktober 1961 werden zu Schiedsrichtern bestellt:

VRiOLG a. D. K. P. P.

als Vorsitzender des Schiedsgerichts sowie

Dr. M. P.

als beisitzender Schiedsrichter.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Bestellungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Bestellungsverfahren wird auf 5.793,90 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die im Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart wohnhafte Antragstellerin beabsichtigt, gegen die Antragsgegnerin, eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bayern, wegen strittiger Ansprüche auf Stromvergütung Schiedsklage auf Rechnungslegung und Zahlung zu erheben. Sie stützt ihre Ansprüche auf einen zwischen ihrem Rechtsvorgänger und der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, einer in Bayern gelegenen Gebietskörperschaft, am 10. Oktober 1961 geschlossenen Vertrag. In dem Vertrag erklärte der Rechtsvorgänger der Antragstellerin sein Einverständnis damit, dass die Gemeinde alleinige Eigentümerin eines - noch zu errichtenden, vom Freistaat Bayern zu finanzierenden - Kraftwerks wird. Im Gegenzug verpflichtete sich die Gemeinde, dem Rechtsvorgänger der Antragstellerin den Bezug von 42% des vom Wasserkraftwerk erzeugten Stroms sicherzustellen. Diesen Anteil - gemindert um eine Höchstentnahmemenge - hatte der Rechtsvorgänger der Antragstellerin der Gemeinde gegen Vergütung gemäß dem im Vertrag dargelegten Berechnungsschema und den genannten Bezugswerten zur Verfügung zu stellen. Die Antragstellerin verlangt Abrechnung und Vergütung in Bezug auf den Zeitraum ab Januar 2017. Bestimmte bereits erteilte Abrechnungen entsprächen nicht den vertraglichen Vorgaben, geleistete Zahlungen seien ungenügend; das Unterbleiben von Abrechnungen seit Januar 2019 sei vertragswidrig, weil die von der Antragsgegnerin zum 31. Dezember 2018 ausgesprochene Kündigung keine Wirksamkeit entfalte.

Ziff. 9 des Vertrags enthält eine Schiedsklausel. Diese hat folgenden Wortlaut:

"Für sämtliche Streitigkeiten über die Gültigkeit dieses Vertrages, seine Auslegung, die Durchführung dieses Vertrages sowie bei Ersatz einer ungültigen Bestimmung wird ein Schiedsgericht nach ZPO vereinbart, dessen Obmann auf Antrag einer Partei der regierende Oberlandesgerichtspräsident in Nürnberg und im Falle seiner Verhinderung oder Ablehnung der regierende Oberlandesgerichtspräsident in Bamberg den Obmann bestimmt, welcher Richteramtsfähigkeit besitzen muß. Jede Partei hat einen unabhängigen Schiedsrichter zu bestimmen. Für erforderliche Amtshandlungen gemäß der Regelung der ZPO ist das Amtsgericht Waldmünchen zuständig. Der Schiedsvertrag wird zu getrennter Urkunde vereinbart."

In dem gesonderten "Schieds-Vertrag" zwischen denselben Parteien ist geregelt:

"1. Das über alle Streitigkeiten aus dem Vertrag vom 10.10.1961 unter Ausschluß des Rechtsweges entscheidende und nach der ZPO zusammengesetzte Schiedsgericht besteht aus einem Obmann und zwei Schiedsrichtern, die von den Parteien unabhängig sein müssen. Der Obmann muß Richteramtsfähigkeit haben. Er wird auf Antrag einer der Parteien von dem regierenden Oberlandesgerichtspräsident in Nürnberg und soweit dieser verhindert ist oder ablehnt durch den regierenden Oberlandesgerichtspräsident in Bamberg bestimmt. Jede Partei bestimmt ihren Schiedsrichter.

2. Die das Schiedsverfahren betreibende Partei benennt schriftlich der Gegenseite unter Darlegung ihrer Ansprüche ihren Schiedsrichter mit der Aufforderung, ihrerseits ebenfalls einen Schiedsrichter binnen 14 Tagen nach Aufforderung zu benennen und der betreibenden Partei mitzuteilen. Nach frucht...

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