Leitsatz (amtlich)

1. Ein Rechtsanwalt muss in seiner Kanzlei sicherstellen, dass seine Angestellten bei der Versendung von Schriftsätzen per Telefax die Empfänger-Nummer genau überprüfen und ihn bei fehlgeschlagenen Übermittlungsversuchen unverzüglich benachrichtigen.

2. Eine Wiedereinsetzung wegen Versäumnis der Frist zur Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen scheidet aus, wenn die Wiedereinsetzung später als ein Jahr nach Fristversäumnis beantragt wird.

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 04.03.2004; Aktenzeichen 7 T 45/04)

AG Cham (Aktenzeichen 8 UR II 6/02)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Regensburg v. 4.3.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 13.706 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Am 6.7.2002 fand eine Eigentümerversammlung statt, auf der zahlreiche Beschlüsse gefasst wurden. Mit Schriftsatz v. 5.8.2002, beim AG eingegangen am 7.8.2002, hat der Antragsteller beantragt, die meisten der am 6.7.2002 gefassten Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Auf dem Schriftsatz der Antragstellervertreter befinden sich Stempelaufdrucke "Telefax" und "Folgt per Normalpost". Ein Telefax ist beim AG nicht eingegangen, weil von einer Angestellten der Antragstellervertreter eine falsche Telefax-Nummer angewählt worden war.

Mit Verfügung v. 10.11.2003 hat das AG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse erst am 7.8.2002, also verspätet, bei Gericht eingegangen sei. Am 13.11.2003 hat der Antragsteller daraufhin beantragt, ihm Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Antragsfrist nach § 23 Abs. 4 WEG zu gewähren. Zur Begründung hat er vorgetragen, seine Verfahrensbevollmächtigte habe den Auftrag zur Fertigung der Antragsschrift am 5.8.2002 erhalten; sie habe noch am selben Tag den Schriftsatz schreiben lassen und unterzeichnet. Dann habe sie den Schriftsatz einer zuverlässigen Angestellten mit der Weisung übergeben, den Schriftsatz spätestens am 6.8.2002 per Telefax an das AG zu senden und zur Post zu geben. Der Schriftsatz sei von der Angestellten in den Speicher des Telefax-Geräts gegeben worden, aber von dort am 6.8.2002 nicht an das AG gesendet worden. Von einer Eintragung in den Fristenkalender sei wegen des nahen Fristablaufs abgesehen worden.

Das AG hat mit Beschluss v. 13.1.2004 den Antrag auf Wiedereinsetzung und die Anträge auf Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen abgewiesen. Das LG hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss v. 4.3.2004 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Zu Recht habe das AG angenommen, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand deshalb unbegründet sei, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Fristversäumnis auf einem Organisationsverschulden der Verfahrensbevollmächtigten beruhe, das dem Antragsteller zuzurechnen sei. Das Verschulden der Verfahrensbevollmächtigten sei vor allem darin zu sehen, dass eine Erledigungskontrolle nicht stattgefunden habe. Eine solche sei nicht entbehrlich gewesen. Wäre eine Erledigungskontrolle durchgeführt worden, hätte auffallen müssen, dass ein Übertragungsprotokoll für das Telefax nicht vorlag, so dass die Frist nicht als gewahrt und erledigt hätte behandelt werden dürfen. Zwar sei die Überwachung des mechanischen Sendevorgangs nicht Sache des Rechtsanwalts selbst; doch müsse dieser durch entsprechende organisatorische Maßnahmen Vorsorge dafür treffen, dass bei technischen Übermittlungsfehlern der Fehler noch rechtzeitig bemerkt werde.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG ist nach allgemeiner Meinung eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren Versäumnis einen Antrag auf Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen unbegründet macht, also zur Bestandskraft der Eigentümerbeschlüsse führt (Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 23 Rz. 20, § 43 Rz. 74; Engelhardt in MünchKomm/ BGB, 4. Aufl., § 23 WEG Rz. 20; Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., § 23 Rz. 28, jeweils m.w.N.). Allerdings wird allgemein eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in entsprechender Anwendung von § 22 Abs. 2 FGG für zulässig gehalten (Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 23 Rz. 21; Engelhardt in MünchKomm/ BGB, 4. Aufl., § 23 WEG Rz. 21; Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., § 23 Rz. 29). Nach dieser Vorschrift setzt eine Wiedereinsetzung voraus, dass die Frist ohne Verschulden des Antragstellers versäumt wurde, wobei freilich dem Antragsteller nach § 22 Abs. 2 S. 2 FGG das Verschulden seines Vertreters, also auch seines Verfahrensbevollmächtigten, zugerechnet wird.

b) Wie di...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge